ApothekenRechtTag online

Enttäuschte Erwartungen

Reform bringt neue Hürden für den PTA-Alltag

tmb | Die Reform des PTA-Berufs hat große Erwartungen geweckt. PTA haben auf mehr Kompetenzen und Apotheker auf gut motivierte neue Mitglieder für die Apothekenteams gehofft. Doch Dr. Andreas Ziegler, Stuttgart, machte beim ApothekenRechtTag deutlich, dass in den Änderungen viel neue Bürokratie und viele Unsicherheiten stecken, aber nicht die erwartete Aufwertung der PTA. Die Enttäuschung darüber erscheint angesichts der Personalknappheit umso größer.

Ziegler erwartet weitreichende Auswirkungen der Reform des PTA-Gesetzes für die Apothekenpraxis. Diese seien aber bisher im Bewusstsein der Betroffenen noch nicht angekommen. Die Reform wurde 2020 beschlossen und trat Anfang 2023 in Kraft. In der Zwischenzeit wurden Curricula für die künftige Ausbildung erarbeitet. Außerdem hat die Bundesapothekerkammer eine neue Richtlinie dazu erstellt. Die neuen Lehrpläne betreffen erstmals die PTA-Schülerinnen und -Schüler, die in diesem Jahr ihre Ausbildung beginnen. Als PTA-Praktikantinnen bzw. -Praktikanten kommen sie ab 2025 in die Apotheken.

Foto: DAZ/Moritz Hahn

Dr. Andreas Ziegler Eher alter Wein in neuen Schläuchen als Aufbruch zu neuen Ufern.

Neue Ausbildungsschwerpunkte

Die Struktur der Ausbildung wurde nicht verändert, aber sie kann nun auch in Teilzeit absolviert werden. Beispielsweise bietet die PTA-Schule in Osnabrück eine schulische Aus­bildung über drei statt zwei Jahre an. Die Stundentafel hat mit 2600 Stunden denselben Umfang wie bisher, aber es gibt erhebliche inhaltliche Verschiebungen. Der Umfang der Chemie sinkt um 35 Prozent, wobei zudem die Gerätekunde in die Chemie integriert wird. Im Gegenzug kommen viele Aspekte zur Digitalisierung und ein neues Fach mit Übungen zur Abgabe, zur Beratung und zu digitalen Technologien hinzu. Stellen und Verblistern sind neue Themen, aber die Galenik wird auf die verpflichtenden Darreichungsformen gemäß Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) begrenzt. In der Biologie gibt es mehr zur Beratung und weniger zur Prüfung von Arzneidrogen. Weitere neue Themen sind die IT, das QMS, Leitlinien und die Kommunikation. Als Konsequenz würden die Lehrkräfte nun befürchten, dass die Kenntnisse in Chemie und Biologie nicht mehr ausreichen, um Inkompatibilitäten in der Galenik zu verstehen und Drogen zu mikroskopieren, erklärte Ziegler. Möglicherweise würden flexibel einsetzbare Verfügungsstunden genutzt, um diese Defizite auszugleichen. Doch dies könne an den Vorgaben der Bundesländer zum Umfang allgemeinbildender Fächer scheitern.

