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Koalitionsvertrag
Pharmaverbände kritisieren Koalitionspläne zu Arzneimittelpreisen
Die künftigen Ampel-Koalitionäre wollen den Krankenkassen mehr Möglichkeiten zur Begrenzung der Arzneimittelpreise einräumen. Zudem soll der verhandelte Erstattungspreis in Zukunft ab dem siebten Monat nach Markteintritt des Arzneimittels gelten und das Preismoratorium beibehalten werden. Bei den Pharmaverbänden kommt dies gar nicht gut an.
Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP steht. Die Inhalte stoßen bei der Pharmaindustrie auf Kritik. So erklärt Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des BAH: „Die im Koalitionsvertrag vorgestellten Pläne sind nicht ausreichend, um die Arzneimittelversorgung und -forschung nachhaltig zu sichern. Der angekündigte Bürokratieabbau ist wichtig, aber nicht ausreichend, denn eine Korrektur auch bei den sozialrechtlichen Steuerungsinstrumenten wäre essenziell. Insbesondere die beabsichtigte Verlängerung des Preismoratoriums verhindert wichtige Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, deren Notwendigkeit sich gerade in der Pandemie gezeigt haben“. Durch das Preismoratorium könnten Hersteller beispielsweise gestiegene Produktionskosten seit mehr als elf Jahren nicht mehr ausgleichen. Der seit Juli 2018 gegebene Inflationsausgleich könne das nicht beheben. Die erneute Verlängerung des Preismoratoriums ist aus BAH-Sicht „mittelstandsfeindlich und schadet dem Pharmastandort Deutschland“.
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Auch dass die Krankenkassen zusätzliche Möglichkeiten bei der Verhandlung von Arzneimittelpreisen bekommen sollen, sieht Cranz mit Sorge. Zudem belaste es die Hersteller, wenn der Erstattungsbetrag rückwirkend ab dem siebten Monat gelten soll. „Die Vorhaben verwundern, da gerade in Deutschland innovative Arzneimittel bislang besonders schnell auf den Markt gebracht werden. Davon profitieren vor allem die Menschen, die auf eine stabile Arzneimittelversorgung und neue Therapieoptionen angewiesen sind“, so Cranz.
Eines begrüßt der BAH jedoch: Die Ampel-Koalitionäre wollen das „ungenutzte Potenzial, das in zahlreichen Forschungsdaten liegt, (…) effektiver für innovative Ideen nutzen“. So soll der Zugang zu Forschungsdaten für öffentliche und private Forschung mit einem Forschungsdatengesetz umfassend verbessert und vereinfacht werden. Einem solchen breiteren Ansatz zur Verwendung von Versorgungsdaten und weiteren Themen stehe der BAH der neuen Bundesregierung „für einen konstruktiven Austausch zur Verfügung“.
vfa und BPI: Hoffnung auf weniger Bürokratie
Auch der Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) warnt vor den geplanten Änderungen für neue Arzneimittel. Bislang seien in Deutschland neue Medikamente sofort verfügbar – weil die Kassen sie ab dem ersten Tag der Zulassung erstatten. Der Erstattungsbetrag gilt ein Jahr nach der Markteinführung. „Jetzt soll die Möglichkeit geschaffen werden, rückwirkende Rabatte einzuführen. Nachträgliche Abzüge sind aber unkalkulierbare Risiken für die Unternehmen“, mahnt der vfa in einer Pressemitteilung. „Hier wird eine traditionelle Stärke des deutschen Systems – die schnelle Verfügbarkeit von neuen Arzneimitteln – unnötig aufs Spiel gesetzt. Zur Unzeit!“, sagt vfa-Präsident Han Steutel. Corona habe gezeigt, wie wichtig der Regulierungsrahmen für die Versorgung ist. „Wenn etwa neue Medikamente nur in begrenzter Menge zur Verfügung stehen, entscheidet die Planbarkeit der Erstattungsbedingungen mit darüber, wohin geliefert wird.“
Klar sei aber auch, dass ein Koalitionsvertrag nicht alles regeln könne. „Deshalb setzen wir darauf, dass die Ampelkoalition in den kommenden vier Jahren mehr Modernisierung wagen wird, als schriftlich fixiert wurde. Dabei liegt uns die Entbürokratisierung des komplizierten deutschen Gesundheitssystems besonders am Herzen“, so Steutel.
BPI: Sichere Lieferketten nur mit verlässlichen Rahmenbedingungen
Ähnlich äußert sich der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Eine Stärkung des Pharmastandorts Deutschland und das Ziel einer Entbürokratisierung seien zwar zu begrüßen – aber die Maßnahmen blieben „in einigen Teilen unkonkret und lassen unterschiedliche Interpretationen zu“, sagt der BPI-Vorsitzende Hans-Georg Feldmeier. Er kritisiert zudem, dass „investitionsfeindliche Maßnahmen, wie die Deckelung der Preise durch das Preismoratorium“ weiterhin bestehen bleiben sollen.
Feldmeier weiter: „Neue Arzneimittel müssen in Deutschland weiterhin schnell verfügbar sein. Die aktuelle Coronakrise belegt, wie wichtig ein innovationsoffenes System für die schnelle Verfügbarkeit von Arzneimitteln ist. Hier setzt die neue Koalition falsche Signale.“ Die Herausforderungen einer ökologischen Neuausrichtung der Gesellschaft und sichere Lieferketten werde man nur erreichen, wenn es dafür verlässliche Rahmenbedingungen und auskömmliche Preise für alle Arzneimitteltherapien gebe.
Pro Generika: Regierung muss Kostendruck auf Generika reduzieren
Generika sind von den Plänen weniger betroffen. Und so erklärt Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Branchenverbands Pro Generika: „Wir sehen die Intention der neuen Ampelregierung, den ohnehin extremen Kostendruck im Generikamarkt nicht durch weitere gesetzliche Maßnahmen zu verschärfen. Das ist ein wichtiges Signal für die Grundversorgung.“ Gleichzeitig müsse man festhalten, dass der Kostendruck auf Generika nach wie vor zu hoch sei – „so hoch, dass er die Versorgungssicherheit gefährdet“, so Bretthauer. „Die neue Regierung muss deshalb im Verlauf ihrer Amtszeit Wege finden, den Kostendruck zu reduzieren und die Versorgung wieder zu stabilisieren.“
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