Interview mit GKV-Vorstand Stefanie Stoff-Ahnis

„Der Versandhandel ist kein ‚Fremdkörper'“

Berlin - 06.05.2020, 07:00 Uhr

Stefanie Stoff-Ahnis ist seit Juli 2019 Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbandes. Ein mündliches Interview mit DAZ.online wollte sie nicht führen, lieferte stattdessen schriftliche Antworten, in denen sie neue Vertriebsformen im Apothekenmarkt fordert. Kritische Nachfragen wurden nicht zugelassen. (Foto: imago images / Friedel)

Stefanie Stoff-Ahnis ist seit Juli 2019 Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbandes. Ein mündliches Interview mit DAZ.online wollte sie nicht führen, lieferte stattdessen schriftliche Antworten, in denen sie neue Vertriebsformen im Apothekenmarkt fordert. Kritische Nachfragen wurden nicht zugelassen. (Foto: imago images / Friedel)


Stoff-Ahnis: Kleinere Apotheken könnten auf Rezepturen

DAZ.online: Welche strukturellen Änderungen wünschen Sie sich denn im Apothekenmarkt?

Stoff-Ahnis: Aufgabe von Apothekerinnen und Apothekern ist es, Menschen pharmazeutisch zu beraten und sie mit Arzneimitteln zu versorgen. Das ist das Ziel. Darauf müssen die Marktregulierungen ausgerichtet sein. Sofern eine Regelung keinen Nutzen für die Arzneimittelversorgung hat, sollte sie hinterfragt werden. Ich denke da z. B. an die technischen Anforderungen an Apotheken, um Rezepturen herzustellen. Derzeit muss jede Apotheke diese technischen Voraussetzungen besitzen, um Rezepturen zu produzieren – egal, ob diese Leistungen erbracht werden oder nicht. Keine Einbuße für die Versorgung wäre es, wenn Apotheken nur noch absichern müssen, dass innerhalb einer angemessenen Zeit jede patientenindividuelle Rezeptur beschafft werden kann. Kleinere Apotheken könnten dann auf die individuelle Ausstattung für einen schlecht ausgelasteten Technikbereich verzichten und gemeinsame Labore betreiben. Dort könnten patientenindividuelle Rezepturen u. U. mit geringerem Aufwand und vielleicht sogar in besserer Qualität hergestellt werden. Außerdem würden die Fixkosten für die Apotheken sinken bei gleichbleibender – ja vielleicht sogar besserer – Versorgung der Patientinnen und Patienten. Meines Erachtens eine Win-Win-Situation.

DAZ.online: Was macht dann der Patient, der in eine solche, verkleinerte Apotheke kommt und sieht, dass seine gewünschte Rezeptur dort nicht hergestellt wird? Muss er oder sie dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ins nächste Dorf fahren?

Stoff-Ahnis: XXX

DAZ.online: Kommen wir zum Thema Versandhandel. Wie sind die Apotheker aus Ihrer Sicht im Wettbewerb mit dem Versand aufgestellt? Sollten die Vor-Ort-Apotheken ihr Angebot aus Ihrer Sicht umstrukturieren, damit sie mit dem Versand mithalten können?

Stoff-Ahnis: Betrachtet man die Anbieterseite lässt sich feststellen, der Versandhandel von Arzneimitteln wird nicht nur aus dem Ausland betrieben. Auch deutsche Vor-Ort-Apotheken sind dabei. Er ist also kein „Fremdkörper“, sondern Teil des Geschäftsmodells von Vor-Ort-Apotheken, die diesen Weg als wirtschaftliche Chance für sich identifiziert haben. Zugleich hat der Versandhandel mit etwa einem Prozent nur einen kleinen Anteil am gesamten GKV-Arzneimittel-Umsatz. Unserer Analyse nach ist er auch nicht durch das recht offensive Werben für Boni substantiell gewachsen. Schaut man andererseits danach, welchen Versorgungsweg die Bevölkerung nutzt, ist der Versandhandel bei Arzneimitteln neben der Vor-Ort-Apotheke nicht mehr wegzudenken. Menschen entscheiden sich für die Option, die ihrer Lebenssituation am ehesten entspricht.

