Mohren-Apotheken

„Sie denken dabei nicht an Rassismus, weil sie es können …“

Stuttgart - 12.02.2018, 16:40 Uhr

Nicht alle Mohren-Apotheken kombinieren ihren Namen auch mit einem entsprechendem Symbol. (Foto: Hanke / Imago)

Nicht alle Mohren-Apotheken kombinieren ihren Namen auch mit einem entsprechendem Symbol. (Foto: Hanke / Imago)


Abstimmungs-Tool der Frankfurter Neuen Presse

Am heutigen Montag hat die Frankfurter Neue Presse ein Interview mit der Wissenschaftlerin Maria Ketzmerick vom Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg veröffentlicht – unter dem Motto „Was darf man noch sagen?“ Auf der Internet-Seite können die Leser zudem abstimmen, ob die Mohren-Apotheken umbenannt werden sollten. Zur Mittagszeit hatten am heutigen Montag schon 243 User abgestimmt. Viele sind gegen eine Namensänderung. 

Laut Ketzmerick war die Bezeichnung „Mohr“ schon immer abwertend gemeint. Zudem gehe es nicht nur um die Worte, sondern auch um die Symbole. Auch wenn es nicht rassistisch gemeint ist, wer beim „Negerkussbrötchen“ nicht an Rassismus denke, könne das nur, weil ihn das Problem nicht betreffe: „Nur weil mir Dinge nicht bewusst sind, sind sie ja nicht weniger rassistisch. Sich nicht damit auseinandersetzen zu müssen, ist schlicht ein Privileg der Europäer.“


Sie denken dabei nicht an Rassismus, weil sie es können, weil sie das Problem nicht betrifft, weil sie in der Öffentlichkeit nicht mit dem Wort belegt werden ...

Maria Ketzmerick vom Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung; Philipps-Universität Marburg


Sie gibt zu, dass es hart sein kann, sich bezüglich Namen umzugewöhnen, jedoch gibt sie auch zu bedenken: „Die Tatsache, dass dieses Thema immer so schnell aufgeladen ist, zeigt ja, dass es ein wichtiges Thema ist und noch viel aufgearbeitet werden muss.“ Ihrer Meinung nach ginge es nicht darum etwas zu verbieten, sondern darum zu sagen: „Ich fühle mich verletzt.“ Der „Mir-wird-was-weggenommen“-Reflex verhindere die Debatte und sei narzisstisch: „Ein bisschen Anstrengung muss ja wohl möglich sein, damit es anderen Menschen besser gehen kann.“

Bei ihrer Arbeit stelle Ketzmerick immer wieder fest, dass die wenigsten wissen, dass es auch deutsche Kolonien gab, die gewaltvoll waren. Auch im Fall der Apotheken würde es ihrer Meinung nach helfen, wenn man den Namen in einen Zusammenhang stelle – zum Beispiel mit einer Hinweistafel: „Wissen hilft in vielen Fällen.“



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Möhren Apotheke

von Wolf Wagner am 14.02.2018 um 23:34 Uhr

Die Rassismusdebatte wird vom KAV nicht seriös geführt. Anders als bei staatlichen Institutionen, drückt der Name einer Apotheke sicher nicht die politische Haltung des Inhabers aus. Auch haben Mohren Apotheken unter Rechtskonservativen nicht mehr Kundschaft als andere Apotheken. Zuguterletzt gibt es so viele Apotheken mit anderen Namen, das Betroffene ja wählen können. Bei Kasernen, die nach Wehrmachtsgenerälen benannt sind ist das anders. Was machen eigentlich alle diejenigen, die Mohr mit Nachnamen heißen? Wird man sie zur Namensänderung auffordern?

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es geht um Tradition

von norbert brand am 13.02.2018 um 8:01 Uhr

wenn ich als Europäer in einem muslimischen Land sage, daß mich das Schächten stört bzw die Tierquälerei verletzt, wie werden sich meine Gastgeber dann verhalten?? Richtig, die werden sagen, das ist bei uns halt so üblich. Also TOLERIERE das bitte. O.K.

Warum kann nicht auch eine KAV einer über 200 Jahre alten Tradition in ihrem neuen Heimatland, wie der Bezeichnung "Mohren-Apotheke", entsprechend TOLERIEREN? Geht nicht, statt dessen bohrt man immer tiefer, wie die aktuellen Reaktionen zeigen.

Beim Thema Kolonien sollten sich im übrigen unsere Afrikanischen Freunde mal fragen, ob es Ihnen heute in einer Kolonie vielleicht nicht doch besser ginge als in der "Freiheit" unter so durchgeknallten Despoten wie Mugabe, o.ä.

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