ApothekenRechtTag online

Outsourcing: Was darf die Apotheke?

Möglichkeiten und Grenzen der Auslagerung von Tätigkeiten aus der Apotheke

ks | Ob Marketing, Abrechnung, EDV oder Herstellung – Outsourcing ist für Apotheken ein wichtiges Thema. Für manche Tätigkeiten gibt es gesetzliche Regelungen, für andere sind allgemeine rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten – denn nicht alles, was eine Apotheke gerne auslagern würde, darf von einem Vertragspartner übernommen werden. Was möglich ist und was nicht, zeigte Rechtsanwalt Dr. Timo Kieser auf.

Es gibt viele Gründe, warum eine Apotheke Tätigkeiten auslagern möchte: Wer sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren möchte, will sich beispielsweise nicht mit Marketingfragen auseinandersetzen müssen. Vielleicht will man auch sein Angebot erweitern – etwa Heimen verblisterte Arzneimittel anbieten oder Spezialleistungen jemandem übertragen, der sie besser kann. Auch dem Gesetz- und Verordnungsgeber ist das Outsourcing nicht fremd. Es gibt sogar eine Reihe ausdrücklich geregelter Fallgestaltungen. So etwa die Prüfung von Ausgangsstoffen nach § 11 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). In der Regel erledigen diese die Apotheken zwar selbst – aber sie kann unter der Verantwortung des Apothekenleiters auch an einen Herstellungsbetrieb oder eine andere Apotheke ausgelagert werden. Die praktische Relevanz dieser Option ist allerdings begrenzt. Etwas größer ist sie für die ebenfalls in der Apothekenbetriebsordnung vorgesehene Möglichkeit, die Prüfung von Defek­turen an Dritte auszulagern.

Foto: DAZ/Moritz Hahn

Dr. Timo Kieser Es gibt manchen Graubereich beim Outsourcing in der Apotheke.

Ausgelagerte Herstellung

Auch die Herstellung bestimmter Arzneimittel kann outgesourct werden („ausgelagerte verlängerte Werkbank“). Dies sieht zum einen § 11a ApBetrO in Verbindung mit § 21 Arzneimittelgesetz (AMG), der eigentlich die Zulassung regelt, vor. Das Besondere ist hier: Normalerweise ist ein Arzneimittel, das in einem Herstellbetrieb hergestellt wird, automatisch ein Fertigarzneimittel, das der Zulassung bedarf. Doch bestimmte Arten der Herstellung können ausgelagert werden, ohne dass das Apothekenprivileg entfällt. Eine Voraussetzung ist, dass eine Verschreibung für einen Patienten vorliegt – Defekturen sind also außen vor. Zudem muss die Herstellung aus in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln erfolgen. Konkret ist dies möglich für Zytostatikazubereitungen, die parenterale Ernährung sowie in medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern dies erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht. Zudem können Blister aus unveränderten Arzneimitteln ausgelagert hergestellt werden – ein Fall, der vor allem in der Heimversorgung bedeutsam ist. Ebenso Arzneimittel, die in unveränderter Form abgefüllt werden, z. B. Ophthalmologika. Auch hier ist wieder ein schrift­licher Vertrag nötig – darin müssen auch die Verantwortlichkeiten eindeutig geregelt werden. Wichtig ist zudem: Die Verantwortung für die Qualität, Information und Beratung zu diesen Arzneimitteln verbleibt bei der auftraggebenden Apotheke. Wenn etwas schief gehen sollte, ist sie es, die in Anspruch genommen wird.

Besondere Regeln für die Zyto-Herstellung

Schon länger im Gesetz vorgesehen ist, dass öffentliche Apotheken Krankenhausapotheken mit der Herstellung von anwendungsfertigen Zytostatikazubereitungen vertraglich beauftragen dürfen – eine solche Zusammenarbeit ist auch zwischen Krankenhausapotheken möglich, ebenso zwischen Zytostatika-herstellenden öffentlichen Apotheken und Krankenhausapotheken untereinander. Ein Krankenhausversorgungsvertrag ist dazu nicht notwendig; ebenso wenig bedarf es einer Herstellungserlaubnis. Hier handelt es sich um eine Durchbrechung des Verbots, dass Arzneimittel grundsätzlich nicht von anderen Apotheken bezogen werden dürfen. Eine Frage ist, ob die genannten Regelungen auch auf sonstige parenterale Anwendungen anzuwenden sind – immerhin sieht die Apothekenbetriebsordnung seit 2012 besondere Vorgaben für diese Arzneimittel vor (§ 35). Aus Kiesers Sicht sprechen gute Argumente dafür. Denn Grund für die erlaubte Zusammen­arbeit von Apotheken bei Zytostatikazubereitungen war, dass es sich hier um Spezialrezepturen handelt, die eine besondere und kostenintensive Ausstattung erfordern, die nicht alle Apotheken bereitstellen können. Dennoch musste ein Weg gefunden werden, die Versorgung sicherzustellen. Entsprechendes gelte auch für andere parenterale Anwendungen, zumal die Vorgaben durch § 35 ApBetrO noch einmal verschärft wurden. Allerdings nahm der Gesetzgeber diese weitergehende Anregung seinerzeit nicht auf. Daher rät Kieser zur Rücksprache mit der Aufsichtsbehörde, wenn eine Apotheke derartige Auslagerungspläne hat.

