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Mikronährstoff im Porträt: Vitamin B12: 

Bonn - 28.05.2019, 14:00 Uhr

Der menschliche Körper kann Vitamin B12 nicht selber produzieren und ist deshalb auf eine ausreichende Zufuhr angewiesen. Meist gelingt das über die Nahrung (c / Foto: natchas / stock.adobe.com)

Der menschliche Körper kann Vitamin B12 nicht selber produzieren und ist deshalb auf eine ausreichende Zufuhr angewiesen. Meist gelingt das über die Nahrung (c / Foto: natchas / stock.adobe.com)


Das wasserlösliche Vitamin B12, ein Cobalamin, gehört zu den Mitgliedern des B-Komplexes und ist ein wichtiges Vitamin für die Zellteilung, die Herstellung von Erythrozyten und die Funktion des Nervensystems. Der menschliche Körper kann Vitamin B12 nicht selber produzieren und ist deshalb auf eine ausreichende Zufuhr angewiesen. Vitamin B12 kommt vor allem in tierischer Nahrung wie Fleisch (insbesondere Leber), Fisch, Milch und Eiern vor.

Für kaum ein Vitamin legt unser Körper einen so reichhaltigen Speicher an, wie für Vitamin B12. Geschätzte 2.000 bis 4.000 µg Vitamin speichert er. Bei einem Minimalbedarf von etwa 1 µg pro Tag können wir damit die Funktionsfähigkeit des Körpers sehr lange aufrechterhalten. Ein Grund, warum sich die ernsteren Auswirkungen eines VitaminB12-Mangels oft erst nach vielen Jahren zeigen.

Die coenzymatisch aktiven Formen von Vitamin B12 (Cobalamin) sind Methylcobalamin (=Wirkform im Zytosol) und Adenosylcobalamin (=Wirkform in den Mitochondrien). 

Cyanocobalamin: Synthetische, inaktive Vitamin-B12-Form (enthalten in den meisten pharmazeutischen Präparaten und Nahrungsergänzungsmitteln)

Methyl-Cobalamin: Coenzymatisch aktive Form

Hydroxo-Cobalamin: Natürliche Depotform, die neben Cyanocobalamin bei parenteraler Applikation (intramuskulär) eingesetzt wird

Hydroxy-Cobalamin besitzt gegenüber Cyanocobalamin eine stärkere Eiweißbindung und wird nach intramuskulärer Injektion besser retiniert

Funktionen von Vitamin B12

Vitamin B12 ist neben Folsäure und Eisen beteiligt an der Erythropoese, wo durch mitotische Zellteilung/-reifung aus unreifen kernhaltigen Vorstufen im Knochenmark die Erythrozytenbildung erfolgt. Im Intermediärstoffwechsel spielen Vitamin B12-abhängige Methylierungsreaktionen eine zentrale Rolle. Es übernimmt Funktionen bei der DNA Synthese, Zellwachstum und Zellreplikation. Vitamin B12 spielt bei weiteren zahlreichen Stoffwechselreaktionen eine wichtige Rolle: Es ist unter anderem auch am Folsäurestoffwechsel und am Abbau von Fettsäuren beteiligt.

Vitamin B12 wird auch gerne als „Nervenvitamin“ bezeichnet, da es verantwortlich ist für die Produktion der Myelinscheide, welche die Nervenzellen als Membran umgibt. Das Myelin schützt die Zellen und unterstützt die Weiterleitung von Signalen von Zelle zu Zelle.

Ein weiterer Stoffwechselprozess, an dem Vitamin B12 beteiligt ist, ist die Entgiftung von Homocystein.

Homocystein

Homocystein gilt als unabhängiger Risikofaktor für das Auftreten einer Atherosklerose. In Kombination mit anderen Risikofaktoren führen erhöhte Homocystein-Werte synergistisch (zum Beispiel bei gleichzeitiger arterieller Hypertonie) oder additiv (zum Beispiel bei gleichzeitig erhöhtem Cholesterin-Spiegel) zu einem Anstieg des Atherosklerose-Risikos. Bei ungefähr 10 Prozent aller Personen der Allgemeinbevölkerung und bei zirka 30 Prozent aller Patienten mit Gefäßkrankheiten werden erhöhte Werte gemessen.

Ursachen für einen Mangel

Neben einer mangelnden Zufuhr liegt der Grund für einen Vitamin-B12-Mangel oft in einer unzureichenden Aufnahmefähigkeit im Magen-Darm-Trakt. Da die Aufnahme von Vitamin B12 im letzten Dünndarmabschnitt, dem Ileum, stattfindet, kann eine operative Entfernung dieses Abschnitts oder eine chronische Darmerkrankung (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) oder Zöliakie die Aufnahme stören. Auch eine Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori, eine Pankreatitis, chronische Nierenerkrankungen sowie chronische Infektionskrankheiten wie HIV vermindern die Aufnahmefähigkeit von Vitamin B12. Außerdem sind bis zu 40 Prozent der älteren Personen ab dem 65. Lebensjahr von einer atrophischen Gastritis (Symptome: verminderte HCl-, Pepsinogen-, Intrinsic-Faktor-Sekretion) betroffen. Die Folge ist die unzureichende Bioverfügbarkeit von proteingebundenem Vitamin B12. 

