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Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe ist in den Medien derzeit einer der unbeliebtesten Bundesminister. Es vergeht keine Woche, in der sich Gröhe nicht von großen Zeitungen als „Apothekenlobby-Minister“ bezeichnen lassen muss, weil er am Rx-Versandverbot festhält. Dabei ist es kein bisschen verwunderlich, dass der Minister dabei bleibt, meint DAZ.online-Redakteur Benjamin Rohrer.
Schon vor Wochen begann die Medienschelte. Die für Gesundheit zuständigen Journalisten in den Publikumsmedien stürzten sich darauf, dass der Gesundheitsminister nach nur einem Treffen mit der ABDA deren Maximalforderung, das Rx-Versandverbot, übernahm. Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung knickte der Minister vor der Apothekerlobby ein, nicht einmal eine „Schamfrist“ habe er eingehalten. Für die Frankfurter Rundschau ist Gröhe ein „Apotheker-Freund“, die Süddeutsche Zeitung titelte schon im November: „Reingefallen, Herr Gröhe!“.
Der Spiegel legte in der vergangenen Woche nach: Obwohl derselbe Redakteur wenige Wochen zuvor die SPD als „Apothekerpartei“ bezeichnete, war es nun Gröhe, der die Schelte abbekam. Die Apothekerlobby bejubele den Minister, „weil er ihr die Konkurrenz aus dem Internet vom Hals schaffen will“. Der neueste Angriff kommt erneut aus München: Auf einer ganzen Seite widmet sich die Süddeutsche Zeitung am heutigen Mittwoch dem Thema. Der Tenor: Mit der Abschaffung der exklusiven Zyto-Verträge und dem Versandverbot kommt Gröhe erstaunlich schnell den Wünschen der Apotheker nach. Immerhin: Im Gegensatz zu vielen anderen Veröffentlichungen hat sich die SZ mit Zahlen und Fakten aus dem Apothekenmarkt auseinandergesetzt. Sehr differenziert schlüsselt die Zeitung auf, wie es um die Apothekenzahl, die wirtschaftliche Situation der Pharmazeuten, die Packungszahlen und das Apothekenhonorar bestellt ist.
Aber wie reagiert der Minister selbst auf die anhaltende Kritik?
Trotz heftigen Widerstandes vom Regierungspartner, der Opposition und teils auch aus seiner eigenen Partei boxt Gröhe das Versandhandelsverbot von Instanz zu Instanz. In den wenigen Interviews, die er zu dem Thema gibt, beharrt er auf der Feststellung, dass die Versandhändler mit ihren Boni-Angeboten und Gerichtsverfahren die derzeitige Situation herbeigeführt hätten und dass das Rx-Versandverbot nun einmal die einzige Lösung sei, die so wertvollen Apotheken vor Ort vor unfairem Wettbewerb zu schützen. Auch auf den neuen Artikel der SZ reagiert ein BMG-Sprecher gelassen: „Wir bleiben auf Kurs. Im Übrigen möchten wir das Rx-Versandverbot nicht, um irgendwelchen Lobbyinteressen nachzukommen, sondern weil es für die Versorgung der Patientinnen und Patienten die beste Lösung ist.“
Macht Gröhe Politik für Apotheker?
Dass Gröhe so beharrlich an seinem Plan festhält, ist alles andere als verwunderlich. Denn aus politischer Sicht hat Gröhe längst den „Point of no return“ erreicht. Wenn er den Entwurf jetzt wegen der Kritik an seiner Person zurückzieht, steht er als Verlierer da. In seinem Heimatland Nordrhein-Westfalen stehen außerdem bald Wahlen an. Sowohl die CDU als auch die SPD wollen während des laufenden Wahlkampfes aber keinen Krieg mit den Apothekern im Land haben. Offenbar hat die NRW-Politik große Angst vor der Kampagnen-Fähigkeit der Apotheker. Mit Klaus Michels, Thomas Preis, Lutz Engelen und Gabriele Regina Overwiening gibt es in Gröhes Heimatland zudem vier politisch aktive, umtriebige Verbands- und Kammerfunktionäre, die schon bewiesen haben, dass sie politische Themen über ihre Mitglieder in die Öffentlichkeit bringen können.
Aber auch aus versorgungs- und ordnungspolitischer Sicht ist es absolut nachzuvollziehen, dass Gröhe weiterhin das Rx-Versandverbot verfolgt. Seine Kritiker meinen, dass das BMG nicht nachweisen könne, dass Rx-Boni und der Rx-Versand die Apotheken vor Ort wirklich gefährden würden. Das stimmt auch in Teilen: Fakten darüber, dass viele Apotheken schließen müssten, wenn Rx-Boni erlaubt sein würden, hat das Ministerium bislang ganz einfach nicht präsentiert.
Umgekehrt haben weder die Versandhändler, noch die SPD oder die Grünen bis zum jetzigen Zeitpunkt Zahlen darüber vorgelegt, dass die Apotheken-Versorgung bei einer Steigerung ihres Marktanteils unverändert bliebe. Es ist schlichtweg nicht möglich, die Auswirkungen einer Marktöffnung im Preisbereich verlässlich vorauszusagen. Ein Bundesgesundheitsminister kann sich auf Spekulationen aber nicht verlassen. Er muss dafür sorgen, dass die Versorgung im ganzen Land funktioniert. Anstatt den Markt auf Rx-Boni reagieren zu lassen, geht Gröhe lieber auf Nummer sicher. Mit dem Versandverbot weiß er, was er bekommt – mit Boni, Rabatten und Honorar-Experimenten nicht.
4 Kommentare
Minister für Volksgesundheit ...
von Christian Timme am 05.03.2017 um 9:46 Uhr
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Gröhe als Apoklienteur?
von Heiko Barz am 02.03.2017 um 11:19 Uhr
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Die meinungsverbildende Zunft radiert an sich selbst ... und del geht auch noch.
von Christian Timme am 01.03.2017 um 16:37 Uhr
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Abwanderung zum Versandhandel
von Peter Bauer am 01.03.2017 um 15:49 Uhr
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