Welt-Hepatitis-Tag 2021

Von A bis E – wie war das nochmals bei Hepatitis?

Stuttgart - 28.07.2021, 07:00 Uhr

„Hepatitis kann nicht warten!“, weder beim Impfen, beim Testen noch bei der Behandlung. (x / Foto: svetazi / AdobeStock)

„Hepatitis kann nicht warten!“, weder beim Impfen, beim Testen noch bei der Behandlung. (x / Foto: svetazi / AdobeStock)


„Hep can’t wait!“ – daran erinnert der heutige Welt-Hepatitis-Tag. Gemeint sind die Bestrebungen, Infektionen einzudämmen, wenn möglich zu impfen und Erkrankten die bestmögliche Therapie zukommen zu lassen. Die DAZ nutzt den Welt-Hepatitis-Tag, um sich von A bis E zu erinnern: Welche Hepatitisviren gibt es nochmals? Welche Infektionen chronifizieren und wie sehen Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten aus?

Der weltweite Kampf gegen Hepatitis ist nach Ansicht der Deutschen Leberhilfe durch die COVID-19-Pandemie ins „Stocken“ geraten – am heutigen 28. Juli 2021 will der Welt-Hepatitis-Tag erinnern: „Hepatitis kann nicht warten!“ 

Einer Hepatitis können unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen. So gibt es beispielsweise Autoimmunhepatitiden sowie eine Alkohol- oder Fettleberhepatitis. Allerdings: In den meisten Fällen zeichnen Viren für die Leberentzündung verantwortlich. Diese Infektionen verlaufen meist schleichend über Jahre – unerkannt. Welche Hepatitisviren gibt es gleich nochmal? Welche werden sexuell und auf dem Blutweg übertragen, welche oral-fäkal? Welche Hepatitisformen heilen von selbst, wogegen kann man impfen, welche Arzneimittel helfen? Und welche Hepatitisviren kommen nie alleine vor? Von A bis E: Die Deutsche Apotheker Zeitung hat die wichtigsten Hepatitis-Basics für Sie zusammengefasst.

Hepatitis A und Hepatitis E heilen meist von selbst aus, meist im ersten halben Jahr nach Infektion. Hingegen können die Hepatitiden, die durch die Hepatitisviren B, C und D verursacht werden, chronifizieren und die Leber über Jahre schädigen – mit Folgen wie Zirrhose und hepatozelluläres Karzinom. Tests und Behandlungen könnten dies verhindern, davon ist die Deutsche Leberhilfe überzeugt. Bei den Tests hat Deutschland im vergangenen Jahr einen Fortschritt erzielt: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschloss im Herbst, dass fortan alle Bundesbürger über 35 Jahren – als Teil der allgemeinen Gesundheitsuntersuchung – einmalig einen Test auf Hepatitis B und C durchführen können.

Hepatitis A – das harmloseste Hepatitisvirus

Hepatitis A wird durch das Hepatitis-A-Virus (HAV) verursacht, ein einzelsträngiges RNA-Virus aus der Familie der Picornaviridae. HAV ist ausgesprochen umwelt- und thermostabil und besitzt eine hohe Resistenz gegen Desinfektionsmittel. Hepatitis-A-Viren werden über den Darm ausgeschieden, in Entwicklungsländern infizieren sich nahezu alle Menschen bereits im Kindesalter mit dem Erreger. Klassische Infektionswege sind verunreinigtes Trinkwasser (auch Eiswürfel), mit kontaminiertem Wasser gewaschenes Obst und Gemüse, Muscheln aus verunreinigten Gewässern, aber auch Badewasser und Schmierinfektionen über Toiletten. Nach durchgemachter Infektion ist man lebenslang immun. Häufig verläuft die Infektion unbemerkt und heilt komplett aus, Komplikationen sind bei ansonsten Gesunden selten. Bei Senioren und Leberkranken können laut der Deutschen Leberhilfe die Infektionen zu schwerem Leberversagen führen. Gegen Hepatitis A kann man impfen, eine spezifische Therapie gegen die Hepatitis A existiert hingegen nicht. Behandelt wird dem RKI zufolge symptomatisch und mit Bettruhe.

Wem rät die STIKO eine Hepatitis-A-Impfung?

Die STIKO rät, dass sich

  • Personen mit Lebererkrankungen,
  • Personen mit einem Sexualverhalten mit hoher Infektionsgefährdung (z. B. Männer, die Sex mit Männern haben),
  • Personen mit häufiger Übertragung von Blutbestandteilen (z. B. bei Hämophilie),
  • Bewohner von psychiatrischen Einrichtungen oder vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen sowie
  • Reisende in Regionen mit hoher Hepatitis-A-Prävalenz

gegen Hepatitis A impfen lassen sollen.

