Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Stuttgart - 20.10.2019, 07:59 Uhr

Das kleine Honorarplus hätten wir schon mal, jetzt kommt nur noch der kleine Rest des Apotheken-Stärkungsgesetzes... ( r / Foto: Andi Dalferth)

Das kleine Honorarplus hätten wir schon mal, jetzt kommt nur noch der kleine Rest des Apotheken-Stärkungsgesetzes... ( r / Foto: Andi Dalferth)


16. Oktober 2019 

Es war einmal eine große Apothekenreform, die unsere Apotheken stärken sollte. Da blitzte anfangs sogar einmal ein Rx-Versandverbot auf, da waren unsere, wenn auch bescheidenen, Honorarverbesserungen drin, außerdem strukturelle Verbesserungen für den Botendienst, für unsere Dienstleistungen, für unsere fachliche Tätigkeiten und sogar Modellvorhaben fürs Impfen in Apotheken. Es war einmal. Die Apothekenreform zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken ist mittlerweile ein zerfleddertes Etwas. Also, Schluss mit der Gesetzesromantik, entscheidend ist, was hinten rauskommt. Unser Honorarplus für den Notdienstfonds und für die BtM-Doku sind in eine Sammelverordnung eingeflossen. Unlängst wurde bekannt, dass das geplante Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken ins Masernschutzgesetz kommen soll. Und jetzt sollen auch noch die geplanten Wiederholungsverordnungen zusammen mit dem Masernschutzgesetz im Bundestag besprochen werden. Ein Grund für das Zerpflücken der Apothekenreform liegt sicher darin, dass die EU-rechtliche Überprüfung des geplanten Boni-Verbots, das ins Sozialgesetzbuch aufgenommen werden soll, Zeit braucht: Die EU-Kommission ist derzeit noch nicht arbeitsfähig, bis alle Posten besetzt sind, kann es dauern. Und offen ist, wie das Ergebnis der Prüfung aussehen wird. Mein liebes Tagebuch, vor diesem Hintergrund ist es nur  sinnvoll, wenn bestimmte Themen aus dem Apothekenstärkungsgesetz ausgegliedert werden, in eigenen Verordnungen landen oder an andere Gesetze angehängt werden – bevor ein negatives Urteil aus Brüssel die gesamte Apothekenreform verzögern oder gar blockieren würde. Da bleibt die Frage: Warum hat man nicht von Anfang das Thema RxVV und Boni-Verbot in ein eigenes Gesetz gepackt und alle anderen apothekenrelevanten Verbesserungen für ein separates Gesetz vorgesehen?

 

Fortschritt kann manchmal dauern und dauern und dauern. Eigentlich sollten alle Apotheken in Deutschland bis Ende September 2020 an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sein, fordert die Bundesregierung. Pustekuchen, so schnell geht das nicht, sagt die ABDA und glaubt, dass dies erst Ende 2020 möglich sein kann. Der Grund: Es fehlt noch immer die entsprechende Soft- und Hardware, die Hersteller könnten noch nicht liefern, und diese sind wiederum von den Vorgaben und Prüfung der Gematik abhängig. Mein liebes Tagebuch, mit ihren Sorgen liegt die ABDA richtig, bei den Herstellern der Hardware (z. B. die Konnektoren) klemmt’s hinten und vorne. Und selbst wenn alle Kästchen und Boxen rechtzeitig da wären, müssten noch Feldtests gemacht werden, ob alles zusammen läuft. Und das dauert. Also, mein liebes Tagebuch, bleiben wir mal gaaaaanz realistisch: Ende September 2020 wird’s nichts, auch nicht Ende Dezember 2020. Wenn alles Ende 2021 richtig rund läuft, können wir zufrieden sein. Das wird die IT-Realität sein.

 


Der nächste Schritt zum PTA-Reformgesetz: Das Bundeskabinett hat sich zur Stellungnahme des Bundesrats geäußert, der zahlreiche Vorschläge zur Änderung des PTA-Reformgesetzes machte. Von den 51 Anträgen des Bundesrates lehnt das Kabinett die meisten ab, aber manchen folgt das Kabinett. So ist man sich z. B. einig, dass das Gesetz erst 2023 statt 2021 in Kraft treten soll. Teilweise stimmt die Regierung auch dem Antrag zu, dass PTA in gewissen Bereichen ohne Aufsicht pharmazeutische Tätigkeiten ausführen dürfen. Und was einen der Knackpunkte der Reform betrifft, nämlich die Ausbildungsdauer (Bundesrat, Adexa und PTA-Verband möchten drei Jahre, die ABDA weiterhin nur zweieinhalb Jahre), so will die Bundesregierung eine Verlängerung auf drei Jahre zumindest mal prüfen. Mein liebes Tagebuch, das kann noch etwas werden in Richtung drei Jahre.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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7 Kommentare

Was nie erwähnt wird

von Karl Friedrich Müller am 21.10.2019 um 9:23 Uhr

Ist, dass die Apotheken vor Ort trotz der schwierigen Liefersituation die Versorgung der Bevölkerung aufrecht erhalten.
Das könnte kein Versender, Herr Spahn, liebe ABDA!
DENEN WÄRE DAS EGAL!

