Telemedizin-Anbieter will Offizinen wieder anbinden

TeleClinic launcht eigenes Apotheken-Portal

Berlin - 27.10.2020, 16:45 Uhr

TeleClinic-Chefin Katharina Jünger setzt weiterhin auf eine Zusammenarbeit mit Apotheken vor Ort. (Foto: TeleClinic)

TeleClinic-Chefin Katharina Jünger setzt weiterhin auf eine Zusammenarbeit mit Apotheken vor Ort. (Foto: TeleClinic)


Nach dem Ende der Zusammenarbeit mit apotheken.de bringt die TeleClinic jetzt ein eigenes Apothekenportal an den Start, über das die Betriebe die digitalen Rezepte empfangen können sollen. Hintergrund ist offenbar, dass viele Apotheker skeptisch waren, ob die Belieferung der per Fax oder E-Mail versandten Verordnungen rechtlich erlaubt ist. Zudem steht TeleClinic unter Druck, weil Beobachter daran zweifeln, dass nach dem Kauf des Unternehmens durch Zur Rose die freie Apothekenwahl nach wie vor gewahrt ist.

Der Telemedizin-Anbieter TeleClinic kämpft um die Belieferung der von den angebundenen Ärzten ausgestellten Rezepte durch öffentliche Apotheken. Nachdem apotheken.de die Zusammenarbeit im Juli 2020 umgehend beendete, weil die DocMorris-Mutter Zur Rose die TeleClinic gekauft hatte, stand das Unternehmen von Gründerin Katharina Jünger ohne Anbindung an die Offizinen da. Lediglich eine Apotheke mit Versandhandelserlaubnis und Sitz nahe Stuttgart, die einen individuellen Vertrag mit TeleClinic geschlossen hatte, konnte die Rezepte noch beliefern.

Nicht nur dieser Umstand warf die Frage auf, ob das Konstrukt die freie Apothekenwahl untergräbt: Die AG Gesundheit der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag sah zudem die Vereinigung eines Telemedizin-Anbieters und eines Arzneimittelversenders unter einem wirtschaftlichen Dach mit Argwohn. Sie bat das Bundesministerium für Gesundheit, den Sachverhalt zu prüfen. Das Haus von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte daraufhin zwar den Stellenwert der strikten Trennung von Arzt und Apotheke, wies aber auch darauf hin, dass es die gesetzlichen Regelungen zum erweiterten Zuweisungsverbot sowie zum Makelverbot, die inzwischen in Kraft getreten sind, für ausreichend hält. Akuten Handlungsbedarf konnte das Ministerium nicht feststellen.

Die TeleClinic sah sich derweil jedoch mit einigen Problemen konfrontiert: Die deutschen Apotheker hatten offenbar reihenweise Zweifel, ob sie die Rezepte, die per Fax oder E-Mail in ihren Betrieben eintrafen, tatsächlich beliefern dürfen. Manche von ihnen verweigerten die Abgabe der verordneten Medikamente. Das will TeleClinic jetzt ändern und launcht zu diesem Zweck ein neues Portal. Darüber informiert das Unternehmen in einer am Dienstag veröffentlichten Pressemitteilung.

Und so soll die Rezepteinlösung laut TeleClinic künftig funktionieren: Nach der Online-Behandlung stellt der Arzt des TeleClinic-Netzwerks ein Privatrezept aus und versieht es mit seiner digitalen Unterschrift. Der Patient entscheidet dann, wo er das Rezept einlösen möchte – also ob in einer Vor-Ort- oder einer Versandapotheke. Wählt er die Abholung in einer Vor-Ort-Apotheke, werde das Rezept unmittelbar in der App angezeigt, heißt es in der Pressemitteilung. Im nächsten Schritt kann der Patient eine teilnehmende Apotheke in seiner Nähe auswählen. Ist das Medikament hier zur Abholung bereit, wird er informiert.

TeleClinic erinnert an Kontrahierungszwang

„Um den Apothekern die Einlösung des digitalen Rezepts so einfach wie möglich zu machen, hat TeleClinic einen schlanken Prozess zur Zusammenarbeit aufgesetzt“, heißt es weiter in der Mitteilung. „Ein TeleClinic-Mitarbeiter informiert die vom Patienten gewünschte Apotheke darüber, dass ein neues Rezept eingelöst werden soll – den Kommunikationskanal hat die Apotheke zuvor selbst bestimmt. Ein Sicherheitslink führt zum Apotheken-Portal von TeleClinic, hier sind alle relevanten Informationen zusammengefasst. Durch eine einfache Bestätigung kann das Rezept von der Apotheke angenommen werden.“

Ganz ohne Druck im Hintergrund kommt dieses vermeintliche Friedensangebot jedoch nicht daher: Auf der Website pocht TeleClinic auf den Kontrahierungszwang für die Apotheken. In den FAQs für Apotheken schreibt das Unternehmen zu der Frage, ob die Offizinen die eingehenden Rezepte beliefern dürfen:


Ja, denn der Prozess der TeleClinic entspricht den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Verordnung und Einlösung von elektronischen Privatrezepten. Aufgrund des Kontrahierungszwangs gemäß § 17 Abs. 4 ApoBetrO sind Apotheken sogar verpflichtet, die durch TeleClinic übermittelten elektronischen Privatrezepte anzunehmen und für die Patienten einzulösen. (…)"

Teleclinic.com


Und wer nicht mitmacht, riskiert offenbar einen Eintrag ins Klassenbuch. Auf Nachfrage von DAZ.online teilt TeleClinic-Gründerin und -Geschäftsführerin Katharina Jünger mit: „Will ein Apotheker das Rezept, das ein Arzt bei einer Behandlung über TeleClinic erstellt hat, nicht einlösen, dann informieren wir unseren Patienten darüber und vermerken dies bei uns intern. Sobald eine Apotheke für sich entschieden hat, Rezepte von uns anzunehmen, freuen wir uns und ändern den Vermerk intern entsprechend.“ Man sei grundsätzlich daran interessiert, mit allen Apotheken zusammenzuarbeiten und wolle niemanden ausschließen. „Wir akzeptieren jedoch die Entscheidung der Apotheker, die das nicht möchten“, betont Jünger. Rechtliche Schritte gegen Apotheken, die sich dem laut TeleClinic bestehenden Kontrahierungszwang widersetzen, seien nicht geplant.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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