Rechtsgutachten

Verfassungsrechtler sehen Reformbedarf beim G-BA

Berlin - 05.06.2018, 17:00 Uhr

Der Sitz des Gemeinsamen Bundesausschusses in Berlin. (Foto: G-BA)

Der Sitz des Gemeinsamen Bundesausschusses in Berlin. (Foto: G-BA)


Ullmann: Vorschläge prüfen, über Einbindung weiterer Akteure nachdenken

Auch Professor Ulrich M. Gassner (Universität Augsburg) sieht einige Baustellen. Er nennt konkrete Regelungen, die aus seiner Sicht kritisch sind und keine ausreichend genaue gesetzliche Anleitung mitgeben. Darunter zum Beispiel § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V – die Ausnahmen zum Verordnungsausschluss von OTC-Arzneimitteln. Zudem fordert er genauere Definitionen in wichtigen Bereichen, etwa bei der frühen Nutzenbewertung und zentralen Begriffen wie der „schwerwiegenden Erkrankung“ und dem „therapeutischen Zusatznutzen“. Ferner bedürfe es struktureller Reformen, um bestehende Funktionsdefizite zu beheben. So sollten künftig Patientenorganisationen bei der Berufung der unparteiischen G-BA-Mitglieder mitwirken. Außerdem wird ein Vetorecht für die Patientenvertretung im G-BA und – hieran anknüpfend – die Einrichtung einer Schiedsstelle vorgeschlagen, an der vom Bundestags-Gesundheitsausschuss gewählte Sachverständige mit Stimmberechtigung mitwirken sollen. Zudem sollte die Rechtaufsicht des BMG gestärkt werden.

Professor Winfried Kluth (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) hat wohl die geringsten Probleme mit dem Legitimationsniveau des G-BA. Auch dritten Leistungserbringern stünden ausreichend gesetzliche Beteiligungsrechte zu, meint er. Allerdings bringt er den Vorschlag ein, dem GKV-Spitzenverband eine gesetzliche Vorgabe zu machen, bei der Bestellung seiner Vertreter im G-BA die Versicherteninteressen angemessen zu berücksichtigen. 

FDP-Politiker sieht Zweifel bestätigt

FDP-Mann Ullmann freut sich, dass die Gutachten nun endlich veröffentlicht wurden und sieht die Zweifel nach dem erstem Überblicken bestätigt: „Die Ergebnisse der Gutachten zeigen eindeutig Handlungsbedarf. Wir werden uns damit umfassend beschäftigen, die Reformvorschläge der Gutachter auf den größtmöglichen Nutzen für Patienten und Leistungserbringer prüfen und gerade darauf achten, dass ein minimal-bürokratisches Fast-Track-Verfahren bei Bedarf möglich ist. Zur Stärkung der demokratischen Legitimation der Rechtssetzungstätigkeit des G-BA werden wir darüber nachdenken, die Patientenvertretung, aber auch andere Gesundheitsakteure, stärker in die Entscheidungen des G-BA einzubinden.“

Was bei diesem Nachdenken am Ende herauskommt, muss sich zeigen. Ebenso, welche Schlüsse das CDU-geführte BMG aus den Gutachten zieht – und wann dies der Fall sein wird. Ein klares Statement, dass weitere Vertreter von Leistungserbringer-Organisationen dringend in den G-BA gehören, gibt es in keinem der Gutachten. Die Frage, ob die Apotheker einen Platz in dem Selbstverwaltungsgremium erhalten sollten, wurde auf Apothekertagen bereits kontrovers diskutiert. Letztlich wurden Anträge, die eine Mitgliedschaft zum Ziel hatten, aus Kostengründen abgelehnt. Dass diese Debatte nach Veröffentlichung der Gutachten wieder entfacht, ist wohl kaum zu erwarten. 

Die drei Gutachten finden Sie auf der Webseite des BMG zum Download.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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