Und diese Ausrichtung an den Patientenbedürfnissen muss natürlich auch die Maßgabe für die Vor-Ort-Apotheke sein. Ich bin mir sicher, dass Botendienste sowie auch die – leider sehr eingeschränkte – Versorgung durch Abgabestellen, die Attraktivität der Vor-Ort-Apotheke stärken werden. Neue Geschäftsmodelle sind keine Bedrohung, sondern eine Chance für Apotheken.

Zur Person

Stefanie Stoff-Ahnis ist gebürtige Brandenburgerin und wurde 1976 geboren. Zwischen 1995 und 2000 studierte sie an der HU Berlin Rechtswissenschaften. Anschließend arbeitete sie zwischen 2004 und 2006 für die Gesellschaft für medizinische Intensivpflege, bevor sie für etwa ein Jahr zum Bundesverband privater Anbieter ambulanter Dienstleistungen nach Magdeburg ging. Noch 2006 wechselte Stoff-Ahnis dann aber erstmals ins Kassenlager, zur AOK Nordost, wo sie bis 2010 im Bereich Hilfsmittelversorgung unterwegs war. Es folgte ein Aufstieg innerhalb der AOK Nordost: Nach 2010 war sie in leitender Position für „Sonstige Leistungserbringer“ zuständig, zwischen 2016 war Stoff-Ahnis dann Mitglied der Geschäftsleitung, zuständig für alle Versorgungsthemen, bis sie im Juli 2019 zum GKV-SV wechselte.

DAZ.online: Das könnte sich sehr schnell ändern. Die großen, Konzern-betriebenen Versender wollen den Anteil am Rx-Markt massiv ausbauen mit dem E-Rezept. Das hätte zwangsweise zur Folge, dass Apotheken mit weniger Umsatz zu rechnen hätten und ggf. schließen müssten. Kann das im Interesse der Krankenkassen sein?

Stoff-Ahnis: XXX

DAZ.online: Warum gehen Sie davon aus, dass der Versandhandel gerade in unterversorgten Regionen eine wichtige Rolle spielen kann?

Stoff-Ahnis: Wirklich unterversorgte Regionen haben wir zum Glück nicht, meines Wissens nach wird in Deutschland keine Notapotheke in einer unterversorgten Region betrieben. Allerdings ist es schon so, dass es Regionen mit geringerer Apothekendichte gibt, in denen Patientinnen und Patienten ggf. weitere Wege in Kauf nehmen müssen. Das ist für Berufstätige bisweilen schwer zu stemmen. Hier ist der Versandhandel, der Arzneimittel an die Haus- oder Wohnungstür liefert, eine Alternative. Aber auch Rezeptsammelstellen, Botendienste, die bereits angesprochenen Abgabeautomaten oder weitere innovative Versorgungsformen wären geeignet, lange Wege zu verkürzen. Es muss also nicht unbedingt der Versandhandel sein, sehr wohl brauchen wir aber passgenaue, flexible Versorgungsformen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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13 Kommentare

Kehren neue Besen wirklich besser?

von Heiko Barz am 06.05.2020 um 20:41 Uhr

Wenn ich mir vorstelle, wie lange sich diese Dame der GKV Zeit genommen hat, sich den Deutschen Apothekern zu stellen. Zwar ist der Fragekatalog des Herrn Rohrer kurzfristig gestellt, aber diese Fragen hätten im Wortlaut auch schon vor einem Jahr in gleicher Art gesetzt werden können. So muß ich pragmatisch davon ausgehen, dass sie ein Jahr lang im Hintergrung instruiert werden mußte, diese heutigen Antworten geben zu „können“. Dabei bist noch zu beachten, dass sie teilweise bei wichtigen Existenzfragen zur Deutschen Apotheke jede Desorientierung offenbarte. Die pflichtversicherten Protagonisten tun mir leid!

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AW: Kehren neue Besen wirklich besser ...

von Christian Timme am 07.05.2020 um 10:09 Uhr

... Alte Besen wissen ... wo der Dreck liegt ...

Miteinander reden

von Hubert Kaps am 06.05.2020 um 12:44 Uhr

Schade, die Dame ist doch eigentlich in einem Alter, in dem man gelernt haben sollte, wie sinnvoll es ist, miteinander statt übereinander zu reden. Vielleicht hat sie ja die Zeit, zu einem Apothekertag zu kommen. Es besteht dringendsder Bedarf für einen Argumentationsaustausch.

