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Neue Fälschungen, neue Rabattverträge, neue Festbeträge

04.07.2015, 07:25 Uhr

(Fotos: scottchan, gena96 - Fotolia.com; Montage: DAZ/ekr)

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Erhöhte Aufmerksamkeit ist gefordert: Die italienischen Behörden berichten von gefälschtem Viagra, das sogar in die legale Vertriebskette gelangt sein könnte. Und das BfArM warnt davor, dass illegale Versandapotheken das BfArM-Logo nutzen. Erhöhte Geduld ist gefordert: Neue Rabattverträge und neue Festbeträge werden bei vielen gesetzlich Versicherten viele Fragen aufwerfen. Und neues Denken ist gefordert: Apotheker sollten auf Daten der Patienten zugreifen können, um diese zum Medikationsmanagement zu nutzen. Dass das erfolgreich sein kann, zeigen die Ergebnisse der WetGem-Studie. Und die Engländer: Sie haben das Potenzial erkannt und werden allen Offizinapotheken den Zugang zu den Gesundheitsakten der Patienten ermöglichen. Das alles und noch viel mehr können Sie in unserer Wochenschau lesen.

Gefälschtes Viagra im Umlauf

 achdem der italienische Zoll eine illegale Charge von Sildenafil-Filmtabletten der Firma Pfizer beschlagnahmt hat, warnt das BfArM davor, dass „die gefälschte Charge in die legale Vertriebskette gelangt sein könnte“. Betroffen sei die Charge B714830238 mit dem Haltbarkeitsdatum 04/2017 in englischer Aufmachung. Diese Chargenbezeichnung existiere jedoch gar nicht als legale Charge der Firma Pfizer. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die gefälschte Charge in die legale Vertriebskette gelangt sein könnte bzw. über das Internet angeboten werde, warnt das BfArM.

Neue Rabattverträge, neue Festbeträge

Während Apotheken Lagerwertverluste drohen, müssen einige gesetzlich versicherte Patienten seit 1. Juli damit rechnen, in der Apotheke mehr als bisher für ihr Arzneimittel bezahlen. Grund sind die neuen, erstmals festgelegten Festbeträge für vier Wirkstoffe: Memantin, Quetiapin und Riluzol sowie Kombinationen von Levothyroxin mit Jodid. Nicht alle betroffenen Hersteller passen ihren Preis dem neuen Erstattungshöchstbetrag an. Überdies werden viele gesetzlich Versicherte neuen Rabattverträgen und damit einem Präparatewechsel gegenüberstehen – und damit ist auch der Erklärungsbedarf wieder groß.

Schindluder mit BfArM-Logo

Beim Arzneikauf im Internet sollte man sich auf die Aussagen des Anbieters verlassen, sondern die Legalität der  Internetseite überprüfen. Darauf weist das BfArM hin: Mit seinem Logo versuchen illegale Versandapotheken, Verbraucher in die Irre zu führen. „Aus gegebenem Anlass“ betont die Behörde, dass illegale Versandapotheken das BfArM-Logo – den Äskulapstab mit Schlange und das Layout des Schriftzuges „BfArM“ – zu irreführenden Werbezwecken auf ihren Internetseiten verwenden. Behördlich zugelassene Händler und Apotheken sind im Versandapothekenregister des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) zu finden. Wer dort erfasst ist, darf auf seiner Internetseite ein Sicherheitslogo führen, das zum 26. Juni europaweit vereinheitlicht wurde.

Erhöhte Mortalität unter Saxagliptin?

Möglicherweise besteht unter dem DPP-4-Inhibitor Saxagliptin (Onglyza®) ein erhöhtes Risiko, an einer Infektion zu sterben. Das berichtet die französische Überwachungsbehörde. In einer Studie mit über 16.000 Patienten, die die kardiovaskuläre Sicherheit der Substanz zeigen sollte, hatte es Auffälligkeiten gegeben. Die Daten werden nun auf europäischer Ebene dahingehend geprüft, ob es sich um einen Zufallsbefund handelt, das Ganze auswertungsbedingt ist oder ob ein Kausalzusammenhang besteht. 

