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Modellprojekt
Münchener will Zentrum für Cannabis-Patienten gründen
Um Cannabis-Patienten unterstützen und medizinisch beraten zu können, plant eine Münchener Initiative den Aufbau eines Therapiezentrums. Ärzte sollen die medizinische Beratung und Verschreibung übernehmen, ein Hanfladen soll für Einnahmen sorgen. Offen ist jedoch vieles – auch, wie es mit der Einbindung von Apothekern klappen könnte.
Am heutigen Freitag tritt das Cannabis-Gesetz in Kraft – und schwerkranke Patienten können Cannabis-Blüten und -Zubereitungen auf Kassenrezept aus ihrer Apotheke erhalten. Aus Sicht des Müncheners Wenzel Vaclav Cerveny ist jedoch noch deutlich mehr nötig: Er hat ein Startup gegründet, das eine Rundum-Versorgung von Patienten sicherstellen soll. Derzeit sammelt er über ein Crowdfunding-Projekt Geld, um über das DCI Cannabis Institut GmbH zukünftig ein „Cannabis-Therapie- und Informations-Centrum“ (CTIC) aufzubauen.
Der Plan ist, dass in großzügigen Räumlichkeiten von 600 bis 1.000 Quadratmetern eine Arztpraxis mit Schwerpunkt Allgemeinmedizin und Schmerztherapie Patienten zu Cannabis-basierter Medizin betreut. Ein Informationszentrum mit Bistro sowie einer Show- und Produktionsküche soll über den Rohstoff „Hanf“ informieren, ein angeschlossener Laden Hanfprodukte verkaufen.
Ein Volksbegehren scheiterte im letzten Jahr
Bezug zum Thema bekam Cerveny, als er im Jahr 2013 für den Bayerischen Landtag kandidierte, wie er DAZ.online sagt. Er sei von Patienten auf die Schwierigkeiten angesprochen worden, Cannabis für medizinische Zwecke zu erhalten. „Ich habe das zunächst abgestempelt, bis ich mich näher mit dem Thema näher auseinandergesetzt habe“, erklärt Cerveny. Daraufhin hat er eine Unterschriftensammlung zur Legalisierung von Cannabis initiiert. Das Volksbegehren sammelte mehr als 27.000 Unterschriften – scheiterte aber vor gut einem Jahr am Bayerischen Verfassungsgerichtshof.
Inzwischen hat Cerveny viele Kontakte zu Schmerzpatienten,
die Cannabis über Ausnahmeregelungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) beziehen, wie er erklärt. Dabei habe er gemerkt, dass
diese sehr oft Schwierigkeiten hätten – da ihre Ärzte nicht als „Kifferarzt“
abgestempelt werden wollten. „Wenn die Ärzte nicht wollen, müssen wir eine
Anlaufstelle machen“, erläutert Cerveny seine Motivation. „Mich rufen jeden Tag
zehn Patienten an, die mich nach Ärzten fragen.“
Cerveny will „weg vom Joint“ – und Apotheker einbinden
Das geplante Zentrum soll neben der medizinischen Betreuung insbesondere auch der Kommunikation dienen – und Patienten einen geschützten Ort für die Behandlung mit Vaporizern oder E-Zigaretten bieten. Bislang sei auch der medizinische Cannabis-Gebrauch sehr vorurteilsbehaftet, sagt Cerveny. „Unsere Gesellschaft muss neu erlernen, mit Cannabis umzugehen“, sagt er – „weg vom Joint“.
Doch es gibt noch erhebliche Hürden für die Pläne. Eine Ärztin, mit der er für sein Therapiezentrum in Kontakt war, sei abgesprungen, da sie nicht als „Dr. Weed“ abgestempelt werden wollte. Jetzt habe er zwei Mitarbeiter im Team, zwei weitere seien in Vorbereitung. Hinzu kommt ein Professor der Technischen Universität München, der eine begleitende wissenschaftliche Studie durchführen werde – näheres hierzu will Cerveny auf einer Pressekonferenz in zwei Wochen bekanntgeben.
Welche Rolle haben Pharmazeuten?
Doch der Initiator des Projekts setzt auch auf die Expertise von Pharmazeuten. „Wir werden auf jeden Fall mit einem Apotheker zusammenarbeiten“, erklärt er. Aus Sicht von Cerveny würden die über Apotheken erhältlichen Cannabis-Sorten aber nicht ausreichen – Erfahrungen aus den USA oder Israel hätten gezeigt, dass Patienten ein breites Angebot zu Gute kommt. Über die geplante wissenschaftliche Studie will die Initiative aber auch eine Lizenz zum Forschungsanbau von Cannabis beantragen, oder weitere Sorten importieren.
Unklar bleibt jedoch zunächst, wie die genaue Zusammenarbeit mit dem Apotheker aussehen wird. Die Rezepte der Patienten zu sammeln und einmal täglich von einem Pharmazeuten beliefert zu bekommen, dürfte aufgrund der rechtlichen Lage bei Rezeptsammlungen kaum möglich sein. Außerdem könnte das im vergangenen Jahr verabschiedete Antikorruptionsgesetz die Zusammenarbeit der geplanten Arztpraxis mit einer Apotheke erheblich erschweren.
Und bislang fehlt es noch an Geld. Über die Crowdfunding-Kampagne will Cerveny eigentlich eine Million Euro von Freiwilligen sammeln – er hatte sich erhofft, 100.000 Euro innerhalb von einer Woche zusammenzubekommen. Dabei soll es sogar fünf Prozent Rendite geben, wenn das Konzept aufgeht, doch es kann auch „zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen“, wie auf der Crowdfunding-Seite erklärt wird.
Medien wie die „Süddeutsche Zeitung“, der Bayerische Rundfunk oder die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichteten groß, doch nach neun Tagen sind es nur knapp 19.000 Euro. „Damit sind wir überhaupt nicht glücklich“, erklärt er gegenüber DAZ.online. Doch Cervenys Einschätzung nach hat es unter Patienten viel Unruhe gegeben, da diese vielfach davon ausgegangen seien, dass das neue Gesetz zum 1. März in Kraft tritt. Nachdem am gestrigen Donnerstag das Gesetz im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, tritt es nun am heutigen Freitag in Kraft.
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