Hepatitis B: akut, chronisch und tückisch – doch impfpräventabel

Bei Hepatitis B handelt es sich um ein kleines umhülltes DNA-Virus, das zur Familie der Hepadnaviridae gehört. In der Virushülle findet sich das lipidhaltige Hepatitis-B-Oberflächenantigen HBsAg (Hepatitis B Surface Antigen). Dieses wird zum serologischen Nachweis einer akuten beziehungsweise chronischen Infektion herangezogen. Trotz der Hülle ist HBV vergleichsweise stabil gegen Desinfektionsmittel, es ist hochansteckend und wird über Körperflüssigkeiten (Blut, Speichel, Sperma, Scheidensekret) übertragen, sodass häufige Ansteckungswege Geschlechtsverkehr, bei der Geburt durch eine Hepatitis-B-positive Mutter und gemeinsam genutztes Spritzbesteck bei Drogenmissbrauch sind. Infektionen durch Hygienefehler bei medizinischen Eingriffen, Tattoos oder Piercings sind ebenfalls bekannt. Gegen Hepatitis B kann man impfen.

Hepatitis B kann akut oder chronisch verlaufen. Meist heilt eine Neuinfektion innerhalb von sechs Monaten aus, wobei das Erbmaterial vor allem im Kern der Leberzellen erhalten bleibt. Selbst durchgemachte Hep-B-Infektionen können dadurch reaktiviert werden, insbesondere wenn das Immunsystem durch bestimmte Erkrankungen (Aids) oder Behandlungen geschwächt ist (Chemotherapie, Immunsuppressiva). Bislang sind Reaktivierungen nur für das Hepatitis-B-Virus beschrieben. Nur bei 5 bis 10 Prozent der Infizierten verläuft Hepatitis B chronisch, bei Neugeborenen und Säuglingen chronifizieren sogar 90 Prozent der Infektionen – weswegen die STIKO auch in dieser Altersgruppe zur Impfung rät.

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Von asymptomatisch bis Leberversagen

Unbehandelt führt eine chronische Hepatitis zu Leberzirrhose und/oder Leberkrebs. Bei chronischer Hepatitis B kann man allerdings mit antiviralen Arzneimitteln intervenieren (aufgrund der hohen Spontanheilungsrate besteht bei akuter Hepatitis B keine Indikation zur antiviralen Therapie). Zum Einsatz kommen Interferon α (auch pegyliert) für einen definierten Zeitraum von 48 Wochen und Nukleosid-Analoga (Entecavir, Tenoovir). Letztere müssen meist lebenslang angewendet werden. Lamivudin sollte laut RKI nur in Ausnahmefällen gegeben werden. Weltweit leben nach WHO-Schätzungen 257 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis B.

Hepatitis C häufig heilbar

Das Hepatitis-C-Virus ist ein lineares, einsträngiges, umhülltes RNA-Virus mit Plusstrang-Polarität, das zur Familie der Flaviviren gehört. HCV besitzt eine ausgeprägte genetische Variabilität (Mutationsrate). Übertragen wird es vor allem durch infiziertes Blut, aber auch gemeinsam benutzte Utensilien bei Drogenkonsum sowie Hygienefehler bei medizinischen Eingriffen, Piercing und Tätowierungen sind als Ansteckungswege bekannt. Das Risiko einer sexuellen Infektion ist geringer als bei Hepatitis B, es steigt jedoch bei Verletzungen, Menstruation, ungeschütztem Analverkehr und harten Sexpraktiken. Das Risiko einer vertikalen Virustransmission von der Mutter auf das Kind gibt das RKI mit 3 bis 10 Prozent an, die mütterliche Viruskonzentration spielt hierbei eine Rolle.

Verläuft die Hepatitis C akut, heilt sie in 20 bis 50 Prozent der Fälle aus, entsprechend chronifizieren 50 bis 80 Prozent. Seit 2014 kann jedoch mit innovativen Antiviralia der chronischen Hepatitis C gut beigekommen werden. Häufig müssen die Patient:innen nur für acht bis zwölf Wochen oral therapiert werden, in 95 Prozent der Fälle heilt sodann die Hepatitis C komplett aus. Welche Wirkstoffe in welchen Kombinationen zum Einsatz kommen, hängt vom Genotyp des Virus, von GT, der Vorbehandlung, dem Grad der Leberfibrose, einer möglichen Nierenschädigung und dem Koinfektionsstatus ab. Das RKI schreibt dazu: „Derzeit ändern sich wegen der laufenden Neuzulassung direkt antiviral wirkender Substanzen die aktuellen Empfehlungen zur Therapie der Hepatitis C rasch.“

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Pharmakotherapie der Hepatitis C