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Mangel durch einseitige Ernährung

Vegetarier und Veganer sind häufig von einem B12-Mangel betroffen, da das Vitamin vorwiegend in tierischer Nahrung vorkommt. Im Falle einer veganen oder vegetarischen Ernährung empfiehlt es sich daher ganz besonders, die ausreichende Versorgung des besonderen Vitamins zum Beispiel mit Hilfe von Nahrungsergänzungsmitteln sicherzustellen. Daneben weisen Schwangere, Stillende, Säuglinge, Raucher und Personen mit Hyperthyreose einen erhöhten Bedarf an Vitamin B12 auf.

Interaktionen durch Arzneimittel 

Gewisse Medikamente verringern oder hemmen die Aufnahme von Vitamin B12 im Darm.Es kann zu einer Beeinträchtigung der Resorption kommen oder zu einer Hemmung der intestinalen Freisetzung der proteingebundenen Cobalamine aus der Nahrung. 

Beeinträchtigung der Resorption:

Antiepileptika wie Carbamazepin, Phenytoin, Primidon

Orale Kontrazeptiva

Metformin

Hemmung der intestinalen Freisetzung der proteingebundenen Cobalamine aus der Nahrung

Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol und Pantoprazol

Folgen eines B12-Mangels und wie man ihn behebt

Ein manifester Vitamin B12-Mangel kann sich durch vielerlei Symptome bemerkbar machen.

Allgemeine Mangelsymptome:

  • Appetitlosigkeit
  • Schwäche
  • Leichte Ermüdbarkeit
  • Schwindel
  • Blasse Haut
  • Kurzatmigkeit
  • Schlafstörungen
  • Tinnitus

Mangelsymptome im Blutbild:

  • Zellreifungsstörungen (megaloblastäre Zellen)
  • Leukozytopenie
  • Thrombozytopenie
  • Perniziöse Anämie

Mangelsymptome des Immunsystems:

  • Abwehrschwäche
  • Infektanfälligkeit

Neurologische Mangelsymptome

  • Gefühlsstörungen 
  • Lähmungserscheinungen
  • Ataxie und Gangstörungen

Neuropsychiatrische Mangelsymptome:

  • Gedächtnis und Konzentrationsstörungen
  • Depressive Verstimmung
  • Psychosen

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Substitution bei Vitamin B 12 Mangel

Am schnellsten kann man ein leeres Vitamin B12-Depot mit intramuskulärer oder subkutaner Gabe auffüllen. Alternativ bietet sich bei nachgewiesenem Mangel die perorale Therapie mit hochdosierten B12-(Lutsch)Tabletten oder -Tropfen an.

Empfohlene Tagesdosis bei nachgewiesenem Mangel an Vitamin B12 bei Erkrankungen beziehungsweise Medikamenteneinnahme (Auswahl):

Depressionen: 500 - 2.000 µg

Metformin-Therapie: 100 - 1.000 µg

Neuralgien, Neuropathien: 1.000 µg

PPI-Langzeittherapie: 100 - 1.000 µg

Schlafstörungen: 100 - 1.000 µg

Vitamin B12 Gehalt von Lebensmitteln

Normalerweise werden im menschlichen Körper circa 2 mg Vitamin B12 in der Leber und weitere 2 mg außerhalb der Leber gespeichert. Die empfohlene tägliche Zufuhr der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) liegt bei Erwachsenen bei 4 µg und bei Schwangeren bei 4,5 µg und bei Stillenden bei 5,5 µg.

Wer ein- bis zweimal die Woche Fisch und – in Maßen – qualitativ hochwertiges Fleisch isst, ab und zu ein Frühstücksei zu sich nimmt und täglich Milchprodukte verzehrt, der deckt den Bedarf spielend.

Vitamin B12-Gehalt ausgewählter Lebensmittel pro 100 g essbarer Bestandteile

Fleisch und Fisch [µg]   Vegetarische Lebensmittel [µg]  
Rinderleber 91  Emmentaler  3,1 
Kalbsleber 60 Camembert  2,6
Schweineleber 39 Edamer  1,9 
Rinderniere 33 Hüttenkäse 2,0
Makrele 9 Hühnerei  1,9
Hering 8,5 Speisequark 0,8
Lachs 4,7 Vollmilch 0,4
Thunfisch 4,3 Sahne 0,4 
Lammfleisch 2,7 Joghurt  0,4
Rinderfilet 2,0    
Salami 1,4    
Schweineschinken  0,6    
Putenbrust 0,5    




Lars Peter Frohn, Apotheker, Autor DAZ.online
radaktion@daz.online


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