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10. November 2020
Vermutlich fallen die Weihnachtsfeiern in Apotheken aus, verständlich – und richtig. Was aber auf keinen Fall ausfallen darf: die Wertschätzung der Mitarbeiter:innen. Und wenn diese Wertschätzung durch einen Corona-Bonus unterstützt wird, dann kann man als Apothekeninhaber:in seinen Mitarbeiter:innen zeigen: Danke, danke für die Mitarbeit in schwierigen Zeiten. Eine Umfrage der Apothekengewerkschaft Adexa zeigt allerdings, dass nur die wenigsten der Apothekenangestellten, die sich an der Umfrage beteiligten, eine Bonuszahlung bekommen haben. Aber, mein liebes Tagebuch, das Jahr ist noch nicht um, vielleicht gibt sich der eine oder die andere Apotheker:in noch einen kleinen Ruck. Was die Umfrage auch zutage brachte: Sogar selbstverständliche Dinge, wie von der Apothekenleitung gestellte und bezahlte Masken, waren nicht überall umgesetzt. Sollte das nicht eine Selbstverständlichkeit sein?
Ja, der Bundesgesundheitsminister darf das, das Infektionsschutzgesetz erlaubt es ihm: Er darf bestimmen, welche Zuschläge Apotheken und Pharma-Großhändler auf die Abgabe von Corona-Antigentests erheben dürfen. Und mit der kommenden SARS-CoV-2-PoC-Antigentest-Preisverordnung (ein herrliches Wort!) will er festsetzen, dass Apos und Großhändler hierfür nur noch einen Festzuschlag von jeweils 40 Cent plus Umsatzsteuer je Test erheben dürfen. Also, es geht um die Abgabe von Corona-Antigentests zur patientennahen Anwendung zum direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 (Point-of-Care-Tests, PoC). Derzeit greift für diese Tests beziehungsweise Medizinprodukte nämlich keine Preisregulierung. Letztlich geht es dem Minister also darum, dass diese Tests auch in Zukunft bezahlbar bleiben. Aber, mein liebes Tagebuch, wie soll das praktisch gehen? Die ABDA weist in ihrer Stellungnahme zurecht darauf hin, dass die Apotheken und andere Leistungserbringer auf angemessene Einkaufspreise angewiesen sind. Und sie macht darauf aufmerksam: Für die Hersteller von solchen Tests gibt es keine Pflicht, einen einheitlichen Herstellerabgabepreis sicherzustellen. Also sollte der Verordnungstext auch klarstellen, dass die Aufschläge auf den „tatsächlichen Abgabepreis des Herstellers“ zu erheben sind. Für die Bestellungen, die von Apotheken getätigt werden, sollte außerdem sichergestellt sein, dass bei einem Direktbezug der Aufschlag für Großhandel und Apotheke zusammengerechnet wird, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Und schließlich sei ein Aufschlag von 40 Cent pro Test zu niedrig, fordert die ABDA, es sollten 60 Cent sein. Mein liebes Tagebuch, durchaus vernünftige Vorschläge, jetzt wird’s spannend, was davon in den Verordnungsentwurf fließt. Fraglich, ob sich die Hersteller solcher Tests den Preisfestlegungen beugen. Und Einrichtungen, die solche PoC-Antigen-Tests in großen Mengen kaufen, wie z. B. Krankenhauskonzerne oder Heimträger, wollen doch auch weiterhin die Tests im Direktbezug erwerben – zu ganz anderen Konditionen.
Viele AvP-geschädigte Apothekeninhaber akzeptieren nicht, dass sie wie gewöhnliche Gläubiger in einem Insolvenzverfahren behandelt werden. Sie sehen die Verantwortung beim Staat, denn letztlich geht es um Gelder aus der Solidargemeinschaft – die Apotheken sollten das Ausfallrisiko eines Rechenzentrums nicht alleine schultern müssen. Mein liebes Tagebuch, leider sieht dies die Bundesregierung anders. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium Sarah Ryglewski (SPD) stellt in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler klar, dass es für Apotheken keine gesetzlichen Verpflichtungen gebe, die Dienste einer Abrechnungsstelle in Anspruch zu nehmen. Ups, mein liebes Tagebuch, das mag formal wohl zutreffen, aber da macht es sich unsere Bundesregierung sehr einfach, zu einfach. Schäffler möchte, dass das Verhalten der Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin untersucht wird. Er fordert politische Konsequenzen auch in Richtung des Bundesfinanzministers Olaf Scholz und dem Chef der BaFin Felix Hufeld. Schäffler: „Herr Scholz und Herr Hufeld müssen sich fragen, ob sie ihren Laden noch im Griff haben.“ Mein liebes Tagebuch, der AvP-Skandal zieht weitere Kreise.
