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In den vergangenen zwölf Jahren haben Gespräche zwischen der ABDA und DocMorris nur vor Gericht stattgefunden. Am heutigen Montag trafen ABDA-Präsident Friedemann Schmidt und DocMorris-Vorstand Max Müller erstmals wieder aufeinander. Die Gesprächsatmosphäre war besser als gedacht, inhaltlich kommen die beiden aber nicht auf einen Nenner.
Es ist die Bundestagsfraktion der Grünen, die es erstmals
seit einer sehr langen Zeit geschafft hat, alle wichtigen Player im
Apothekenmarkt an einen Tisch zu bringen, um über das Apothekensystem zu
sprechen. Neben ABDA-Präsident Friedemann Schmidt und DocMorris-Vorstand Max Müller
beteiligten sich auch der Verbraucherschützer Kai-Helge Vogel, Reinhard Busse,
Professor für Management im Gesundheitswesen an der TU Berlin sowie Klaus Holthoff-Frank
von der Monopolkommission am Gespräch. Ebenfalls anwesend waren Christian Buse
vom Verband deutscher Versandapotheken sowie Klaus Gritschneder vom Verband der
europäischen Versandapotheken.
Anlass der Debatte war das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung. Dafür dass Schmidt
und Müller in den vergangenen Monaten allerhöchstens in Pressemitteilungen
übereinander sprachen, war die Stimmung sogar recht gut. Müller goss seinem
Sitznachbarn Schmidt immer mal wieder Wasser ein, Schmidt flüsterte Müller
des Öfteren etwas zu, man lachte gemeinsam. Bei der Moderatorin der
Fachtagung in der Grünen-Fraktion des Bundestages, Kordula Schulz-Asche (MdB,
Grüne), gingen die beiden sogar als „Traumpaar“ durch.
Schmidt: Rx-Versand verbieten, Honorar reformieren
Doch das war es schon mit den positiven Überraschungen. Inhaltlich liegen beide
weiterhin meilenweit auseinander. So weit auseinander, dass ein gemeinsamer
Lösungsvorschlag so unrealistisch ist wie vor zwölf Jahren. Schmidt, der von Schulz-Asche
als erster Referent aufgerufen wurde, stellte klar: Die ABDA fordert
schnellstmöglich das Rx-Versandverbot. Wenn dieses gelte, könne man sich an
eine umfassendere Reform des Apothekenhonorars machen. Denn – und hier gab es
die einzige Übereinkunft aller Diskutanten – auch Schmidt wünscht sich eine
Honorarreform im Apothekenbereich. Pharmazeutische Dienstleistungen müssten
honoriert werden, allerdings zusätzlich zum Fixhonorar, erklärte der
ABDA-Präsident.
Schmidt wusste, dass er vor den größten Gegnern des Versandverbotes sprach. Wie
immer, war der ABDA-Präsident rhetorisch bestens vorbereitet. Selbst Max Müller
bescheinigte ihm später eine rhetorische Meisterleistung, weil Schmidt stets
von der „Rückführung des Versandhandels auf den OTC-Bereich sprach" und
das „Verbot" geschickt umschiffte. Überraschenderweise sprach der ABDA-Präsident
in seinem Vortrag aber gar nicht so viel über das Rx-Versandverbot sondern über
einen Kampf, den die Apotheker durch das EuGH-Urteil schon zumindest teilweise
verloren haben: den einheitlichen Apothekenabgabepreis.
DocMorris will Höchstpreis-Regelung
Mit
Vehemenz verteidigte Schmidt die Rx-Preisbindung. Arzneimittel seien ein
besonderes Produkt und bedürften daher eines besonderen Schutzes. Auch die
Arzneimittelversorgung finde nicht im gewöhnlichen Einzelhandel statt und sei
deswegen ebenfalls regelungsbedürftig. Der Patientenschutz mache es außerdem
nötig, dass es keinen Preiswettbewerb gebe. Patienten sollten keine
Wirtschaftlichkeitsentscheidungen treffen, sondern eine Vertrauensentscheidung.
Und: Weil das gesamte GKV-Arzneimittelsystem mit allem verbundenen Einsparungen
der Kassen auf dem einheitlichen Preis beruhe, dürften auch die Kassen die
Preisbindung behalten wollen. Und weiter: Laut Schmidt sollen auch Apotheker
keine Wirtschaftlichkeitsentscheidungen treffen müssen. Denn dann
könne es dazu kommen, dass Patienten unterschiedlich behandelt werden, weil sie
wirtschaftlich unterschiedlich lukrativ sind. Schmidt kam zu dem Schluss, dass
das Fixhonorar vor diesem Hintergrund das Mittel der Wahl sei. Denn: „Die
Pauschale verhindert Selektion", sagte der ABDA-Präsident.