Mit viel Bürokratie ohne Aufsicht

Die am meisten diskutierte Neuerung sieht Ziegler in der neuen Unterscheidung zwischen PTA, die unter Aufsicht oder unter Verantwortung eines Apothekers arbeiten. Die Arbeit ohne Aufsicht ist nach § 3 Abs. 5b und 5c ApBetrO an komplexe Voraussetzungen geknüpft. Die Bedingungen beziehen sich auf die Berufserfahrung der PTA in Verbindung mit der Abschlussnote, ein gültiges Fortbildungszertifikat und eine einjährige Tätigkeit im Verantwortungsbereich des jeweiligen Apothekenleiters. Dieser muss sich vergewissern, dass die PTA die betreffenden Arbeiten zuverlässig ausführen kann. Außerdem gehören dazu eine schriftliche Anhörung der PTA und die schriftliche oder elektronische Festlegung des Apothekenleiters über den Umfang der Aufsichtspflicht. Wegen der verschiedenen Regeln der Kammern für Fortbildungszertifikate können sich die Detailanforderungen regional unterscheiden. Da sich noch nicht alle Apothekerkammern als zuständig für die PTA-Fortbildung ansehen, müsse auch für genügend Fortbildungsangebote gesorgt werden. Für die Praxis riet Ziegler dringend, den Ablauf der Zertifikate im Blick zu behalten, weil die Qualifikation von einem Tag auf den anderen wegfalle. Die größeren Probleme für die Praxis seien bei den Bedingungen für die Apothekenleiter zu erwarten. Denn bei einer neuen Leitung, z. B. nach einem Apothekenverkauf, müssten die PTA erst wieder ein Jahr unter der neuen Leitung arbeiten, um den Status einer PTA ohne Aufsicht zu erlangen. Auch die Folgen für Filialverbünde sollten genau bedacht werden. Immerhin gebe es keine Regel, wie viele Stunden die PTA innerhalb eines Jahres unter einer bestimmten Leitung arbeiten muss. Daraufhin könne wohl innerhalb eines Jahres die Qualifikation bei mehreren Filialleitern und damit für mehrere Filialen eines Verbundes erworben werden.

Trotz der eng gefassten Vorgaben würden die daraufhin gewährten Freiheiten für PTA vielfach als enttäuschend eingestuft. Die PTA ohne Aufsicht dürfen Rezepte – außer BtM- und T-Rezepte und Einzelimporte – beliefern, ohne diese unverzüglich nach der Abgabe vorzulegen. Außerdem dürfen sie Prüfungen von Fertigarzneimitteln abzeichnen. Wichtig: Bei Prüf- und Herstellungsprotokollen ist weiterhin die Freigabe durch einen Apotheker nötig. Bei PTA unter Aufsicht kommt zu deren Namenszeichen nun noch das Namenszeichen des beaufsichtigenden Apothekers hinzu.

Foto: DAZ/Moritz Hahn

Ausbildungsplan und Praxisanleitungen

Auch bei der Ausbildung gelten neue Anforderungen. Nun muss in Absprache mit der PTA-Schule ein Ausbildungsplan erstellt werden, der sich vorzugsweise am Musterausbildungsplan der Bundesapothekerkammer orientiert. Die Ausbildung kann auf zwei Ausbildungsstätten verteilt werden, die sich dann abstimmen müssen. Außerdem sollen etwa zehn Prozent der Ausbildungszeit auf Praxisanleitungen gemäß § 17 Abs. 3 PTA-Gesetz entfallen. Dies ist die individuelle Wissensvermittlung mit den Elementen Erklären, Vormachen, Nachmachen und Üben. Die Praxisanleitungen müssen von Apothekern oder von solchen Angehörigen des pharmazeutischen Personals durchgeführt werden, die über eine pädagogische Zusatzqualifikation ver­fügen, deren Gestaltung allerdings bisher unklar ist.

Bundesrat: „Ziel verfehlt“

Insgesamt machte Ziegler deutlich, dass die künftige Arbeit der PTA und besonders die Ausbildung mit neuen bürokratischen Anforderungen belastet wird. Zudem ist keine Abhilfe in Sicht. Denn die Neuregelungen sollen frühestens nach acht Jahren evaluiert werden, und selbst dann müsste jemand die Initiative für Änderungen ergreifen. Zur Bewertung verwies Ziegler auf das Fazit, das der Bundesrat schon 2019 gezogen hatte (siehe Drucksache 630/19). Demnach sei es nicht gelungen, einen Ausbildungs­beruf zu schaffen, „der zukunftsorientiert als tatsächliche Assistenz“ ausgestaltet ist. Die Ausbildungsbedingungen seien nicht geeignet die erforder­lichen Fähigkeiten, „insbesondere für die Arzneimittelabgabe“ zu vermitteln. „Insofern verfehlt das Gesetz das angestrebte Ziel“, hatte der Bundesrat erklärt. Ziegler verwies zudem auf die enttäuschten Erwartungen der Betroffenen. Die Kritik lasse sich – etwas verkürzend – auf die Formel bringen: PTA unter Aufsicht dürfen nun weniger als vorher und mit der zusätzlichen Qualifikation nur etwa so viel wie vorher. Die angekündigte Aufwertung des PTA-Berufs sei daher ausgeblieben. |

 

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