Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Stuttgart - 20.10.2019, 07:59 Uhr

Das kleine Honorarplus hätten wir schon mal, jetzt kommt nur noch der kleine Rest des Apotheken-Stärkungsgesetzes... ( r / Foto: Andi Dalferth)

Das kleine Honorarplus hätten wir schon mal, jetzt kommt nur noch der kleine Rest des Apotheken-Stärkungsgesetzes... ( r / Foto: Andi Dalferth)


18. Oktober 2019 

Man glaubt es kaum! Halleluja, was lange währt, wird endlich wahr – die Apotheken bekommen eine kleine Aufbesserung des Honorars. Eine Flasche Sekt müssen wir deswegen sicher nicht kaltstellen, Selters reicht. Immerhin, es ist soweit: Am kommenden Montag werden im Bundesgesetzblatt die Änderungen der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung verkündet. Und da steht drin, dass es ab dem 1. Januar 2020 eine höhere Notdienstpauschale gibt (voraussichtlich werden es dann so um 350 Euro pro Nachtdienst sein) und eine bessere Honorierung der BtM-Dokumentation (4,26 Euro für die Doku von BtM- oder T-Rezept). Die beiden Verordnungen wurden glücklicherweise aus dem Apothekenstärkungsgesetz ausgeklammert. Wäre dies nicht passiert, würde diese Honoraranpassung immer noch wegen der Rx-Boni-Verbotsprüfung durch die EU feststecken. Mein liebes Tagebuch, da sind wir ja mal so was von froh, dass die Apotheke ein Stück Heimat ist, wie es Spahn herzerwärmend ausdrückt. Denn mit dem höheren Notdienstzuschlag sollen vor allem Apotheken in strukturschwachen oder ländlichen Gebieten belohnt werden, weil sie öfters Nachtdienst haben. Und diese Apotheken sollen erhalten bleiben, sie sind, ja genau, ein Stück Heimat. Schön, dass die heimatlosen Apotheken in den Städten auch davon profitieren. Mit der Änderungsverordnung werden aber auch die Verbesserungen beim Botendienst eingeführt: Er ist nicht nur im Einzelfall, sondern grundsätzlich auf Kundenwunsch zulässig. Mein liebes Tagebuch, das war schon lange überfällig. Außerdem: Ist die Beratung in der Apotheke oder per Telefon erfolgt, kann die Auslieferung durch weisungsgebundenes Personal der Apotheke (z. B. durch den Fahrer der Apotheke) erfolgen. Ist noch keine Beratung erfolgt oder lag das Rezept noch nicht in der Apotheke vor, muss sich pharmazeutisches Personal auf den Weg machen, um die Arzneimittel auszuliefern. Endlich, endlich, mein liebes Tagebuch, die Anpassung des  Botendienstes war überfällig, jetzt haben wir eine kleine Chance gegenüber dem Versandhandel.

 

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zum Thema Lieferengpässe: „In den Apotheken ist es so schlimm, wie es seit 30 Jahren nicht mehr gewesen ist. Für die Patienten ist es nicht nur schlimm, sondern es wird zunehmend auch gefährlich.“ Das sagte er in einem Interview in der Sendung „Hauptsache gesund“. Im Lauf des Gesprächs wird Schmidt noch deutlicher: „Nein, das ist kein vorübergehendes Geschehen. Marktversagen, Systemversagen liegt dahinter.“ Das Problem liege vor allem im Wettbewerb, angefeuert durch die Politik, um die Preise zu senken: „Das hat gut funktioniert. Es ist wie beim Schrauben: Nach fest kommt ab. Und jetzt ist ab.“ Mein liebes Tagebuch, da hat Schmidt endlich mal Tacheles geredet. Für den sonst eher ruhigen und gesetzt redenden Präsidenten war das schon ein megadeutliches Statement. Endlich! Und zum Engagement seiner Kollegen fügt er hinzu: „Die Apotheken tun was sie können. Es macht uns viel Arbeit und es macht uns keinen Spaß.“ So ist es. Solche Worte hätten schon vor einem halben Jahr oder früher zum Thema Lieferengpässe kommen müssen.

 

Lieferengpässe! Auf der einen Seite die Aussage des ABDA-Präsidenten: In den Apotheken ist es so schlimm wie noch nie. Auf der anderen Seite redet der Verband der Ersatzkassen (vdek) das Thema klein: Lieferengpässe hätten nichts mit den Arzneimittel-Ausschreibungen zu tun. Mein liebes Tagebuch, Mannomann, das vdek-Geschwafel wirkt angesichts der dramatischen Verhältnisse in den Apotheken zynisch. Die Kassen jonglieren mit Zahlen herum und versuchen, die Lage schön zu reden. Und der Gipfel der Aussage: „Tatsächlich helfen die Rabattverträge der Kassen, Lieferengpässe zu verhindern.“ Mein liebes Tagebuch, lasst uns frohlocken und dankbar sein, dass wir Rabattverträge haben, sonst würde Deutschlands Arzneimittelversorgung zusammenbrechen. Nein, nein, nein, wie kann man nur so arrogant argumentieren. Hinter solchen Äußerungen steckt natürlich die Sorge, dass die Politik die von den Herstellern und Apotheker geäußerte Forderung verfolgt, Mehrfachausschreibungen für Rabattverträge vorzuschreiben. Mein liebes Tagebuch, wenn’s die Kassen ernst meinen mit ihrer Sorge um ihre Versicherten, dann sollten sie sich schleunigst eines Besseren besinnen und ihr Rabattunwesen überdenken: Mehrfachausschreibungen sind das Mindeste, was sie dazu beitragen können.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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7 Kommentare

Was nie erwähnt wird

von Karl Friedrich Müller am 21.10.2019 um 9:23 Uhr

Ist, dass die Apotheken vor Ort trotz der schwierigen Liefersituation die Versorgung der Bevölkerung aufrecht erhalten.
Das könnte kein Versender, Herr Spahn, liebe ABDA!
DENEN WÄRE DAS EGAL!

