Vor einer Substitution

Sind B12-Spiegel-Messungen sinnvoll?

München/ Stuttgart - 28.05.2019, 14:00 Uhr

Nicht alle Parameter, die sich bestimmen lassen, sind auch sinnvoll. (c / Foto. Zarathustra / stock.adobe.com)

Nicht alle Parameter, die sich bestimmen lassen, sind auch sinnvoll. (c / Foto. Zarathustra / stock.adobe.com)


Die klinische Chemie bietet heutzutage die Spiegelbestimmungen unzähliger Mikronährstoffe an. Allerdings sind nur wenige Parameter sinnvoll und zielführend. Einige Parameter sind sogar in einem für den Patienten riskanten Ausmaß irreführend. Ein Beispiel dafür ist Vitamin B12, wo es sehr darauf ankommt, was genau man misst. 

Nahrungsergänzung ist ein viel diskutiertes Thema. Einerseits gibt es bei verschiedenen Populationen für bestimmte Stoffe ein hohes Mangelrisiko. Zu nennen sind hier Frauen bei Eisen oder Menschen mit veganer Ernährung, bestimmter Medikation oder hohen Alters für Vitamin B12. Andererseits gibt es Studien, die zeigen, dass die unkritische Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln das Leben eher verkürzen als verlängern kann – was bleibt dann als Handlungsempfehlung? Soll man also immer erstmal Mikronährstoff-Spiegel messen, um dann gezielt zu substituieren, statt auf Verdacht zu substituieren?

Die Antwort auf diese Frage lautet, wie so oft, kommt drauf an. Doch worauf? Bevor man darangeht, die Notwendigkeit einer Substitution von Mikronährstoffen an gemessenen Plasmaspiegeln festzumachen, sollte man einen Blick auf die Quelle der pauschalen Aussage werfen, eine Nahrungsergänzung sei generell überflüssig. Dabei wird in der Regel auf die 2008 veröffentlichte Nationale Verzehrstudie II Bezug genommen. Sie kommt zusammengefasst zu dem Schluss, in Deutschland gebe es keinen Mangel an Nährstoffen jedweder Art, weshalb es praktisch keine klinisch manifesten Mangelerkrankungen (Skorbut, Rachitis und andere) gibt. Gemeint ist damit jedoch lediglich, dass es das Nahrungsangebot hierzulande jedem ermöglicht, sich in jeder Hinsicht bedarfsdeckend zu ernähren. Dennoch gelten hier Einschränkungen. Eine Unterversorgung mit bestimmten Mikronährstoffen (zum Beispiel Jod vor allem im Süden, Vitamin D vor allem im Winter) wird sehr wohl konstatiert. Diese erreicht zwar kaum ein Ausmaß, das klar diagnostizierbare Mangelerkrankungen zur Folge hätte, subklinische Defizite (zum Beispiel eine erhöhte Anfälligkeit für Atemwegsinfektionen durch latenten Vitamin-D-Mangel) sind aber keineswegs ausgeschlossen.

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Der zweite Punkt, der bei einer Spiegelmessung berücksichtigt werden muss, ist: Es muss einen validen, messbaren Parameter geben, dessen Vorhandensein- oder Nicht-Vorhandensein auch mit der jeweiligen Symptomatik korreliert. Ein großes Problem besteht darin, dass Mikronährstoffe oft in Kompartimente verschoben werden, in denen sie sich einer Messung nach der Blutabnahme entziehen. Das Prinzip, dass die korrekte Interpretation von Laborwerten ein großes Hintergrundwissen erfordert, das gilt bei der Messung von Vitamin B12. 



Dr. Markus Zieglmeier, Apotheker
redaktion@daz.online


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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