Nahrungsergänzungsmittel aus Jettingen-Scheppach

St. Martins-Apotheke soll mit „sofortiger Vollziehung“ schließen

Stuttgart - 18.10.2019, 17:45 Uhr

Vor selbst hergestellten Präparaten in blauen Plastikdosen mit Etiketten wie dem abgebildeten warnte das Landratsamt Günzburg im September 2019. (b/Foto: Landratsamt Günzburg)

Vor selbst hergestellten Präparaten in blauen Plastikdosen mit Etiketten wie dem abgebildeten warnte das Landratsamt Günzburg im September 2019. (b/Foto: Landratsamt Günzburg)


Herstellungsbedingungen mit erheblichen Mängeln

Das Landratsamt lässt aber durchklingen, dass es durchaus genügend Beweise habe, die zeigen, dass der betroffene Apothekeninhaber nicht mehr zuverlässig und die Apotheken-Schließung somit gerechtfertigt ist. Wie die Pressestelle beim Polizeipräsidium Schwaben Süd/West im September mitteilte, hatte es bereits im Juli 2019 Durchsuchungen in den drei betroffenen Apotheken und in Privatanwesen durch die Kriminalpolizeiinspektion Neu-Ulm sowie das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) gegeben. Dabei wurden größere Mengen an Ausgangssubstanzen, Verpackungsmaterialien, Endprodukte sowie entsprechende Daten als Beweismittel sichergestellt.

Die Kapseln wurden aufgrund ihrer Dosierung zwar als gesundheitlich bedenklich eingestuft, doch das ist noch Gegenstand des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Der nun veranlasste Entzug der Betriebserlaubnis fällt unter das Verwaltungsrecht und beziehe sich vielmehr auf die vorgefundenen Herstellungsbedingungen als die Arzneimittel selbst, die Inhaltsstoffe der Präparate standen dabei nicht im Vordergrund, sagte der Sprecher des Landratsamts DAZ.online. 

Es gehe um das „Zuverlässigkeitsprinzip“ und die Durchsuchungen zu Hause sowie in den Apotheken hätten ausreichende Mängel ergeben, beispielsweise in punkto Hygiene. Mit Ergebnissen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ist wohl erst im November/Dezember zu rechnen.

Procain: ein Geriatrikum? – Das gibt es nicht!

Konkret ging es bei den Präparaten um Roter Reisschalenextrakt, (Inhalt lt. Deklaration: Roter Reisschalenextrakt 300 mg) und Procain (Inhalt lt. Deklaration: Procain HCl 200 mg, Natriumascorbat ad 400 mg). Gegenüber der Augsburger Allgemeinen gab der beschuldigte Apotheker an, Procain sei früher als Mittel zum Einsatz gekommen, das den Kreislauf anregen soll, also als eine Art „Geriatrikum“. Procain fällt – mit Ausnahmen – aber unter die Verschreibungspflicht und mancher Apotheker wundert sich wahrscheinlich, warum man Procain oral einnehmen sollte. Die orale Einnahme erscheint bei einem Lokalanästhetikum nicht sinnvoll. Procainamid wird hingegen als Antiarrhythmikum der Klasse IA eingesetzt, laut Lauer-Taxe ist es aber nur noch in Ampullen in Spanien im Handel. 

In dem Buch „Mutschler Arzneimittelwirkungen“ (10. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, Seite 727) wird beschrieben, dass man unter Geriatrika Pharmaka versteht, die altersbedingte Beschwerden beseitigen und revitalisieren sollen: „Solche Mittel gibt es nicht“, steht dort aber ganz klar. Dies gelte für Präparate mit Procain genauso wie für solche, die Glutaminsäure, Orotsäure, Vitamine, Mineralsalze oder Kombinationen der genannten Stoffe enthalten. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Apotheker

von Ingrid manhardt am 19.10.2019 um 21:04 Uhr

Ich verstehe das ganze nicht ist doch niemand zu Schaden gekommen.
Ich kann nur dazu sagen hatte im Jahr 2017 depressionen und dann brustkrebs.
Herr lyhs hat mir sehr geholfen und wenn es nur ein Gespräch war.
Ich glaube einfach dass da missgunst dahinter ist und man ihm das nicht Vergönnt dass er so beliebt ist.
Was machen jetzt die Kunden wie ich wo keine geeigneten Medikamente wieder bekommen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Apotheker

von Cornelius Zink am 21.10.2019 um 15:27 Uhr

Sehr geehrte Frau Manhardt,

bisher scheint niemand zu Schaden gekommen zu sein. Allerdings legt der Inhalt des Artikels nahe, dass in den Apothekenräumen scheinbar sehr bedenkliche Zustände vorgefunden wurden. Mit etwas Pech könnten diese dazu führen, dass noch jemand zu Schaden kommt.

Die zuständige Behörde sollte hier natürlich vorsorglich eingreifen und nicht auf einen Schadensfall warten.
Ob Missgunst eine Rolle spielt oder nicht wird am Ende das Gericht bewerten müssen.

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