Retax vermeiden und Patienten versorgen

Ibuprofen nicht lieferbar – und dann?

Stuttgart - 01.08.2018, 07:00 Uhr

Nicht lieferbar: Ibuprofen 600 mg Tabletten fehlen in den Apotheken. Nur häppchenweise trudeln unterschiedliche Packungsgrößen von Zeit zu Zeit ein. (m / Foto: Ratiopharm / Hexal / AbZ / Zentiva)

Nicht lieferbar: Ibuprofen 600 mg Tabletten fehlen in den Apotheken. Nur häppchenweise trudeln unterschiedliche Packungsgrößen von Zeit zu Zeit ein. (m / Foto: Ratiopharm / Hexal / AbZ / Zentiva)


Ibuprofen 600 mg, N1: Darf man statt einer 20er Packung zwei 10er Packungen abgeben?

Erfolgt eine Verordnung nur mit der N-Bezeichnung, „Ibuprofen 600 mg N1“, schreibt der Rahmenvertrag vor, dass bei Rabattverträgen ein Rabattarzneimittel aus diesem N-Bereich abzugeben ist. Die Packungsgrößen-Verordnung ordnet Ibuprofen als Antiphlogistikum folgenden Kategorien zu:

N1 = 16 – 24; N2 = 45 – 55 und N3 = 95 bis 100

Wenn nun aber keines der Rabatt-Ibuprofene aus dem verordneten N1-Bereich lieferbar ist – darf die Apotheke, so vorrätig, Ibuprofen 600 mg 10 St x 2 abgeben? Die Antwort ist hier nicht ganz einfach. Die Retax-Experten des LAV Baden-Württemberg raten, bei Nichtlieferbarkeit der 20er Packung den Patienten lediglich mit der nächstkleineren Packung (hier: Ibuprofen 600 mg 10 Stück), zu versorgen – und zwar mit einer einzigen. Sie begründen dieses Vorgehen damit, „dass bei den Krankenkassen die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund steht“, so der LAV. Zusätzlich gibt der LAV zu bedenken, dass bei zwei abgegebenen Arzneimittelpackungen auch für den Patienten die doppelte Zuzahlung anfällt. Ihr Tipp: „Schicken Sie den Patienten rechtzeitig wieder zum Arzt, dass er sich um eine Neuverordnung des Arzneimittels kümmert.“ Die erneute Zuzahlung umgeht der Patient allerdings so auch nicht.

Rahmenvertrag erlaubt Stückeln – unter Umständen

Gesetzlich zugrunde liegt dem Stückeln der Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung.


Entspricht die nach Stückzahl verordnete Menge, die keinem N-Bereich nach der geltenden Packungsgrößenverordnung zugeordnet werden kann, keiner im Handel befindlichen Packungsgröße, so sind, nach wirtschaftlicher Auswahl aus den zulässigen Packungsgrößen, verschreibungspflichtige Arzneimittel bis zur verordneten Menge abzugeben.

 Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung § 6 Absatz 2


Stückeln bei N-Verordnungen kein Retaxgrund, wenn wirtschaftlich

Im aktuell betrachteten Fall „Ibuprofen 600 mg N1“ liegt aber keine Stückzahlverordnung vor, sondern eine Normgrößenverordnung. Dazu findet man im Rahmenvertrag ein kleines Hintertürchen, in § 3 Abs. 7e:


Der Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn (…) die Apotheke bei einer Verordnung, für die § 6 dieses Vertrages keine Regelung enthält, unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit und des Vorranges der Abgabe rabattbegünstigter Arzneimittel Packungen bis zu der vom Arzt insgesamt verordneten Menge abgibt (§ 31 Absatz 4 SGB V).

Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung § 3 Absatz 7e


Aufgedröselt bedeutet das: § 6 enthält keine Regelung für Verordnungen nach Normgrößen, er bezieht sich nur auf die Stückzahl. Stückelt der Apotheker also Verordnungen mit N-Größen, agiert hier aber wirtschaftlich für die Krankenkassen und berücksichtigt Rabattverträge, darf die GKV ihn deswegen nicht retaxieren.
Wann ist eine Therapie aber „wirtschaftlich? Der AOK Bundesverband definiert: „Das angestrebte therapeutische oder diagnostische Ziel muss durch die Leistung effektiv und effizient zu erreichen sein.“ Weil das anscheinend nicht so ganz leicht festzustellen ist, rät der LAV BaWü, wie erwähnt, vom Stückeln ab. 



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Ibuprofen 800

von Diane Bebber am 09.05.2019 um 9:51 Uhr

Mein Mann bekam von seiner Ärztin Ibuprofen 800 verschrieben(100 Stück),bekam aber nur 50 Stück, da nicht mehr vorrätig waren. Bezahlte auch seine 5€.Kann ich die restlichen 50 Stück nachträglich anfordern?

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Retax

von Conny am 01.08.2018 um 8:20 Uhr

Ibuprofen ist doch das Beispiel um Aufzuzeigen, das es den Krankenkassen nicht um das Wohl der Patienten geht sondern nur um Profit. Nicht die Versorgung der Patienten ist ihr Hauptanliegen, sonder wie kann ich der Apotheke einen reinwürgen. Wenn unsere Schnarchnasen doch endlich mal was sagen würden. Es bietet sich so an !

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