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Marginalien

von Pille Palle am 21.10.2019 um 9:11 Uhr

ja, der Personalmangel. Die Diskussion um die Versender. Die letzten 15 jahre. Unser toller Präsident. Wir haben jetzt die Versorgungslage wie in der ehemaligen DDR. Die Apotheken waren seither als Erfüllungsgehilfen für die Industrie noch gelitten, jetzt ist ein lukrativeres Geschäftsmodell per e Rezept und via Doc Morris viel, viel erfolgversprechender. Nicht unbedingt für die Endverbraucher, aber doch für diejenigen, die dort am shareholder value beteiligt sind. WARUM muss auf Biegen und Brechen das Rx VV verhindert werden? DAMIT DER REIBACH stimmt. Da muss man sich doch als ABDA nicht mit solchen Marginalien wie die Überlebens Chancen kleiner Apotheken herumplagen. Weichgespült die Arie des Gesundheitsminister singen macht viel mehr SPASS und weniger Ärger. Hier Standing zu zeigen wäre so was von kratzbürstig gewesen... kann man als real sozialisierter Bundesbürger auf keinen Fall riskieren!! Lieber 1,4 Millionen Unterschriften und eine e-petition im Keller verrotten lassen als sich den Unmut des Sonnenkönigs zuzuziehen!! auf jeden Fall nicht unangenehm in Erscheinung treten, immer schön mit dem Kopf nicken und immer schön die andere Wange auch noch hin halten, wenn man die erste Backpfeife kassiert hat.

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@ Ströh: Sorry, aber ...

von Gunnar Müller, Detmold am 20.10.2019 um 10:13 Uhr

Falsch, lieber Herr Kollege Ströh ...
Egal ob Landapotheken, Stadtteilapotheken, Centerapotheken, Ärztehausapotheken, Notfalldienstnahe Apotheken etc. :
Allein der Absatz, die Frequenz und damit „die Größe“ macht, ob eine Apotheke gefährdet ist oder nicht (bei ordentlicher Betriebsführung).
Und daran ändern (leider) auch Erhöhungen aus der Gießkanne nix. Im Gegenteil.

Gegen derart strukturelle Veränderungen der Rahmenbedingungen und der Verhältnisse im Apothekensektor, wie sie seit 2004 stattgefunden haben und von der Politik durchgezogen wurden, helfen nur noch strukturelle Gegenmaßnahmen.

Insbesondere die nicht-traditionell arbeitenden Versender aber auch die Großapotheken haben viel zu lange und politisch ungehemmt von gleichen Aufschlägen, ihren Standort-, Kosten- und ihren Einkaufsvorteilen profitieren dürfen.

DAS sollte nun in einem „echten“ VOASG, das diesen Namen dann auch verdient, endlich einmal ausgeglichen werden.

Auch wenn es dem Ihnen verbundenen MVDA möglicherweise nicht schmecken dürfte:
Gegen solche Mechanismen braucht es einen „Plan C“!

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AW: @ Ströh: Sorry, aber

von Friedemann Ahlmeyer am 20.10.2019 um 19:54 Uhr

Lieber Kollege Müller, wie wäre es denn mal statt des Griffes in die Tasche der Kollegen - denn nichts anderes ist Plan C - mit unternehmerischen Handeln? Gute Standorte kann man auch gründen oder erwerben. Ist aber harte Arbeit und birgt Risiken.

AW: @ Friedemann Ahlmeyer

von Anita Peter am 21.10.2019 um 8:42 Uhr

Genau mit der marktwirtschaftlichen Denke wird es zu einer Unterversorgung auf dem Land kommen. Es geht um die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung, und nicht um das Sichern der lukrativsten Standorte. Auch ich muss hart arbeiten und habe Risiken.
Plan C hat was, aber nur wenn Apos unter 50.000 RX Packungen nichts genommen wird.
Ich würde es lieber über einen Strukturfonds lösen. 500 Mio in den Fonds, Verteilung zu gleichen Teilen. Das stärkt nachhaltig die kleinen Apos.

Stärkungsgesetz

von Anita Peter am 20.10.2019 um 9:20 Uhr

Für die 150 Euro mehr im Monat muss ich mir gleich einen guten Anlageberater suchen. Fühl mich dadurch extrem gestärkt, obwohl es nicht mal ansatzweise die Lohnsteigerungen abdeckt.

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Almosen und Rabattspiralen

von Ulrich Ströh am 20.10.2019 um 8:33 Uhr

Wir sollten zwei Dinge ganz nüchtern feststellen:

Landapotheken sind aktuell nicht durch Versender gefährdet,sondern seit 2004
- durch ausgebliebene Honorarerhöhungen -,
von aktuellen Almosen abgesehen...

Rabattspiralen für OTCs von über 50 Prozent in Präsenzapotheken tun ein Übriges, um Politikern die Arbeit leichter zu machen.

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