Versandapotheken

Die Rolle Frankreichs im EU-Versandhandel

Stuttgart - 05.09.2018, 12:15 Uhr

Einige Apotheken in Frankreich (hier ein Beispielbild) verschicken trotz eines bestehenden Rx-Versandverbotes und der EU-Länderliste, auf der Frankreich nicht steht, regelmäßig Arzneimittel nach Deutschland. ( j/ Foto: Imago)

Einige Apotheken in Frankreich (hier ein Beispielbild) verschicken trotz eines bestehenden Rx-Versandverbotes und der EU-Länderliste, auf der Frankreich nicht steht, regelmäßig Arzneimittel nach Deutschland. ( j/ Foto: Imago)


Länderliste ohne Wirkung

Nun ist das Mehrwertsteuergefälle zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern – vor allem bei Arzneimitteln – seit Jahren bekannt. Auch die Tatsache, dass die deutsche Arzneimittelpreisbindung gegen das Unionsrecht verstößt und auf europäischer Ebene nicht gilt, wurde durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Oktober 2016 entschieden. Legitim ist auch und in manchen Fällen durchaus notwendig (Urlaub, Durchreise, etc.), dass deutsche Patienten, die mit einer ärztlichen Verordnung eine französische Apotheke aufsuchen, ihre Arzneimittel ausgehändigt bekommen.

Problematisch könnte es aber werden, wenn kleine Apotheken hinter der Grenze anfangen, groß zu denken und im Rahmen des Versandhandels an Bedeutung und Marktanteilen gewinnen. Die Standesvertretung der Apotheker weist seit dem EuGH-Urteil daher auf das drohende Szenario hin, deutsche Vor-Ort-Apotheken würden durch den zunehmenden Versandhandel aus dem EU-Ausland wirtschaftlich gefährdet. Der Lösungsvorschlag, der es bis in den aktuellen Koalitionsvertrag geschafft hatte, lautet bekanntlich, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten.

Spahn zweifelt am Rx-Versandverbot

Das sieht Jens Spahn allerdings kritisch. Er zweifelt – im Gegensatz zu einigen Rechtsexperten und Gesundheitsökonomen – an der juristischen Machbarkeit des Rx-Versandverbots. In einer Facebook-Live-Diskussion sagte er im Mai: „Das steht im Koalitionsvertrag. Und so wie es vereinbart ist, werden wir uns auch anschauen, ob und wie das europarechtlich umzusetzen ist.“

Prof. Harald Schweim hält dagegen, dass die rechtlichen Grundlagen für den grenzüberschreitenden Arzneimittelversandhandel ohnehin schwach sind. „Man muss die Krankenkassen, den deutschen und den niederländischen Gesetzgeber nur dazu bringen, die geltenden Rechtsvorschriften anzuwenden“, erläuterte er in seinem DAZ-Beitrag vom Januar 2017.

Eigentlich steht Frankreich nicht auf der Länderliste

Vor allem existiere mit der sogenannten Länderliste eine ministerielle Bekanntmachung, die besagt, dass ein Arzneimittelversandhandel nur aus Island, den Niederlanden, Schweden, Tschechien und dem Vereinigten Königreich nach Deutschland erlaubt sei, da in diesen Staaten vergleichbare Standards herrschten.

Das Bundesgesundheitsministerium antwortet auf Anfragen zum Rx-Versandverbot stets vage und weist auf den Meinungsbildungsprozess hin. Im Hinblick auf die Länderliste scheint aber so langsam Bewegung in die Sache zu kommen: „In den Meinungsbildungsprozess der Bundesregierung über die Art der Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zum Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln werden auch Überlegungen zu gesetzlichen Anforderungen an Versandapotheken einbezogen. Dabei wird auch der Stellenwert der Länderliste zu prüfen sein“, so ein Ministeriumssprecher auf Anfrage der DAZ.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Solange ungewollte Kinderlosigkeit mein privatvergnügen ist..

von D. R. am 23.11.2019 um 17:28 Uhr

Solange meine kinderwunschbehandlung nicht von der Kasse bezuschusst wird weil mein Mann über fünfzig ist (ich bin 32), und in Deutschland wo seit Jahren über die sinkende Geburtenrate gejammert wird gerade mal drei IVF-versuche bezuschusst statt wie früher vier voll übernommen, während Raucher ihre chemos und herzkatheter nachgeworfen bekommen wird Herr billmann an mir weiter verdienen. :-) und da bin ich sicher nicht die einzige.