Aber auch abseits des Apothekenrechts gibt es gesetzlich geregeltes Outsourcing – etwa im Sozialgesetzbuch V bei der Abrechnung. Allerdings sind die Regelungen angesichts der hohen Geldbeträge, um die es hier geht, und gerade auch nach den Erfahrungen mit der AvP-Pleite, erstaunlich überschaubar. Es gibt keine Vorgaben für die konkrete Ausgestaltung. Ein schriftlicher Vertrag, auch wenn er nicht vorgeschrieben ist, ist aber auch hier stets sinnvoll. Einige Vorgaben lassen sich immerhin aus dem Datenschutzrecht ableiten – demnach ist jedenfalls für die Auftragsdatenverwaltung ein schriftlicher Vertrag nötig.

Und wenn es keine gesetzliche Regelung gibt?

Wenn es keine konkreten gesetzlichen Vorgaben gibt, sind dennoch grundsätzliche Normen zu beachten. Etwa die strafrechtlichen Verschwiegenheitspflichten. Ein Apotheker, dem ein fremdes Geheimnis anvertraut wurde, darf dieses nämlich nicht unbefugt weitergeben – das gilt auch für „mitwirkende Personen“ bei Apothekentätigkeiten oder für Datenschutzbeauftragte. Und es kann durchaus vorkommen, dass ein solches Geheimnis weitergegeben wird, wenn Tätigkeiten ausgelagert werden. Der Gesetzgeber habe jedoch erkannt, dass dies „im nicht hart pharmazeutischen Bereich“ zu Schwierigkeiten führen und ein effizientes Arbeiten behindern könne, so Kieser. Beispielsweise, wenn es um die Software geht. Ist hier ein Drittunternehmen für die Apotheke tätig, so muss eine schriftliche Verpflichtungserklärung abgegeben werden – der Dritte muss aufgeklärt sein, dass er Geheimnisträger ist und dass es strafrechtliche Konsequenzen hat, wenn er Geheimnisse weitergibt.

Eine weitere wichtige Norm ist § 7 ApoG, die den Apothekenleiter zur persönlichen Leitung der Apotheke verpflichtet. Sie enthält keine ausdrückliche Einschränkung für eine Zusammenarbeit mit Dritten. Doch aus ihm lässt sich ableiten, dass der Erlaubnis­inhaber alle wesentlichen Betriebsvorgänge selbst bestimmen, steuern und überwachen muss. Pharmazeutische Tätigkeiten dürfen grundsätzlich nicht aus der Hand gegeben werden. Weiterhin dürfen nach § 8 ApoG keine Vereinbarungen mit Partnern getroffen werden, bei denen eine Vergütung vorge­sehen ist, die sich am Gewinn oder Umsatz der Apotheke orientiert. Ob es möglicherweise zulässig ist, wenn die Vergütung nur an den Umsatz eines Einzelgeschäft gekoppelt ist, ist umstritten, ist aber im Bereich des Outsourcing weniger bedeutsam als bei der rechtlichen Bewertung von Plattformen (s. „Apothekenplattformen: Rechtlicher Ritt auf der Rasierklinge“).

Umfangreiche Rechtsprechung

Die Gerichte haben sich bereits mit zahlreichen Varianten des Outsourcings beschäftigt. So entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg 2018 (Az. 13 LA 247/17), dass Rezepturen schwerpunktmäßig in einer Filialapotheke hergestellt werden können. Allerdings bedeutet dies nicht, dass andere Apotheken im Filialverbund auf ihr Labor verzichten dürfen. Zudem darf die Auslagerung nicht dazu führen, dass Patienten nicht mehr in angemessener Zeit versorgt werden können. Überdies sind Besonderheiten bei der Kennzeichnung zu beachten: Sowohl die herstellende als auch die abgebende Apotheke müssen angegeben sein. Was allerdings nicht einfach auf eine Filiale übertragen werde darf, ist der Notdienst – so praktisch dies auch manchem erscheinen mag. Das hat das Bundesverwaltungsgericht bereits 2011 klargestellt (Az. 3 C 21/10).

Beratung aus dem Homeoffice?

Der Bundesgerichtshof entschied 2012 (Az. I ZR 40/11), dass zwar eine Reihe von Dienstleistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arzneimittelabgabe stehen, von Apotheken ausgelagert werden dürfen, etwa Marketingtätigkeiten, das Einsammeln von Rezepten oder Vertragsverhandlungen mit Lieferanten, Krankenkassen etc. Ein Stoppschild erhob er aber bei der pharmazeutischen Beratung. Diese könne nicht über ein Callcenter laufen sondern müsse in Räumen erfolgen, die von der Betriebserlaubnis erfasst sind. Für Kieser stellt sich nach drei Jahren Pandemie allerdings die Frage, ob diese Entscheidung noch aktuell ist. Wäre eine Beratung aus dem Homeoffice nicht doch sinnvoll? Auch im Botendienst könne mittlerweile bei der Auslieferung eines Arzneimittels die Beratung durch pharmazeutisches Personal außerhalb der Apothekenbetriebsräume erfolgen. Dagegen lässt sich aber einwenden, dass man schon aus berufspolitischen Gründen grundsätzlich dabei bleiben sollte, Beratung und Arzneimittel­abgabe unmittelbar miteinander zu verknüpfen – und zwar in den Apo­thekenbetriebsräumen. Und was den Botendienst betrifft: Ob dieser out­gesourct werden kann, ist noch nicht gerichtlich geklärt. Kieser hält dies für möglich, wenn sichergestellt ist, dass der Apotheker seine Weisungs­hoheit behält.

Fazit: Vieles im Bereich des Outsourcings ist klar erlaubt, anderes klar verboten – vor allem aber gibt es einen nicht zu knappen Graubereich. |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.