Es folgte der Auftritt von Max Müller. Auch Müller wusste, dass er vor vielen
Kritikern sprach. Denn neben den ABDA-Vertretern waren unter den rund 100
Zuhörern zahlreiche Apotheker. Und die hatten den DocMorris-Vorstand in den
vergangenen Wochen nicht gerade pfleglich behandelt. Aber auch Müller hatte sich
eine gute Strategie zurechtgelegt. Er verlagerte die Diskussion weg vom
Gerichtsstreit und den Rx-Boni und hin zu einer gesamtgesellschaftlichen
Problematik, der drohenden Unterversorgung auf dem Land. Müller warb dafür,
dass DocMorris und die Apotheker gemeinsam nach einer Lösung suchen, um die
Versorgungsstruktur zu verbessern. Für Müller steht allerdings fest: Der
Verbraucher müsse entscheiden dürfen, ob er in die Apotheke gehe oder bei
DocMorris bestelle.
Der DocMorris-Vertreter übte außerdem heftige Kritik am derzeitigen System der
Apothekervergütung. „Es ist egal wie hoch das Apothekenhonorar ist, wenn kein
Arzt am Ort ist.“ Vor dem geplanten Rx-Versandhandelsverbot warnte er. Es gebe
keinen kausalen Zusammenhang zwischen schließenden Apotheken und dem
Versandhandel. Die Versandapotheken seien vielmehr eine Ergänzung. Müller
stellte klar: „Selbst wenn wir mit unseren 3 Prozent Marktanteil nicht mehr da
sind, werden wir Probleme bekommen, die Versorgung auf dem Land zu erhalten.“
Vielmehr müsse die Politik anfangen, über neue Versorgungsformen zu
diskutieren, die zum Ziel haben, strukturelle Gefälle bei der Versorgung
auszugleichen. Müller deutete an, dass für ihn die Höchstpreis-Regelung eine
Möglichkeit sein könne, mit dem EuGH-Urteil umzugehen. „Mit Höchstpreisen sind
Verbraucher nicht überfordert, weil ja der derzeitige Preis der höchste von
Apotheken verlangte Preis sein kann. Apotheker könnten dann niedrigere Preise
verlangen, müssen sie aber nicht.“
Müller: Wir haben keine Einkaufsvorteile
Als das gesagt war, stritten sich Müller und Schmidt dann doch noch ein bisschen. Schmidt sagte, dass Müller einen sehr kooperativen Eindruck erwecke. Eine Kooperation mit DocMorris komme aber für die Apotheker nicht in Frage, weil sich DocMorris nicht an Regeln halten könne. „Sie haben dieses Urteil erzwungen und Ihre ständigen Regelverstöße sind nicht mehr zu ertragen. Kooperieren geht nur mit Regeln.“ Müller stellte im Gegenzug klar, dass sich DocMorris nichts vorzuwerfen habe. „Wir haben die gleichen Einkaufskonditionen, wir haben auch keinen Umsatzsteuervorteil.“
Aber wie sah es mit anderen Lösungsvorschlägen aus? Professor Busse brachte ein Beratungsrezept ins Spiel, bei denen Apotheker ein zusätzliches Honorar abrechnen könnten, wenn sie beraten. Schmidt lehnte dies aber ab. Er bezweifelte, dass man Beratungsfälle von Nicht-Beratungsfällen trennen könne. Denn die Verbindung Patient-Arzneimittel sei immer eine individuelle. Verbraucherschützer Vogel schlug erneut vor, die Rx-Boni zwingend an die Zuzahlung zu binden. Gebe es eine Zuzahlung, könnten die Verbraucher von Boni profitieren, sagte Vogel. Aber auch das lehnte Schmidt ab.
Grüne wollen Apotheker stärken
Den wohl bewegendsten Auftritt hatte ein Landapotheker aus der
brandenburgischen Prignitz. Der Pharmazeut erzählte, dass er die einzige
Apotheke in einem Umkreis von 250 Quadratkilometern habe. Er leiste Notdienst
nach Notdienst und versorge seine Patienten bis an das Krankenbett heran.
Trotzdem werde es wirtschaftlich immer schwerer. Der Apotheker sprach sich
nachdrücklich für ein Dienstleistungshonorar aus. Denn: „Wenn ich nach mehreren
Gesprächen mit Arzt und Patient und einer daraus folgenden Intervention
verhindere, dass ein Patient zwei unnötige Arzneimittel einnimmt, profitieren
der Patient und die Krankenkasse. Ich bin der einzige, der dabei ein Minus
macht.“
In ihrem Schlusswort stellte die Grünen-Gesundheitspolitikerin Schulz-Asche
eine ähnliche Forderung auf. In Zukunft würden immer mehr Aufgaben auf die
Apotheker zukommen, der Apothekerberuf und seine Vergütung müssten daher
gestärkt werden. Schon im Voraus hatte sich die Gesundheitsexpertin der Grünen-Fraktion
gegen das Rx-Versandhandelsverbot ausgesprochen.
4 Kommentare
Ethik & Monetik, eine gemeinsame Herausforderung.
von Christian Timme am 28.11.2016 um 23:34 Uhr
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Akteure
von Frank Ebert am 28.11.2016 um 19:37 Uhr
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F. Schmidt contra Müller
von Heiko Barz am 28.11.2016 um 19:08 Uhr
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Was für ein Spuk!
von Wolfgang Müller am 28.11.2016 um 18:48 Uhr
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