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Arzneimittelgerechtigkeit auf Europäischer Ebene?

von Heiko Barz am 06.09.2018 um 12:21 Uhr

Das sinnlose und irreale Geschwätz der juristischen Machbarkeit des RXVVes in den meisten der EU-Staaten wird langsam zue Farce.
Die Regelung bei Gesundheitsversorgung der EU-Staaten steht in der eigenen Bewertung dieser Staaten. Deshalb haben auch die meisten EU-Staaten sich die eigenen Vorschriften gegeben. Nur WIR, WIR können das nicht!
Warum nicht?
Die Antwort ist sehr einfach. Alles schaut auf den „großen“ Bruder, und der darf sich natürlich nicht das unerhörte Recht herausnehmen, europäischen Vorschriften zu widersprechen.
Den sogenannten „Entscheidern“ in Brüssel ist - mit Absicht?- entgangen, dass ihre überaus liberale Marktorientierung mit dem Arzneimittelverkehr überhaupt nichts gemein haben darf.
Da aber die Einsicht dieser Fehlentscheidung im AM-Bereich bei den „Brüssel“Bediensteten nicht zu erwarten ist, wird auch eine Rücknahmen dieses Schwachsinns nicht erfolgen. Bleibt uns nur die Hoffnung auf die „Redmann-Petition“,
Wenn ich allerdings daran denke, wieviele Millionen Protest-Unterschriften vor „ULLAS“ Amt gekarrt wurden ( vor 15 Jahren?)und was dabei „rum kam“, da tendiert meine Erwartungshaltung gegen NULL!
Jens Spahn, wie war das doch mit den gleichlangen Spießen?? In France Mehrwertsteuer auf RX von 2,1% ?!
Und die in Europa eindeutig wirtschaftsbedingten rabattierten Einkaufsmöglichkeiten der Apotheken! Und wie ist das mit unseren Rabatten,Herr Spahn? Wenn es nach Ihnen ginge, AM-Rabatt auf NULL und die MWST der AM auf 25% und das Mäxchen in Holland köpft die nächste Flasche Schampus.
Wer Überwacht eigentlich die AMVersand- Betriebe in Holland und Umgebung. Wird das etwa so behandelt, wie die Handhabung Deutscher Schweineställe, wie man hört: Alle 40 Jahre? Und bei UNS darf der APOTHEKER nicht mal zum Sch.....auf die Toilette.
Da kommt so richtig Freude auf, diesem Europa zu dienen und sich darin wohl zu fühlen!
So, Jens Spahn, können Sie in Ihrer Facebook Selbstdarstellung auch mal etwas Substantielles beitragen und zu Gehör bringen?
Wir warten!!

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Och

von Christiane Patzelt am 05.09.2018 um 12:23 Uhr

Herr Spahn, lassen Sie sich ruhig noch gemütlich Zeit - bis nur noch 14tausend Apotheken da sind, dauert es noch so seine 2-3 Jährchen...das gönnen Sie sich mal, Sie können ja nicht überall Hans-Dampf sein...wir können warten...

P.S. mit uns geht übrigens auch ein ganzer Zweig an apothekenversorgenden Betrieben mit ein..viele Mittelständler dabei - oder wie oft kann die wepa, der deutsche Apothekerverlag, die software-Häuser Umsatz mit nicht vorhandenen Betriebsstätten machen? Ja..alles keine Eile, vielleicht gönnen sich die Ärzte noch mal den riesen Schluck aus der Pulle, die sind ja unersetzlich - wir sind ja nur Logistiker mit Abitur.

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AW: Ja aber ...

von Thorsten Dunckel am 05.09.2018 um 19:26 Uhr

... Frau Patzelt! Jetzt bitte ich Sie aber! Der gute Jens kann doch seinem Busenfreund Mäxen Müller die Tour nicht vermasseln.
Wen interessieren denn bei persönlichen Interessen die paar hunderttausend Einzelschicksale?!

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