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27. November 2019
Wenn ich Kopfschmerzen habe, bekomme ich Thomapyrin Tension Duo innerhalb von zwei Stunden nach Hause geliefert, verspricht ein Pilotprojekt im Frankfurter Raum. Ich muss es nur auf der Hersteller-Seite von Thomapyrin bestellen, von wo aus die Bestellung dann an eine Apotheke mit Versandhandelserlaubnis weitergeleitet wird. Nee, nee, das ist sie nicht, die schöne neue Online-Welt mit Same-Day-Delivery oder Prime-Zustellung oder was auch immer, die sich hier die die Bestellplattform ProAvO mit BD Rowa und Curacado zusammen mit Sanofi ausgedacht haben. Und so ei Projekt wird uns auch mit Sicherheit nicht zeigen können, wie wir gegen die Riesen-EU-Versender punkten können. Die Vor-Ort-Apotheke spielt bei diesem Projekt nämlich gar nicht die große Rolle als Apotheke, zumal auch ein Logistikdienst (Tiramizoo), bezahlt von Sanofi, involviert sein soll, der die Auslieferung übernimmt und eben nicht der Botendienst der Vor-Ort-Apotheke. Mein liebes Tagebuch, da läuft doch etwas richtig schräg – das kann man doch nur als Kampagne von Sanofi sehen, die einen Weg testen, ihr Produkt in den Markt zu drücken. Für uns Vor-Ort-Apotheken ist ein solches Projekt pillepalle. Da sollte ProAvO doch lieber sagen: Das ist nicht unser Weg.
Interessante Rechnungen mit Blick in die Zukunft, die Frank Diener, Geschäftsführer der Steuerberatung Treuhand, da aufgemacht hat. Seine Prognose für 2020: Große Apotheken werden größer und eher kleinere Apotheken bekommen mehr und mehr Probleme. Und wenn weitere Apotheken schließen, wird im Markt Umsatz frei in der Größenordnung von etwa 200 Mio. Euro, der sich dann auf die übrig bleibenden Apotheken verteilt. Aber, mein liebes Tagebuch, die dürfen sich nicht zu früh freuen, denn dieser Umsatz wird ganz schnell wieder aufgefressen durch einen höheren Wareneinsatz, durch steigende Personalkosten. Diener erwartet „stagnierende Betriebsergebnisse“. Klingt realistisch, mein liebes Tagebuch, zumal noch fünf große Veränderungen anstehen: das E-Rezept, der Botendienst als Regelleistung, telepharmazeutische Beratungen, die automatisierte Arzneimittelabgabe aus der Offizin und der E-Medikationsplan. Diener sieht darin aber keineswegs eine Bedrohung, sondern neue Möglichkeitsbereiche. Mein liebes Tagebuch, mit optimistische Stimmung im Gemüt kann ich ihm da nur zustimmen. Wenn man sich mit seiner Apotheke auf die neuen Möglichkeiten einlässt, ein gutes Konzept dafür entwickelt, die Chancen der Digitalisierung samt E-Rezept und Telepharmazie nutzt, geht’s weiter nach oben. O.K., viele „Wenns“ und alles macht ein bisschen Arbeit, aber so ist das nun mal bei Umbrüchen, wie sie durch die Digitalisierung auf uns zukommen. Ein praxisnahes Beispiel: Apotheker bräuchten in Zukunft einen „virtuellen Arbeitsplatz“, also einen Arbeitsplatz, um mit Kunden digital zu kommunizieren. Und dafür braucht man wiederum geschultes Personal. Und einen entsprechenden Marktauftritt, um dies alles zu kommunizieren. Mein liebes Tagebuch, es wird uns nicht langweilig.
Er ist einer, der kein Blatt vor den Mund nimmt: Jens Dobbert, der Chef der Landesapothekerkammer Brandenburg. Und so hat er auch auf der Kammerversammlung wieder deutliche Worte gegen die Vorgehensweise der ABDA, gegen Äußerungen des ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt gefunden. Zu schaffen macht ihm beispielsweise der Umgang der ABDA mit der Apothekenreform. Dobbert findet, dass sich die ABDA mit Minister Jens Spahn trotz einstimmiger Beschlüsse der Mitgliederversammlung auf eine andere Lösung bei der Apothekenreform geeinigt habe. Eigentlich sollte das geplante Rx-Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch durch die Beibehaltung des „alten“ Rx-Boni-Verbots flankiert werden, aber die Bundesregierung will dieses Verbot streichen. Die Schuld dafür sieht Dobbert bei der ABDA, die den Beschluss der ABDA-Mitgliederversammlung nicht stark genug kommuniziert habe. Dobbert stört sich auch daran, dass Friedemann Schmidt nicht mehr hinter dem Rx-Verbot steht. Der brandenburgische Kammerpräsident ist überzeugt: „Selbst wenn wir mit dem Verbot auf neue Honorare verzichtet hätten, würden wir jetzt besser dastehen, weil so mancher Angriff auf uns ausgeblieben wäre.“ Und Schmidts Rede auf dem Apothekertag hat ihm auch nicht gefallen, zu philosophisch. Mein liebes Tagebuch, stattdessen darf Dobbert auf seine neue Landesregierung hoffen: Die hat nämlich in den Koalitionsvertrag aufgenommen, die Schaffung eines Pharmaziestudienganges in Brandenburg zu prüfen. Und dann sehen wir einen Dobbert im Glück.
15 Kommentare
Richtige Fragen aufgeworfen!
von Elisabeth Thesing-Bleck am 02.12.2019 um 8:31 Uhr
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Lösungskonzept erarbeiten, um Benachrichtigung zu beseitigen
von Elisabeth Thesing-Bleck am 01.12.2019 um 18:09 Uhr
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AW: Lösungskonzept erarbeiten, um
von Karl Friedrich Müller am 01.12.2019 um 19:06 Uhr
AW: "Benachteiligung beseitigen": Ja warum eigentlich nicht?
von Wolfgang Müller am 01.12.2019 um 23:25 Uhr
AW: Lösungskonzept erarbeiten
von Dr. Radman am 01.12.2019 um 23:28 Uhr
Grundgesetz, Verfassung, Einigkeit und Recht und Freiheit; LmaA = Lächle mehr als Andere
von Bernd Jas am 01.12.2019 um 17:04 Uhr
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Anbindung von DocMorris an die TI
von Karl Friedrich Müller am 01.12.2019 um 13:56 Uhr
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Republik DocMo
von Dr. Radman am 01.12.2019 um 13:03 Uhr
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Strafzahlungen aufgrund von Nichtverfügbarkeit
von Uwe Hüsgen am 01.12.2019 um 11:28 Uhr
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Lauter Stuss
von Karl Friedrich Müller am 01.12.2019 um 10:21 Uhr
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AW: Lauter Stuss
von Karl Friedrich Müller am 01.12.2019 um 11:36 Uhr
Sonderregelung im grenzüberschreitenden Gewerbegebiet Avantis
von Elisabeth Thesing-Bleck am 01.12.2019 um 9:06 Uhr
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AW: Sonderregelung
von Hermann Eiken am 01.12.2019 um 9:54 Uhr
Alles wird anders !
von Ulrich Ströh am 01.12.2019 um 8:46 Uhr
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AW: Alles wird anders
von Anita Peter am 01.12.2019 um 9:02 Uhr
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