Frankreich

Rechnungshof will mehr als 10.000 Apotheken schließen

Remagen - 03.04.2018, 07:00 Uhr

Bald ein häufiges Bild? Der französische Rechnungshof will den Apothekenmarkt mit Absicht kaput sparen. (Foto: Imago)

Bald ein häufiges Bild? Der französische Rechnungshof will den Apothekenmarkt mit Absicht kaput sparen. (Foto: Imago)


Erstaunliches Maßnahmenpaket

Dagegen schlägt der Rechnungshof nun unter anderem die folgenden drastischen Maßnahmen vor:

  • Eine Schrumpfung des Apothekennetzwerks durch Änderungen der Regeln für Neugründungen und der Besitzregeln. Anfang Januar 2018 wurde zwar bereits eine Verordnung zur „territorialen Vernetzung“ bekannt gemacht, die auf dem Gesetz zur Modernisierung des Gesundheitssystems von Januar 2016 basiert. Sie enthält jedoch keine nennenswerten Neuregelungen, sondern überwiegend Klarstellungen, unter anderem zur Nachfolgegelungen, zur Zusammenlegung (regroupements) und zum Erlöschen von Erlaubnissen,
  • neue Distributionsformen, wie etwa den Übergang vom „Apothekenmonopol“ zu einem „Apothekermonopol“, das heißt de facto die Erlaubnis des Fremdbesitzes,
  • Unterstützung für eine begrenzte Zahl von Apotheken (400 bis 500), die für die Versorgungssicherheit in einigen ländlichen und stadtnahen Gebieten strategisch wichtig sind. Sie befinden sich zu 98 Prozent in Gemeinden mit weniger als 2.500 Einwohnern,
  • Beschränkung des Apothekenmonopols auf verschreibungspflichtige Medikamente,
  • Lockerung der Regeln für den Vertrieb rezeptpflichtiger Arzneimittel über das Internet.

„Das soll man mal einem älteren Menschen erklären“

„Der Hof rechnet, die Franzosen leiden", hatte die Apothekergewerkschaft als erste Reaktion auf den Bericht gewettert. Man sei ja seit Jahren an die Anwürfe des Rechnungshofes gewöhnt, aber dieses Jahr hätten die „Weisen“ die Grenzen überschritten. Also ob es nicht genug wäre, das Verschwinden von rund 10.400 Apotheken vorzuschlagen, empfehle die Institution doch tatschlich noch weitere Einschnitte, wie etwa die Öffnung des Apothekenbesitzes für Nicht-Apotheker.

Mehr als 10.000 Apotheken zu schließen und dafür einige Hundert zu subventionieren, das solle man mal einem älteren Menschen erklären, der zusehen müsse, wie seine Vor-Ort-Apotheke geschlossen und er statt dessen an eine weit entfernte Apotheke verwiesen werde. „Sie wissen es, ich weiß es, die Franzosen wissen es: das ist großer Unsinn“, schreibt der Präsident des Gewerkschaftsbundes Pharma Philippe Gaertner.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Das Gleiche wie in Deutschland nur ehrlicher

von Armin Heller am 25.04.2018 um 10:15 Uhr

Natürlich ist dies ein massiver Affront gegen die französische Apothekerschaft. Aber besser eine solche offene Kampfansage, als dieses in Deutschland seit Jahrzehnten betriebene bigotte und menschenverachtende Aushungern der Apotheken. Die Halbierung der Apothekenzahl in Deutschland wurde bekanntermaßen schon vor Jahren auf den Regierungsfluren beschlossen. Aber anstatt den Inhabern - allesamt vollhaftende Einzelkaufleute -.eine klare Ansage zu machen und Ihnen die Möglichkeit zu geben, gemeinsam mit Kollegen - ggf. auch Mitbewerbern - eine Roadmap zu entwickeln, dieses Ziel ohne Privatinsolvenz zu erreichen, wird ein langsamer Todeskampf -jeder gegen jeden- provoziert an dessen Ende es nur Verlierer gibt. Hier werden sehenden Auges hunderte Familien achselzuckend ins Elend gestürzt. Das ist in höchstem Maße widerwärtig. Ich kann daher das offene Vorgehen der französischen Regierung nur begrüßen und würde mir von der deutschen auch wünschen, dass man dort die Eier hätte, mit den Apothekern Klartext zu reden und ihnen Zeit und Gelegenheit zu geben, den persönlichen finanziellen Ruin abzuwenden. Stattdessen macht man sich Sorgen, ob es bei einem Verbot des Rx-Versands zu einer Staatshaftung gegenüber dem ausländischen Großkapital hinter den Versendern käme. Das ist mit Verlaub einfach nur pervers.

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Schicksal Französischer Apotheker?

von Heiko Barz am 03.04.2018 um 11:44 Uhr

Hirnloses Zertreten freiberuflicher Grundsätze.
Wir nähern uns in der EU langsam kommunistischen Idealen. Wann merken diese sogenannten Entscheider, dass ein defektes Rädchen jede Uhr zum stehen bringt. Offensichtlich sollen sozialistische Strukturen - hier bei der Gesundheit - eingezogen werden, dabei hofft man auf kapitalistische Geldströme. Wer glaubt, den Königsweg gefunden zu haben, indem er auf Hedgefonds und andere Kapitalismen setzt, der sollte sich Goethes "Faust" nochmal in Erinnerung rufen: Mephistos gibt es in der Wirtschaft allerorten!
Es ist immer publizistisch wirksam "den Apotheker" an den Pranger zu stellen, der ist ja auch überall mit seinem Gewerk deutlich im Straßenbild sichtbar. Verweigert wird aber, und dabei wird auch gerne die nötige Transparenz unterschlagen, das Mißverhältnis der geldwerten Anteile der Apotheken an den Gesamtkosten der Gesundheit zumindest in Deutschland.

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