- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Mein liebes Tagebuch
6. November 2019
Mein liebes Tagebuch, die beiden AOK-Mitarbeiterinnen Sabine Beckmann und Sabine Richard, die vor Kurzem in der AOK-eigenen Zeitschrift „Gesundheit und Gesellschaft“ versuchten, Vorschläge für eine Apothekenreform à la AOK zu formulieren, sorgten für Diskussionsstoff und gelinde gesagt Kopfschütteln. Mit ihrem hohen Lied auf den DocMorris-Arzneimittelautomaten als Versorgungsalternative haben sie sich bei uns nicht allzu beliebt gemacht. DAZ.online fragte nach, wie sie die Sache mit dem Automaten und ihren anderen Vorschlägen, die nahezu allesamt wenig apothekenfreundlich daherkommen, eigentlich gemeint haben. Tja, mein liebes Tagebuch, sagen wir es mal so: So restriktiv wie man ihren Aufsatz in der AOK-Zeitschrift durchaus interpretieren kann, ja muss, wollen sie es nicht gemeint haben. Natürlich sei eine Ausgabestation mit Videoschaltung nicht gleichwertig zu einer Vor-Ort-Apotheke, mäandert Sabine B., aber ein Automat sei aus ihrer Sicht in jedem Fall besser als ein Briefkasten. Mein liebes Tagebuch, was soll daran besser sein? Hat Sabine B. die Funktion einer Rezeptsammelstelle nicht verstanden? Bei einer Videoausgabestation muss der Patient zum Automaten, um seine Arzneimittel zu bekommen, bei einer Rezeptsammelstelle, vulgo Briefkasten, bekommt der Patient seine Arzneimittel persönlich nach Hause geliefert. Sabine B. aber bleibt dabei und sagt wörtlich: „Tatsächlich ist aus unserer Sicht ein Abgabeautomat wie in Hüffenhardt kein Modell für den städtischen Ballungsraum, sondern für die unterversorgte Fläche.“ Also, mein liebes Tagebuch, wenn das kein Votum pro Abgabeautomat ist. Und wenn sie sagt, in ihrem Artikel finde sich kein Beleg dafür, dass sie sich für den Abgabeautomaten eines ausländischen Versenders stark mache, dann müssen wir sie hier auf ihre Anmerkung aufmerksam machen: Über die Video-Beratung könne man sich mit der „Stammapotheke“ (!) in Heerlen verbinden lassen. Mein liebes Tagebuch: In Heerlen hat DocMorris seine Niederlassung, aber keine Apotheke. Da aber sehen Sabine B. und Sabine R. anders. Sie berufen sich dabei rein formal auf die Länderliste des Bundesgesundheitsministeriums: Demnach darf aus den Niederlanden ein Arzneimittelversand nach Deutschland erfolgen, wenn neben der Versandapotheke eine Präsenzapotheke unterhalten wird. Mein liebes Tagebuch, formaljuristisch richtig. Zu dumm nur, dass das keiner offiziell geprüft hat und sichtlich auch nicht prüfen will. DocMorris unterhält dort in Heerlen schlichtweg keine Präsenzapotheke, dort kann man vor Ort nicht in eine Offizin gehen, um ein Rezept einzulösen. Aber das kümmert die beiden AOK-Damen nicht. Ihr Credo: „Wir haben kein Interesse an einer Stärkung des Versandhandels, aber im Sinne der Patientinnen und Patienten an seinem Fortbestehen… Uns liegt die Versorgung der Versicherten am Herzen und nicht die Verbesserung von Marktchancen eines Anbieters oder Marktsegments.“ Und Boni sehen sie ja auch kritisch, denn bei diesen ausgeschütteten Geldern handele es sich schließlich um Mittel der Solidargemeinschaft. Tja, mein liebes Tagebuch, es geht den beiden ja überhaupt nicht darum, die vollversorgenden Apotheken abzulösen, nein, sie möchten doch nur durch Regelungsöffnungen die Möglichkeiten für Präsenzangebote für die Versicherten verbessern. Ach so – dass wir das noch nicht gemerkt haben!
E-Rezept, E-Rezept, E-Rezept – das wird die Revolution der nächsten Monate, der nächsten Jahre für die Apotheke werden. Die Dimension, wie das E-Rezept den Apothekenmarkt verändern wird, lässt sich heute noch kaum abschätzen. Auf alle Fälle: Es wird wirklich eine Revolution auf uns zukommen. Und daher laufen sich schon jede Menge Unternehmen und Organisationen warm: Ein Modellprojekt nach dem andern wird ins Leben gerufen. Jeder will dabei sein und etwas abbekommen vom großen Kuchen. Markus Leyck-Dieken, der Chef der Gematik (das ist die Organisation, die letztlich die Spezifikationen und Spielregeln fürs E-Rezept festlegt) freut sich einerseits über mittlerweile 52 Pilotprojekte zum E-Rezept, denn daraus könne auch die Gematik lernen. Aber, und das fügt er deutlich hinzu: Am Ende zählen die Spezifizierung, die Vorgaben der Gematik – und darauf werden die Anbieter ihre Systeme aufbauen müssen. Tja, mein liebes Tagebuch, und das soll wohl heißen: Lass sie mal machen, am Schluss sagt die Gematik, wo’s lang geht. Und wann stehen die Spielregeln fest? Laut Leyck-Dieken schafft das die Gematik locker bis Ende Juni 2020. Und dann, ja dann werden wohl einige Anbieter kapitulieren, ihre Projekte in die Tonne befördern oder diejenigen, die auf der richtigen Spur sind, fieberhaft arbeiten, um sie so schnell wie möglich in den Markt zu bringen. Das wird noch richtig lustig.
Es gibt schon Apotheken, da kommt nichts mehr in die Tüte. Auf keinen Fall in eine Plastiktüte. Ja, die Abkehr von der Plastiktüte steht für das Umdenken in unserer Wegwerfgesellschaft, für mehr Umweltschutz und Klimaschutz. Die Bundesregierung hat ein Verbot von Plastiktüten auf den Weg gebracht, das Aus kommt. Und wie bringen die Apothekenkunden ihre Arzneimittel und Apothekeneinkäufe nach Hause? Vielleicht lassen sich die Kunden umerziehen und bringen eine Tasche mit! Oder die Apotheken geben Papiertüten aus. Sind die eigentlich umweltfreundlicher? Oder sind die Stoffsäckchen, die Jutebeutel besser? Mein liebes Tagebuch, wie wär’s stilecht mit Täschchen aus Hanf?
Liebes-Ge-Twitter: Unsere frühere Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries gratuliert auf Twitter dem DocMorris-Vorstandsmitglied Max Müller ganz herzlich zum Geburtstag:
Brigitte Zypries: Lieber Max Müller, alles Liebe zum Geburtstag!
Max Müller: Ganz herzlichen Dank!
Ach, mein liebes Tagebuch, ist es nicht immer wieder schön zu erfahren, wie sich Politik und niederländisch-schweizerische Unternehmen verstehen. Da wird einem doch vieles klar.
5 Kommentare
Sehen auch andere so
von Karl Friedrich Müller am 11.11.2019 um 7:00 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Rührend und naiv
von Karl Friedrich Müller am 10.11.2019 um 15:15 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Politik
von Anita Peter am 10.11.2019 um 15:14 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Kein Grund zu Optimismus
von Karl Friedrich Müller am 10.11.2019 um 11:48 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Es wird Zeit…
von Gunnar Müller, Detmold am 10.11.2019 um 9:14 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.