- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Mein liebes Tagebuch
29. März 2018
Ein ungelegtes Ei – das ist alles, was mit dem Rx-Versandverbot zu tun hat! Oh nein, mein liebes Tagebuch, ich glaub’s nicht. Ich dachte, wir sind schon einen Schritt weiter! Von wegen! In der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen zum Rx-Versandhandel heißt es: „Der Meinungsbildungsprozess über die Umsetzung der Koalitionsvereinbarung ist zu diesem Punkt noch nicht abgeschlossen.“ Überhaupt, die neun Antworten der Bundesregierung auf die 18 Fragen sind dermaßen schwammig, dass man ernste Zweifel bekommen muss, ob es der Bundesregierung mit dem Rx-Versandverbot noch immer so ernst ist, wie es unter Gröhe mal schien. Ehrlich gesagt, wenn es im Koalitionsvertrag vollmundig heißt, man wolle sich für ein Rx-Versandverbot einsetzen, so darf der gesunde Menschenverstand eigentlich davon ausgehen, dass es da keinen Meinungsbildungsprozess mehr geben darf, diese Phase sollte schon längst abgeschlossen sein. Scheint es demnach aber nicht zu sein, mein liebes Tagebuch – wir werden wie immer für dumm verkauft. Da passt auch die Äußerung von CDU-Politikern bestens dazu, dass das Rx-Versandverbot derzeit nicht an vorderster Stelle der Agenda steht. Im Herbst soll es vielleicht soweit sein, dass man darüber spricht… Klingt alles nicht sonderlich vertrauenerweckend.
Die „Ei-Card“: Die elektronische Gesundheitskarte avanciert zum Goldenen Ei! Seit 20 Jahren ist sie in der Entwicklung, bis Ende 2018 werden rund 2 Milliarden Euro in sie investiert worden sein. Außer Gegacker ist nicht viel herausgekommen. Der Chef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, ist sogar der Ansicht, dass die Gesundheitskarte gescheitert ist. Mein liebes Tagebuch, wir können dem AOK-Chef nicht immer zustimmen, aber in diesem Fall: Recht hat er. Es sei eine Technologie aus den 90er Jahren, die zu Monopolpreisen aufrecht erhalten werde, meint er. Wie soll das nun weitergehen? Man sollte das Gesundheitskarten-Gedöns wohl neu denken – etwa in Richtung Patientenakte. Der Patient muss seine Daten auch von Zuhause aus oder mobil jederzeit einsehen können, alles andere ist Technik von gestern. Unser neuer Gesundheitsminister Jens Spahn hat angekündigt, das Ding, die Karte in den nächsten dreieinhalb Jahren zum Laufen zu kriegen. Und sie sollte mehr können als bisher angedacht. Mein liebes Tagebuch, spannend wird es, ob die elektronische Gesundheitskarte wirklich noch eine „Karte“ sein wird oder vielleicht eine App oder einfach nur ein Zugangscode zu einem Server. Und was passiert mit der Idee des elektronischen Rezepts? Das könnte wenig heiter werden.
Überraschungs-Ei! Der Arzneimittelverkauf über Amazon ist doch nicht so einfach, wie sich Amazon und so mancher Apotheker das gerne vorstellen. Dem Münchner Apotheker Dr. Hermann Vogel sind die Amazon-Apotheker-Ambitionen schon seit einiger Zeit ein Dorn im Auge. Er beobachtet die Vorgänge rund um den Arzneiverkauf über Amazon genau. Er hat nun festgestellt, dass der Datenschutz nicht gewährleistet ist und ließ über seinen Anwalt mehrere Apothekerkollegen abmahnen. Gegen einen Versandapotheker aus Sachsen-Anhalt erhob er sogar Klage. Das Landgericht Dessau-Roßlau untersagte daraufhin dem Versandapotheker, apothekenpflichtige Arzneimittel über Amazon zu verkaufen. Das gilt zumindest, solange nicht sichergestellt ist, dass der Kunde spezifisch einwilligt, dass seine Gesundheitsdaten gespeichert werden. Mein liebes Tagebuch, es ist richtig, dass hier deutliche Grenzen aufgezeigt werden. Es kann nicht sein, dass jede Apotheke peinlichst genau alle Datenschutzbestimmungen einhalten muss (die neue Datenschutzverordnung lässt grüßen!) und ein Big Player wie Amazon geht mit den Gesundheitsdaten seiner Kundenmehr als freizügig um, übermittelt die sensiblen Daten sogar an Dritte. So geht’s nicht! Zum Glück gibt es wachsame Apotheker, die dagegen vorgehen. Mein liebes Tagebuch, warum hört man da keinen Aufschrei aus dem Berliner Apothekerhaus? Warum wird da nicht der Datenschutz angemahnt? Liegt man da ganz falsch, wenn man davon ausgeht, dass die ABDA das alles noch gar nicht so recht auf dem Schirm hat?
Man sollte Franz Knieps, den Chef des BKK-Dachverbands, umbenennen
in „Hase“, denn er weiß sichtlich von nichts. Oder tut er nur so, wenn er in
seiner BKK-Postille schreibt, die Apothekerlobby habe erreicht, dass der
Arzneimittelversandhandel verboten werden soll und die Große Koalition habe
dies in ihr Pflichtenheft geschrieben? Zum einen: Es geht wirklich nicht um ein
Verbot des Arzneiversandhandels, sondern nur um ein Versandverbot
verschreibungspflichtiger Arzneimittel. Und zum andern: Ach du meine Güte, so
stark ist unsere Lobby nun wirklich nicht, dass sie der Politik das in den
Koalitionsvertrag diktieren könnte. Und wenn Herr Knieps auch noch meint, dass
sich Digitalisierung und Versandverbot in der heutigen Zeit nicht vereinbaren
ließen, dann bekommt er von meinem lieben Tagebuch den Titel „Oberhase“
verliehen, denn dann weiß er wirklich nichts. Lieber Oberhase, Digitalisierung
und Versandhandel haben nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun haben.
Der Versandhandel ist so was von analog und undigital. Und ja, ein Beispiel
gefällig? Die Eier hat der Osterhase auch schon per Versand gebracht, als das
Wort digital noch gar nicht erfunden war. Fröhliche analoge Ostern!
8 Kommentare
Verschärfte Beratung?
von Reinhard Rodiger am 01.04.2018 um 18:59 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Frohe Ostern
von Norbert Peter am 01.04.2018 um 13:48 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Habe ich das richtig verstanden?
von Wolfgang Müller am 01.04.2018 um 18:47 Uhr
Die Gesundheit der Bevölkerung ist nicht teil- und auch nicht verhandelbar!
von Gunnar Müller, Detmold am 01.04.2018 um 11:28 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: "Verschärfte Beratung" als Lösung?
von Wolfgang Müller am 01.04.2018 um 16:00 Uhr
AW: .....von Müller zu Müller
von Gunnar Müller, Detmold am 01.04.2018 um 18:10 Uhr
..rohe Ostern
von Bernd Jas am 01.04.2018 um 9:36 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Frohe Ostern
von Ulrich Ströh am 01.04.2018 um 8:42 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.