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22. November 2018
Die Hessen sind auch mit von der Partie: Einstimmigkeit beim Bekenntnis zum Rx-Versandverbot, auch wenn es dort ganz nett verbrämt „Rückführung des Versandhandels mit Arzneimitteln auf das europarechtlich gebotene Maß“ heißt. Gemeint ist dasselbe, klingt nur more sophisticated. Und man will auch gar nicht so für Alternativen offen sein, wie es in anderen Kammern anklingt. Und schon gar nicht wollen sich die Hessen das Rx-Versandverbot durch Kompensationen in Form von hübschen Extrahonoraren abkaufen lassen. Also, harte Linie: Gleichpreisigkeit durch Rx-Versandverbot, ohne wenn und aber. Nun gut.
Auch für die Baden-Württemberger Kammerversammlung kommt ein Plan B nicht in Frage, für den Kammerpräsidenten Hanke kann man höchstens über „wirkungsgleiche Alternativen“ diskutieren. Also, damit das mal klar ist: Es geht nicht um ein Abrücken von der Gleichpreisigkeit, sondern um das Erschließen neuer Wege. Klingt doch auch recht freundlich, mein liebes Tagebuch. Hanke erzählte auf der Vertreterversammlung der Kammer auch vom Stillhalteabkommen zwischen Spahn und ABDA: Erst auf dem Apothekertag sollte über mögliche Lösungen des Versandhandelskonflikts öffentlich gesprochen werden und daran habe man sich gehalten. Allerdings, mein liebes Tagebuch, was hat’s gebracht? Spahn kam ohne konkrete Vorschläge zum Apotag und die Apothekerseite hatte keine Vorschläge vorzulegen: War wohl ein Stillhalteabkommen über gähnende Leere. Hanke rief die Delegierten dazu auf, ihre Ideen vorzutragen, wie man den Konflikt lösen könnte. Der richtig fetzige Knaller war da dann wohl nicht dabei, wie auch. Ist auch alles nicht so einfach.
Richtig schön Tacheles wurde auf Brandenburgs Kammerversammlung gesprochen, ein Markenzeichen von Kammerpräsident Dobbert. Die ABDA hatte Dobbert traditionsgemäß auf dem Kieker. Mit den jüngsten Äußerungen von ABDA-Präsident Schmidt, in denen er selbstkritisch eingestand, dass es wohl nicht richtig war, alles auf die Rx-Versandverbots-Karte zu setzen, und dass man verstärkt über Dienstleistungen durch Apotheker nachdenken sollte, kann Dobbert wenig anfangen. Dobbert: „War die ABDA Führung in den letzten zwei Jahren wirklich so blockiert, dass sie nicht in der Lage war einen sogenannten „Plan B“ zu entwickeln?“ Mein liebes Tagebuch, diese Frage stellen wir uns auch. Als Plan B denken die Brandenburger beispielsweise darüber nach, bestimmte Arzneimittelgruppen wie BtM oder Kühlartikel vom Versand auszuschließen. Ob das allerdings viel bringt, sei dahin gestellt – die Gleichpreisigkeit rettet das jedenfalls nicht. Auf alle Fälle wird die Brandenburger Kammer auch weiterhin deutlich ihre Meinung sagen – ein neues, quartalsweise erscheinendes Meinungsmagazin unter dem Namen „Tacheles“ soll dabei helfen, „nicht durch Dritte verfälschte Meinungen der Apotheker“ an entscheidende Stellen zu transportieren. Mein liebes Tagebuch, na, da sind wir auf die erste Ausgabe gespannt.
Ganz pragmatisch bringt es Niedersachsens Kammerpräsident Magdalene Linz auf den Punkt: Tagträume helfen nicht weiter, die Chancen fürs Rx-Versandverbot schwinden und schwinden. Ungeachtet dessen kann auch Linz diesen Traum nicht ganz vergessen und weicht nicht von der Forderung nach einem Rx-Versandverbot ab. Aber man müsse auch über andere Themen reden. Mein liebes Tagebuch, so ist es. (Noch besser wäre es allerdings gewesen, wenn man schon viel eher über andere Themen geredet hätte.) Auch Linz sieht da zwei Prioritäten: Gleichpreisigkeit gegenüber den Versendern herstellen und Honorierung von Dienstleistungen on top, nicht als Umverteilung des Apothekerhonorars. Einen Vorschlag, wie man Gleichpreisigkeit ohne Rx-Versandverbot herstellt, hat die Kammerpräsidentin allerdings nicht. Zum Thema Honorargutachten kritisierte sie die Schweigestrategie der ABDA: Es sei falsch gewesen von der ABDA, keine Gegendarstellung zu entwickeln. Richtig, mein liebes Tagebuch. Und demnächst befassen sich Wirtschafts- und Gesundheitsausschuss mit dem Gutachten, aber von den Apothekern liegt keine Gegendarstellung vor – welchen Eindruck hinterlässt das? Schön formulierte Linz die Einführung eines Stationsapothekers in Niedersachsen: Damit sei die gesetzliche Verankerung der pharmazeutischen Kompetenz gelungen, ein wichtiges politisches Signal mit „Strahlkraft“. Mein liebes Tagebuch, hoffen wir, dass diese Strahlkraft gaaanz weit reicht.
4 Kommentare
Ein interessanter Schachzug…
von Gunnar Müller, Detmold am 25.11.2018 um 12:13 Uhr
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Gleicher Preis, netter Preis, Versandbonipreis?
von Christian Giese am 25.11.2018 um 10:18 Uhr
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Erwartungen und Bedenken
von Ulrich Ströh am 25.11.2018 um 9:55 Uhr
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von Anita Peter am 25.11.2018 um 9:03 Uhr
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