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Was ist erlaubt, wo sind rechtliche Grenzen?

Gestaltungsmöglichkeiten bei pharmazeutischen Dienstleistungen

gbg | Der Start war holprig, nun sind sie da: die neuen pharmazeu­tischen Dienstleistungen. In immer mehr Apotheken werden sie angeboten – und bei der Umsetzung stößt man oft auf rechtliche Unsicherheiten. Antworten auf einige besonders häufig gestellte Fragen lieferte die Justiziarin und Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein, Dr. Bettina Mecking.

Von praktischer Relevanz dürften für die Apotheken derzeit die juristischen Fallstricke bei der Umsetzung der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) sein. Denn um die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen zum Fliegen zu bringen, müssen sich die Apotheken etwas einfallen lassen – noch sind sie wohl den wenigsten Patientinnen und Patienten geläufig. Es gilt also, die Versicherten auf das neue Angebot aufmerksam zu machen und den Zugang möglichst niedrigschwellig zu gestalten. Doch dabei müssen Apotheken einiges beachten, wie Mecking deutlich machte.

Foto: DAZ/Moritz Hahn

Dr. Bettina Mecking Pharmazeutische Dienstleistungen als Chance für Apotheken – aber auch noch Luft nach oben.

Werben ja, aber die engen Grenzen beachten

Möchten Apotheken die pharmazeu­tischen Dienstleistungen bewerben, sollten sie dabei stets die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes im Hinterkopf haben, das der Werbung im medizinischen Bereich enge Grenzen setzt. „Die Werbung darf nicht irreführend sein“, betonte Mecking. Davon abzugrenzen sei das Hervorheben positiver Aspekte, welches durchaus legitim sei. Entscheidendes Kriterium: Die Reklame sollte stets darauf geprüft werden, ob sie einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher falsche Vorstellungen vermitteln könnte. Daher, so Mecking, kann eine Werbung auch irreführend sein, wenn sie zwar der Wahrheit entspricht, aber vom Verbraucher falsch verstanden wird. Bewirbt die Apotheke die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen, muss sie dabei der besonderen Stellung der Apothekerin und des Apothekers als Heilberufler gerecht werden und die Information wahr und sachlich transportieren. Es dürfe also keine besondere Stellung der eigenen Apotheke vorgetäuscht werden.

Um die pharmazeutischen Dienstleistungen den Patientinnen und Patienten schmackhaft zu machen, könnte man auf die Idee kommen, die Attraktivität der Inanspruchnahme mit kleinen Geschenken zu steigern. Auch bei diesem Vorhaben lohnt sich der Blick ins Heilmittelwerbegesetz (HWG). Dort heißt es in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a: „Dieses Gesetz findet Anwendung auf die Werbung für (…) 2. andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage bezieht a) auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden beim Menschen (…).“

Nach Meckings Einschätzung spricht einiges dafür, dass diese Norm auf die pharmazeutischen Dienstleistungen anzuwenden ist – auch wenn durch diese die Therapie lediglich unterstützt wird. In § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG beschränkt der Gesetzgeber Zuwendungen und Werbegaben in ihrem Wert, konkret auf geringwer­tige Kleinigkeiten oder Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produkts oder beiden gekennzeichnet sind. Diese Vorgaben gelte es zu beachten – sicherheits­halber sei die Abstimmung mit der Kammer zu empfehlen.

Sind Gewinnspiele als Werbung erlaubt?

Lockt die Apotheke zum Beispiel mit einem Gewinnspiel, um Aufmerksamkeit für die neuen Leistungen zu erzeugen – denkbar wäre ein nicht übertriebenes Quiz, bei dem das korrekte Beantworten der Fragen ein sorgfältiges Lesen der Informationen zu den pharmazeutischen Dienstleistungen erfordert –, gilt die Aufmerksamkeit § 11 Abs. 1 Nr. 13 HWG. Dieser Passus verbietet es, außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen oder Gegenstände mittels Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren, deren Ergebnis vom Zufall abhängig ist, zu werben, die einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arznei­mitteln Vorschub leisten. Auch wenn Mecking selbst diese Kriterien in der gegebenen Konstellation nicht erfüllt sieht, rät sie dazu, solche Werbeideen ebenfalls mit der Kammer abzustimmen und/oder anwaltlichen Rat zu suchen, um sich abzusichern.