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Nach 300 Tagen nur 75% ... sieht nach Lieferengpass aus ...

von Christian Timme am 06.05.2020 um 11:22 Uhr

Offensichtlich schließt sich der Kreis ... das Verursacherprinzip feiert seine Auferstehung in zweifacher Gestalt. Beide Kontrahenden haben jetzt die Wahl ... mit oder ohne Corona ... viele Fragen bleiben unbeantwortet ... die Zeit vergeht ungenutzt ... der Patient darf schweigen ... unten wird gestorben .. oben diskutiert ... wie lange noch?

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Beitragstransfer ins Ausland

von RB am 06.05.2020 um 11:03 Uhr

Mich wundert, dass nicht ein aktuell sehr stichhaltiges Argument stets außen vor bleibt:

Warum wird nicht ein Riegel vorgeschoben, dass in immer höherem Ausmass in Deutschland erwirtschaftete und anfallende Sozialbeiträge (Mitgliedsbeiträge der Krankenkassen) durch den Versandhandel via NL ins Ausland und in die Taschen ausländischer Kapitalgesellschaften transferiert werden?

Angesichts der aktuellen Krisensituation sollten wir überlegen, wie lange wir uns so etwas noch leisten können.

Stichwort: Höhere Ausgaben der kranken Kassen (Kosten für Coronatests und Intensivbehandlungen, später für Medikamente und Impfstoffe gegen Corona, dem gegenüber geringere Kasseneinnahmen wegen Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit)

Vom Wegfall der diversen Steuern vor Ort ganz zu schweigen ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Löschung durch die Daz

von Conny am 06.05.2020 um 10:35 Uhr

Das war ein Kompliment. Was Sie da jetzt rein interpretiert haben ist unglaublich ! Aber natürlich die Wahrheit :)

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Löschung durch die Daz

von G. Schultheiss am 06.05.2020 um 15:33 Uhr

Wie lange hat DAZ.online eigentlich noch mit Connys unsäglichen und argumentsationsfreien Ein-bis-zwei-Zeilen-Beleidigungen Geduld? Einfach nur peinlich die Dame/der Herr..

Dieser Kommentar wurde von der Redaktion aufgrund eines Verstoßes gegen die allgemeinen Verhaltensregeln gelöscht.

Neue Konzepte

von Anita Peter am 06.05.2020 um 9:07 Uhr

Ich fordere auch ein neues Konzept für die GKV. Verschlankung auf maximal 5 Kassen und Zulassung ausländischer Versicherer, die sich nicht an deutsches Recht halten müssen.

Es lassen sich Miliarden einsparen!

» Auf diesen Kommentar antworten | 4 Antworten

AW: Neue Konzepte

von Wolf am 06.05.2020 um 11:11 Uhr

Dann können wir auch die Straßenverkehrsordnung für Ausländer aufheben und diese müssen sich nicht mehr nach deutschem Recht richten. Der Vorschlag von Frau Anita Peter ist unglaublich.

AW: Einsparungen

von Mathias Mallach am 06.05.2020 um 11:36 Uhr

Liebe Frau Kollegin !

Es wird doch schon soviel bei den Kassen eingespart - Kompetenz, Weitsicht, Empathie, Integrität, Loyalität, Gemeinschaftssinn, Logik, Mitleid, Bescheidenheit, Uneigennützigkeit, ... - sollen die jetzt auch noch an den finanziellen Ausgaben sparen ???

AW: Es ist Falsch und Lüge!

von Thomas Brongkoll am 06.05.2020 um 12:21 Uhr

Nicht weniger kranke Kassen sind die Heilung , sondern viele! Dadurch ist die Zerschlagung der unsäglichen Macht möglich, divide et impera!
Es war noch nie die Intention der Kassen, die Versorgung der Patienten zu Verbessern! siehe Inko-Versorgung, siehe Belieferung mit Inhalationsgeräten!

AW: Neue Konzepte

von pille62 am 06.05.2020 um 13:59 Uhr

genau das ist der eigentliche Skandal!
Ich darf mir auf Kasse im europäischen Ausland die Zähne machen lassen und meine Arzneimittel bestellen, aber zur Sicherung der Pfründe inländischer Kassenfürsten nicht im Ausland gegen Krankeheit versichern.
Klare Ausländerdiskremenierung durchEinschränkung des Bezuges von Dienstleistungen und die Arbeitgeber spielen schön mit und sitzen in den Gremien der gesetzlichen Krankenversicherung.

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