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Marginalien

von Pille Palle am 21.10.2019 um 9:11 Uhr

ja, der Personalmangel. Die Diskussion um die Versender. Die letzten 15 jahre. Unser toller Präsident. Wir haben jetzt die Versorgungslage wie in der ehemaligen DDR. Die Apotheken waren seither als Erfüllungsgehilfen für die Industrie noch gelitten, jetzt ist ein lukrativeres Geschäftsmodell per e Rezept und via Doc Morris viel, viel erfolgversprechender. Nicht unbedingt für die Endverbraucher, aber doch für diejenigen, die dort am shareholder value beteiligt sind. WARUM muss auf Biegen und Brechen das Rx VV verhindert werden? DAMIT DER REIBACH stimmt. Da muss man sich doch als ABDA nicht mit solchen Marginalien wie die Überlebens Chancen kleiner Apotheken herumplagen. Weichgespült die Arie des Gesundheitsminister singen macht viel mehr SPASS und weniger Ärger. Hier Standing zu zeigen wäre so was von kratzbürstig gewesen... kann man als real sozialisierter Bundesbürger auf keinen Fall riskieren!! Lieber 1,4 Millionen Unterschriften und eine e-petition im Keller verrotten lassen als sich den Unmut des Sonnenkönigs zuzuziehen!! auf jeden Fall nicht unangenehm in Erscheinung treten, immer schön mit dem Kopf nicken und immer schön die andere Wange auch noch hin halten, wenn man die erste Backpfeife kassiert hat.

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@ Ströh: Sorry, aber ...

von Gunnar Müller, Detmold am 20.10.2019 um 10:13 Uhr

Falsch, lieber Herr Kollege Ströh ...
Egal ob Landapotheken, Stadtteilapotheken, Centerapotheken, Ärztehausapotheken, Notfalldienstnahe Apotheken etc. :
Allein der Absatz, die Frequenz und damit „die Größe“ macht, ob eine Apotheke gefährdet ist oder nicht (bei ordentlicher Betriebsführung).
Und daran ändern (leider) auch Erhöhungen aus der Gießkanne nix. Im Gegenteil.

Gegen derart strukturelle Veränderungen der Rahmenbedingungen und der Verhältnisse im Apothekensektor, wie sie seit 2004 stattgefunden haben und von der Politik durchgezogen wurden, helfen nur noch strukturelle Gegenmaßnahmen.

Insbesondere die nicht-traditionell arbeitenden Versender aber auch die Großapotheken haben viel zu lange und politisch ungehemmt von gleichen Aufschlägen, ihren Standort-, Kosten- und ihren Einkaufsvorteilen profitieren dürfen.

DAS sollte nun in einem „echten“ VOASG, das diesen Namen dann auch verdient, endlich einmal ausgeglichen werden.

Auch wenn es dem Ihnen verbundenen MVDA möglicherweise nicht schmecken dürfte:
Gegen solche Mechanismen braucht es einen „Plan C“!

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AW: @ Ströh: Sorry, aber

von Friedemann Ahlmeyer am 20.10.2019 um 19:54 Uhr

Lieber Kollege Müller, wie wäre es denn mal statt des Griffes in die Tasche der Kollegen - denn nichts anderes ist Plan C - mit unternehmerischen Handeln? Gute Standorte kann man auch gründen oder erwerben. Ist aber harte Arbeit und birgt Risiken.

AW: @ Friedemann Ahlmeyer

von Anita Peter am 21.10.2019 um 8:42 Uhr

Genau mit der marktwirtschaftlichen Denke wird es zu einer Unterversorgung auf dem Land kommen. Es geht um die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung, und nicht um das Sichern der lukrativsten Standorte. Auch ich muss hart arbeiten und habe Risiken.
Plan C hat was, aber nur wenn Apos unter 50.000 RX Packungen nichts genommen wird.
Ich würde es lieber über einen Strukturfonds lösen. 500 Mio in den Fonds, Verteilung zu gleichen Teilen. Das stärkt nachhaltig die kleinen Apos.

Stärkungsgesetz

von Anita Peter am 20.10.2019 um 9:20 Uhr

Für die 150 Euro mehr im Monat muss ich mir gleich einen guten Anlageberater suchen. Fühl mich dadurch extrem gestärkt, obwohl es nicht mal ansatzweise die Lohnsteigerungen abdeckt.

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Almosen und Rabattspiralen

von Ulrich Ströh am 20.10.2019 um 8:33 Uhr

Wir sollten zwei Dinge ganz nüchtern feststellen:

Landapotheken sind aktuell nicht durch Versender gefährdet,sondern seit 2004
- durch ausgebliebene Honorarerhöhungen -,
von aktuellen Almosen abgesehen...

Rabattspiralen für OTCs von über 50 Prozent in Präsenzapotheken tun ein Übriges, um Politikern die Arbeit leichter zu machen.

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