Hat sich eine Patientin oder ein Patient dazu entschieden, eine pharmazeu­tische Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, stellt sich die Frage nach dem Setting, sofern das Angebot nicht oder nur teilweise auf die Betriebs­räume der Apotheke beschränkt sein soll. Ist zum Beispiel das Erbringen einer solchen Leistung bei einem Hausbesuch erlaubt? Die pharmazeu­tischen Dienstleistungen generell von den Apothekenbetriebsräumen zu entkoppeln, dürfte Mecking zufolge den apothekenrechtlichen Rahmen überschreiten. Auch das Nutzen ungenehmigter Räume sowie von Räumen anderer Apotheken oder etwa einer Physiotherapie- oder Arztpraxis hält sie für nicht zulässig. Allerdings sei es mit dem Apothekenrecht vereinbar, die Leistungen außerhalb der eigenen Betriebsräume zu erbringen, sofern sich dies aus der Natur der Sache ergibt. Bettlägerige Patientinnen und Patienten zu Hause aufzusuchen und dort die pDL anzubieten, sei also durchaus möglich.

Foto: DAZ/Moritz Hahn

Viel los im Chat Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beteiligten sich bei allen Vorträgen sehr rege im Chat.

Eine vergleichsweise neue Spielwiese für die Apotheken ist die Telepharmazie. Dürfen sie die digitalen Möglichkeiten nutzen, um Patientinnen und Patienten die neuen Services anzubieten? Dazu betrachtete Mecking die Dienstleistungen im Einzelnen. Den Versicherten über die Distanz hinweg in der Handhabung eines Blutdruckmessgeräts zu unterweisen und das als standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck abzurechnen, geht ihrer Ansicht nach nicht. In diesem Fall sei der persönliche Kontakt Voraussetzung. Auch bei der Inhalatorschulung sieht Mecking Schwierig­keiten, ein telepharmazeutisches Angebot zu etablieren. Denn notwendig sei die dreidimensionale Ansicht der Geräte bei der Demonstration – diese per Videoschalte zu realisieren, dürfte nur schwer machbar sein.

Anders verhält es sich bei den komplexen Dienstleistungen wie der Medikationsanalyse. Bei diesen Angeboten können nach Meckings Auffassung zumindest Teile per Video oder Telefon erfolgen, insbesondere das Abschlussgespräch. Die Apotheke müsse dabei allerdings sicherstellen, dass die beratene Person ihren aktuellen Medikationsplan erhält. Die Brown-Bag-Analyse hingegen erfordere den persönlichen Kontakt, auch um die Arzneimittelpackungen physisch zu kontrollieren.

Geht „freiberufliche Medikationsanalyse“?

Und wie verhält es sich mit Apothekerinnen und Apothekern, die pharmazeutische Dienstleistungen freiberuflich erbringen wollen? Dürfen sie die Leistungen abrechnen, auch wenn sie nicht in einer Apotheke angestellt sind? Das geht nicht, ist sich Mecking sicher – denn im Sinne des SGB V sei die Apotheke als Institution der Leistungserbringer. Überdies sei die Zugehörigkeit zum Rahmenvertrag Voraussetzung. Freiberufler seien dabei außen vor.

Durchaus gestattet ist es laut Mecking jedoch, dass sich Apotheken Expertise einkaufen. Wem also zum Beispiel das Personal fehlt, um die pharmazeutischen Dienstleistungen aus eigener Kraft anzubieten, der könne sich durchaus besonders qualifizierte Apothekerinnen und Apotheker mit ins Boot holen, sie tage- oder stunden­weise anstellen und so an dem neuen Angebot partizipieren. Das, betonte Mecking, sei nämlich gerade kein Outsourcing, sondern das Gegenteil: Die Apotheke kaufe sich etwas Fehlendes ein. |

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