Neuer Rahmenvertrag

Patientenindividuelles Verblistern auf Patientenwunsch bleibt zulässig

Berlin - 01.04.2019, 17:45 Uhr

Die Bereitstellung patientenindividueller Blister für Heimbewohner ist nicht Gegenstand des Rahmenvertrags zwischen DAV und GKV-Spitzenverband. (Foto: BPAV)

Die Bereitstellung patientenindividueller Blister für Heimbewohner ist nicht Gegenstand des Rahmenvertrags zwischen DAV und GKV-Spitzenverband. (Foto: BPAV)


Der neue Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung in seiner ab 1. Juli geltenden Fassung hat bei heimversorgenden Apotheken kurzfristig für Irritationen gesorgt. Grund ist die neu gefasste Regelung zur Abgabe von Teilmengen. Die Formulierung lässt Zweifel aufkommen, ob Apotheken künftig überhaupt noch patientenindividuell verblisterte Arzneimittel auf Patientenwunsch bereitstellen dürfen. Doch die Vertragspartner geben nun auf Nachfrage von DAZ.online Entwarnung.

Der neue § 16 des Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung (RV-neu), der am 1. Juli 2019 in Kraft treten wird, lässt die Abgabe einer Teilmenge aus einer Fertigarzneimittelpackung (Auseinzelung) zu. Bedingung hierfür ist die ärztliche Verordnung einer bestimmten Menge, die so vom Hersteller nicht angeboten wird und daher vom Apotheker ausgeeinzelt und verblistert werden muss.

§ 16 Rahmenvertrag - neu „Teilmenge, Auseinzelung“:

„Die Abgabe einer Teilmenge aus einer Fertigarzneimittelpackung (Auseinzelung, z.B. in Form einer Verblisterung) ist nur auf ausdrückliche ärztliche Anordnung zulässig. Hat der Vertragsarzt im Einzelfall eine Auseinzelung zur patientenindividuellen Versorgung verordnet, bedarf es vor Abgabe einer Einigung über den Preis. Die Abgabe einer Teilmenge aus einer Fertigarzneimittelpackung (Auseinzelung) ist auch zulässig, soweit dies die Vertragspartner dieses Rahmenvertrages oder die Vertragspartner eines ergänzenden Vertrages nach § 129 Absatz 5 SGB V vereinbart haben.“

Der Zusatz, wonach eine Auseinzelung auch in Form einer Verblisterung erfolgen könne, hatte beim Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheken (BVKA) Zweifel am Anwendungsbereich des § 16 RV-neu aufgeworfen. Sollte es nun etwa auch einer ärztlichen Verordnung bedürfen, wenn es um die Bereitstellung patientenindividuell verblisterter Fertigarzneimitel auf Wunsch des Patienten oder des Heimes geht? Aus Sicht des BVKA kann das nicht gewollt sein.

Tatsächlich ist man auch beim GKV-Spitzenverband und beim DAV der Auffassung, dass hier zwei unterschiedliche Fälle voneinander zu unterscheiden sind.  


GKV-Spitzenverband: Private Serviceleistungen nicht vom Rahmenvertrag erfasst

So erklärte der GKV-Spitzenverband auf Nachfrage von DAZ.online:

„Im Rahmenvertrag wird im § 16 geregelt, dass die Abgabe einer Teilmenge aus einer Fertigarzneimittelpackung möglich ist. Bedingung ist hier eine ärztliche Verordnung einer bestimmten Menge, die so vom Hersteller nicht angeboten wird und daher der Apotheker auseinzeln und verblistern muss. Davon zu trennen sind Serviceleistungen der Apotheke, die diese auf Wunsch des Heimes und/oder des Patienten erfüllt wie z. B. das Bereitstellen von Arzneimitteln. Diese Dienstleistung kann die Apotheke dem Auftraggeber (Heim und/oder Patienten) in Rechnung stellen. Da es sich jedoch um einen privaten Service handelt, ist die GKV nicht involviert und folgerichtig regelt der Rahmenvertrag dazu auch nichts.“

DAV: Keine inhaltliche Änderung gegenüber altem Vertrag bezweckt

Und auch der DAV bestätigte gegenüber DAZ.online, dass der neue § 16 nur eine Regelung für den Umgang mit Teilmengen/Auseinzelungen trifft, die aufgrund ärztlicher Verordnung zulasten der GKV abgerechnet werden sollen. „Die Regelung bezieht sich nicht auf die generelle Abgabefähigkeit von Teilmengen an sich. Auseinzelungen im Auftrag des Patienten oder des Pflegeheims bleiben von der Regelung unbenommen. Apotheken dürfen weiterhin patientenindividuell verblistern. Die Kosten dieser Verblisterung sind dann jedoch vom Patienten bzw. vom Pflegeheim zu tragen“, so ein DAV-Sprecher. Für Abrechnungen mit der GKV ist dagegen eine Preisvereinbarung erforderlich. Diese ist entweder zwischen den Rahmenvertragspartnern zu vereinbaren, oder aber von den Vertragspartnern der ergänzenden Verträge auf Landesebene (§ 129 Abs. 5 SGB V). Durch die Neuformulierung der Regelung im Rahmenvertrag ist laut DAV „in erster Linie eine bessere Strukturierung der Vereinbarung, aber – mit Ausnahme der Möglichkeit der Vereinbarung von Einzelverträgen – keine inhaltliche Änderung der Regelung im alten Rahmenvertrag bezweckt.“

BVKA begrüßt Klarstellung

Der BVKA begrüßt diese Klarstellung, die seiner Rechtsauffassung entspricht. Er erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die Bereitstellung patientenindividuell verblisterter Arzneimittel durch heimversorgende Apotheken aufgrund der dafür geltenden arzneimittel- und apothekenrechtlichen Qualitätsanforderungen die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöhe und das Pflegefachpersonal von wesentlichen Schritten der bewohnerbezogenen Arzneimittelbereitstellung entlaste.

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Hintergrund der Rahmenvertragsregelung 

Die Befugnis der Vertragspartner des Rahmenvertrags zur neuen Regelung in § 16 ergibt sich aus einer 2017 erfolgten Änderung in der Arzneimittelpreisverordnung (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 Satz 3 AMPreisVO). Demnach gelten die festen Preise der Arzneimittelpreisverordnung nicht, wenn es sich um eine Abgabe von aus Fertigarzneimitteln aufgrund ärztlicher Verordnung entnommenen Teilmengen handelt, soweit deren Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke unverändert bleibt. Diese Begrenzung des Ausnahmetatbestands stellt zugleich klar, dass der einheitliche Apothekenabgabepreis uneingeschränkt gelten soll, wenn Fertigarzneimittel von der Apotheke im Auftrag des Patienten in patientenindividuell verblisterter Form bereitgestellt werden. Hintergrund der Klarstellung war ein Urteil des Bundesgerichtshofs zur Blisterware.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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