Misoprostol in Cytotec – Teil 2

Geburtseinleitung nach Leitlinie – nicht möglich?

Stuttgart - 18.02.2020, 11:30 Uhr

Die Geburt kann für viele Frauen zur Grenzerfahrung werden. Diskussionen in diesem Themenfeld werden häufig auch emotional geführt. ( r / Foto: Gorodenkoff / stock.adobe.com)

Die Geburt kann für viele Frauen zur Grenzerfahrung werden. Diskussionen in diesem Themenfeld werden häufig auch emotional geführt. ( r / Foto: Gorodenkoff / stock.adobe.com)


Misoprostol auf der Liste der essentiellen Medikamente der WHO

Eine der aktuellsten Informationen zur Geburtseinleitung unter Misoprostol bzw. Cytotec (vor den aktuellen Stellungnahmen zu den Medienberichten) findet man im Internet von der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Im „Expertenbrief No 63“ vom 31. Juli 2019 mit dem Titel „Misoprostol zur Geburtseinleitung“, wird schnell deutlich, dass am Wirkstoff Misoprostol in der Geburtshilfe laut Experten nichts auszusetzen ist. So wird auch dort – wie in Deutschland – auf die Marktrücknahme des Vaginalinserts Misodel von Ferring im Herbst 2019 verwiesen, allerdings heißt es dort, dass es „gemäß Swissmedic bis zum Ablaufdatum 2021 noch verwendet werden“ kann. 

Auch Cytotec ist demnach in der Schweiz nur für die „Magen-Indikation“ zugelassen und ist dort aufgrund seiner stark kontraktilen Wirkung auf den Uterus für Schwangere kontraindiziert. Allerdings habe die Swissmedic den therapeutischen Einsatz in der Geburtshilfe seit Jahren anerkannt „und z.B. im Zusammenhang mit 1. Trimester Schwangerschaftsabbrüchen Misoprostol als akzeptiertes Einleitungsmedikament zugelassen (Beipackzettel Mifegyne)“. 

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Dem Expertenbrief ist außerdem zu entnehmen, dass die WHO Misoprostol „aufgrund des guten Wirkungs-Nebenwirkungsprofils bei geburtshilflichem Einsatz, der guten Haltbarkeit bei Zimmertemperatur und der niedrigen Kosten und damit guten Verfügbarkeit auf die Liste der essentiellen Medikamente gesetzt“ hat.

Fehlender Nachweis der Sicherheit?

Und auch laut dem Expertenbrief könnte Misoprostol sogar Vorteile gegenüber den bisher zur Geburtseinleitung zugelassenen Prostaglandinen haben: Es sei in zahlreichen randomisierten Studien mit über 30.000 eingeschlossenen Schwangeren mit Prostaglandin E2 verglichen und als etwas effizienter (höhere Rate an vaginalen Geburten, geringere Sektiorate) befunden worden. Im Gegensatz zum Prostaglandin E2 habe Misoprostol keine bronchokonstriktorische Wirkung und könne bei Patientinnen mit Asthma angewendet werden.

Allerdings wird auch darauf verwiesen, dass die behördliche Zulassung des Misoprostol-Präparats Angusta, dass beispielsweise in Frankreich zugelassen ist, stark eingeschränkt ist: „Es darf ausschließlich oral verwendet werden in einer Dosierung von 25 µg alle 2 Std. oder 50 µg alle 4 Std (max. 200 µg in 24 Std), nur in der Klinik, und nur wenn andere Einleitungsmethoden nicht zur Verfügung stehen. Begründet wird die starke Restriktion in Frankreich durch den fehlenden Nachweis der Sicherheit von Angusta 25 µg (alle klinischen Daten stammen von Cytotec oder anderen Misoprostol-Präparaten) im Vergleich zu den zugelassenen Prostaglandin E2 Präparaten Propess und Prostin.“ Die Bioäquivalenz mit Cytotec sei nie nachgewiesen worden.

Das Fazit des Expertenbriefs lautet schließlich: Misoprostol „ist etwas wirksamer bei weitgehend identischem Risikoprofil und besserer Wirtschaftlichkeit.“



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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