Die von 2018 stammende S3-Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-C-Virus (HCV)-Infektion“ hat im November 2020 ein Addendum erhalten. Zugelassen und verfügbar sind: 

  • Glecaprevir (GPR), nur in fixer Kombination mit dem NS5A-Inhibitor Pibrentasvir
  • Grazoprevir (GZR), nur in fixer Kombination mit dem NS5A-Inhibitor Elbasvir
  • Voxilaprevir, nur in fixer Kombination mit dem NS5A-Inhibitor Velpatasvir und dem Polymerase-Inhibitor Sofosbuvir
  • Ledipasvir, nur in fixer Kombination mit dem nukleotidischen NS5B-Polymerase-Inhibitor Sofosbuvir,  
  • Velpatasvir gibt es neben der Dreierkombi auch in Kombination mit Sofosbuvir
  • Sofosbuvir ist auch als Monopräparat verfügbar, ebenso Ribavirin.

 Gegen Hepatitis C kann man derzeit nicht impfen.

Hepatitis D – das gefährlichste Hepatitis-Virus

Laut der Deutschen Leberhilfe ist das gefährlichste der Hepatitisviren das Hepatitis-D-Virus (RNA-Virus), allerdings tritt es nie allein auf, sondern immer zusammen mit dem Hepatitis-B-Virus. Denn: Es braucht dessen HBsAg-haltige Hülle zur Vermehrung. Die Übertragungswege von Hepatitis B und D ähneln sich. Eine Impfung gegen Hepatitis D existiert nicht. Das Praktische ist jedoch: Eine Impfung gegen Hepatitis B schützt auch vor Hepatitis D, da ohne Hepatitis B auch keine Hepatitis-D-Infektion möglich ist. Hepatitis D wird ähnlich wie Hepatitis B übertragen. Möglich ist eine simultane Infektion oder dass sich ein Mensch mit bereits chronischer Hepatitis B zusätzlich mit Hepatitis D infiziert. Liegen beide Infektionen simultan vor, kommt es laut RKI in 70 bis 90 Prozent der Fälle zu schweren chronischen Verläufen.

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Seit einem Jahr gibt es mit Bulevirtid nun das erste antivirale Arzneimittel, das zur Behandlung von Hepatitis D zugelassen ist. Hepcludex® ist indiziert zur Behandlung der chronischen Hepatitis-D-Virusinfektion bei Erwachsenen mit kompensierter Lebererkrankung. Es bindet an den Gallensalz-Transporter NTCP und inaktiviert diesen. Durch die Blockade von NTCP können die Hepatitis-B- und -D-Viren den Rezeptor nicht mehr als Eintrittspforte in die Hepatozyten nutzen. Bulevirtid reduzierte in Studien wirksam die HDV-RNA-Spiegel und die Anzeichen einer Leberentzündung bei behandelten Patienten.

Hepatitis E: endemisch, auch hierzulande

Während Hepatitis D das gefährlichste Hepatitisvirus ist, ist Hepatitis E das häufigste. Hepatitis E ist ein einzelsträngiges RNA-Virus aus der Familie Hepeviridae. Der Deutschen Leberhilfe zufolge heilt eine Infektion nach drei Monaten meist von selbst aus, die Letalität liegt dem RKI zufolge in Deutschland bei 1 Prozent. Dachte man früher, Hepatitis E sei eine reine Reiseerkrankung – zum Beispiel aus Indien –, weiß man heute, dass da Virus auch hierzulande schon sehr lange heimisch ist. Wie auch Hepatitis A wird das Hepatitis-E-Virus in tropischen Ländern vor allem durch verunreinigtes Trinkwasser übertragen, in Europa und westlichen Industrienationen zeichnet hauptsächlich rohes Fleisch für Infektionen verantwortlich. 

Eine Infektion mit Hepatitis-E-Viren verläuft meist asymptomatisch. Zeigen sich Symptome, ist das Spektrum breit: von leichten gastrointestinalen Beschwerden ohne Ikterus bis zu fulminanten Verläufen, vor allem bei Immunsuppresssion und Vorschädigung der Leber. Laut RKI können Antikörper mehrere Jahre nach einer Hepatitis-E-Infektion persistieren. Es sei jedoch unklar, ob eine lebens­lange Immunität bestehe. Eine Impfung gibt es nur in China, ob diese auch vor den in Europa endemischen Hepatitis-E-Viren schützt, ist unklar. Bei chronischen Hepatitis-E-Verläufen strebt man eine Virus­elimination an, um eine weitere Zerstörung des Leber­paren­chyms zu verhindern. Eine antivirale Behandlung kommt laut RKI mit Riba­virin oder pegy­liertem Inter­feron alpha infrage. Bei sehr fulminanten Verläufen kann auch eine Lebertransplantation erforderlich sein.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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