Kein Insulin degludec mehr in Deutschland

Der Vertrieb des Basalinsulins Insulin degludec (Tresiba®) soll in Deutschland Ende September 2015 eingestellt werden, wie Novo Nordisk mitteilte. Es sei wirtschaftlich nicht tragbar, das Produkt weiter zur Verfügung zu stellen. Nachdem dem Präparat kein Zusatznutzen bescheinigt wurde und der Hersteller sich nicht mit dem GKV-Spitzenverband auf einen Erstattungsbetrag einigen konnte, liegt nun der Spruch der Schiedsstelle vor, der den künftigen Listenpreis auf die Höhe der Kosten einer Therapie mit Humaninsulin festsetzt. Daher sei man zu diesem Schritt gezwungen, so die Firma. Etwa 40.000 Patienten müssen laut Deutscher Diabetes Gesellschaft ihre Therapie umstellen. Um Blutzuckerschwankungen zu vermeiden, sollen Patienten während der Umstellungsphase ihren Blutzucker engmaschiger als sonst kontrollieren.

Positive Ergebnisse der WestGem-Studie

Schon die erste Medikationsanalyse und die Umsetzung der Empfehlungen im interprofessionellen Team nutzen dem Patienten. Und der Nutzen lässt sich durch wiederholte Analysen und ein Medikationsmanagement steigern. Das sind die ersten Ergebnisse der interprofessionellen WestGem-Studie. Die „Westphalian study on a medication therapy management and home care based intervention under gender specific aspects in elderly multimorbid patients” ist im Oktober 2012 gestartet und zeigt, dass eine erweiterte Medikationsanalyse und ein Medikationsmanagement im Rahmen einer interprofessionellen Zusammenarbeit von Ärzten, Apothekern sowie Pflege- und Wohnberatern die medizinische Versorgung älterer Menschen verbessern kann. 

Apotheker erhalten Zugang zu Patientenakten

Alle Apotheken in England sollen auf die Gesundheitsakten von Patienten zugreifen können. Die Akte enthält einen zentral geführten elektronischen Datensatz mit klinischen Informationen, einschließlich der Medikation, etwaigen Allergien und bekannten Nebenwirkungen. Nach einem erfolgreichen Pilotprojekt mit über 140 Apotheken hat der National Health Service England das Health and Social Care Information Centre damit beauftragt, die Offizinapotheken in England zu unterstützen und den Zugang zu den Gesundheitsakten zu implementieren. Die Umsetzung wird voraussichtlich im Herbst 2015 beginnen. Es sollen nun bis zu 7,5 Millionen Pfund investiert werden, um die Apotheker für die Aufgabe entsprechend zu schulen. 

Üben lohnt schon jetzt

Dass ein professionelles Medikationsmanagement für Patienten und Kostenträger ein Gewinn ist, ist in der Politik mittlerweile angekommen. Doch noch ist die Bereitschaft gering, Apotheken für ihre Arbeit zu honorieren. Im Modellprojekt ARMIN in Sachsen und Thüringen bekommen die Pharmazeuten bereits Geld – und die Hoffnung ist groß, dass ARMIN Vorbild für die ganze Republik werden kann. Die Apothekerkammer Berlin und der Berliner Apothekerverein ermutigen ihre Mitglieder bereits jetzt, sich im Medikationsmanagement zu üben, um für den Tag X vorbereitet zu sein. 

Masernwelle sorgt für Impf-Boom

Die heftige Masernwelle in diesem Jahr hat offenbar dazu geführt, dass sich mehr Menschen für eine Impfung gegen Masern entschieden haben. Im Bundesdurchschnitt wurden in den ersten fünf Monaten dieses Jahres 43% mehr Impfdosen verabreicht als im Vorjahr. Dabei zeigen sich allerdings deutliche regionale Unterschiede. In der Masern-Hochburg Berlin betrug der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr sogar 184%.

Malaria-Diagnose mit Laser

Ein neuer Lasertest zur direkten Anwendung am Menschen kann in Sekunden mit einem einfachen Hautscan Malaria erkennen. Das Gerät sendet einen Laserimpuls durch die Haut in ein Blutgefäß. Hier absorbieren kleine Teile des Malaria-Parasiten (Hämozoin) das Laserlicht. Sie erhitzen sich hierdurch auf der Stelle und produzieren einen mikroskopischen Dampf  („Nanobubble“). Platzt eine solche Dampfblase, erzeugt sie ein akustisches „Pop“-Signal, das mit einem Sensor durch die Haut hindurch erfasst wird und die Anwesenheit von Malaria anzeigt. Der Test kommt ohne Blutentnahme, Reagenzien, Anlagen oder Fachpersonal aus und soll nun breit erprobt werden. 


Dr. Carolina Kusnick (ck), Apothekerin 
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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