Finanzierung und Versorgung

Psychiater streiten für Reformen

Berlin - 29.06.2016, 08:00 Uhr

Blick in die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum der TU Dresden: Welches ist der richtige Weg für Psychiatrien – und Patienten?  (Foto: dpa)

Blick in die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum der TU Dresden: Welches ist der richtige Weg für Psychiatrien – und Patienten?  (Foto: dpa)


Das Gesundheitsministerium ist gewillt - und will verschieben

BMG-Abteilungsleiter Ulrich Orlowski versprach, die Kritik bei der Weiterentwicklung des Gesetzesentwurfes aufzunehmen. Mit verschiedenen Klarstellungen solle beispielsweise gewährleistet werden, dass Versorgungsverpflichtungen der Kliniken ausreichend finanziert werden. Auch sollten nicht – wie eigentlich geplant – die Budgets auf landeseinheitliche Durchschnittswerte angepasst werden, sondern Spielraum bleiben. „Wir sind gewillt, einen guten Weg zu finden“, erklärte Orlowski – und brachte eine weitere Verschiebung des neuen Finanzierungssystems ins Spiel. „Wir sind wahrscheinlich klug beraten, dem System ein Jahr Zeit zu geben“, sagte er.

Auch der Ministerialbeamte sah das Home-Treatment als positiven Schritt – und etwas komplett Neues. „Am Schluss werden wir zu einem richtigen, innovativen Element kommen, das die Psychiatrie weiterentwickelt“, sagte er.

Unglaubliche Beweglichkeit

Die Kompromissbereitschaft kam bei vielen Verbänden gut an. „Ich habe fast nicht geglaubt, dass das BMG sich so bewegen kann“, sagte Margitta Borrmann-Hassenbach, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Träger Psychiatrischer Krankenhäuser. Gleichzeitig erinnerte DGPPN-Präsidentin Hauth daran, dass der Regierungsentwurf weitere Überraschungen mit sich bringen könne – wie auch die Umsetzung des Gesetzes durch die Krankenhausgesellschaft und den Spitzenverband der GKV.

Die Berliner Tagung machte klar, dass sich nicht nur der Gesetzgeber immer wieder klarmachen sollte, an wem sich das neue „Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen“ (PsychVVG) ausrichten sollte – nämlich am Patienten. Für die Psychiatrie stehen durch die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen und die nötige Reduzierung von Zwangsbehandlungen große Herausforderungen an. Dennoch fand eine Veranstaltung zur Sicht der Betroffenen und Angehörigen gerade einmal sechs Zuhörer.

Neustart gewünscht

„Um ein solches Gesetz zu entwickeln, braucht es eine unabhängige Expertenkommission, in der auch Psychiatrie-Erfahrene, Angehörige und Vertreter der Gewerkschaft sitzen“, forderte Brigitte Richter vom Nürnberger Selbsthilfeverein Pandora. Der aktuelle Entwurf sei vielleicht eine Weiterentwicklung, enthalte aber viel zu wenig Fortschritte. „Ich hätte mir statt der Weiterentwicklung einen Neustart gewünscht“, sagt Richter, die auch die erfolgreiche Petition gegen PEPP initiiert hatte. „Für ein sinnvolleres Entgeltsystem in der Psychiatrie.“



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Alles hat zwei Seiten

von Walter Neuschitzer am 29.06.2016 um 19:33 Uhr

Die andere Seite ist die, dass es Fälle gab, wo unschuldige Bürger sehr lange Zeit in der Psychiatrie eingesperrt wurden, so lange die Versicherung zahlte. Dieser Missstand wird mit der geplanten Reform wohl weniger werden.

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