Zum großen Freuen ist es noch viel zu früh, aber ein bisschen mehr Hoffnung dürfen die AvP-geschädigten Apotheken haben: Es gibt, bei aller Vorsicht von Prognosen, Aussicht auf eine außergewöhnlich hohe Quote am Ende des Insolvenzverfahren. Das geht aus einem nicht-öffentlichen Gutachten von Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos hervor, das DAZ.online vorliegt. Rein rechnerisch könnte man mit einer Insolvenzquote von bis zu 90 Prozent rechnen. Klingt gut, mein liebes Tagebuch, aber bitte Vorsicht, es gibt bei den Positionen der Vermögenswerte und Forderungen der AvP auch unsichere Kandidaten, z. B. die Forderungen aus Rabattverfall gegenüber den Krankenkassen. Also wir müssen weiterhin abwarten, was unterm Strich tatsächlich übrig bleibt. Und wenn Sie „Rabattverfall“ bisher noch nicht gelesen oder gehört haben: Lesen Sie bitte den Tagebuch-Eintrag weiter unten, vom 13. November.
26 Kommentare
Absurdistan
von PiPaPo am 17.11.2020 um 9:12 Uhr
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Spahn und die Gematik
von Karl Friedrich Müller am 16.11.2020 um 8:51 Uhr
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Bonus
von Thomas Kerlag am 16.11.2020 um 7:09 Uhr
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Mund-NaseN-Bedeckung
von K. Stülcken am 15.11.2020 um 15:41 Uhr
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AW: Mund-NaseN-Bedeckung
von Dr. House am 15.11.2020 um 16:09 Uhr
Systemrelevante Flüsterer
von Bernd Jas am 15.11.2020 um 13:00 Uhr
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Resultate zählen
von Ulrich Ströh am 15.11.2020 um 9:04 Uhr
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AW: Resultate zählen
von Dr.Diefenbach am 15.11.2020 um 11:05 Uhr
Dissen erwünscht?
von Karl Friedrich Müller am 15.11.2020 um 9:03 Uhr
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AW: Dissen erwünscht
von Michael Reinhold am 15.11.2020 um 16:27 Uhr
AW: Dissen erwünscht
von Anita Peter am 15.11.2020 um 17:30 Uhr
AW: Dissen erwünscht
von Tom Beldowitz am 15.11.2020 um 17:53 Uhr
AW: Dissen erwünscht
von Bernd Jas am 15.11.2020 um 20:05 Uhr
AW: Dissen erwünscht
von Conny am 15.11.2020 um 20:14 Uhr
Sichtweisen
von Karl Friedrich Müller am 15.11.2020 um 8:48 Uhr
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AW: Sichtweisen
von Heiko Barz am 15.11.2020 um 11:32 Uhr
AW: Schichtweise dünn auftragen oder der Bonus aus dem Zauberhut
von Bernd Jas am 15.11.2020 um 13:25 Uhr
AW: Sichtweisen
von Anita Peter am 15.11.2020 um 14:08 Uhr
AW: Licht weisen
von Bernd Jas am 15.11.2020 um 18:10 Uhr
AW: Sichtweisen
von Pimaliks am 17.11.2020 um 11:04 Uhr
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von Anita Peter am 15.11.2020 um 8:15 Uhr
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AW: .1.Kommentar
von Frank Hartmann am 15.11.2020 um 8:36 Uhr
AW: .
von Anita Peter am 15.11.2020 um 8:45 Uhr
AW: .
von Heiko Barz am 15.11.2020 um 11:07 Uhr
AW: Sichtbar gemachte Intelligenz schon ab 8.36 h?
von Christian Timme am 15.11.2020 um 22:02 Uhr
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