Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

28.11.2021, 07:30 Uhr

I had a dream: Apotheken, die gegen Covid-19 impfen und helfen, die Welle zu brechen. (Foto: Alex Schelbert)

I had a dream: Apotheken, die gegen Covid-19 impfen und helfen, die Welle zu brechen. (Foto: Alex Schelbert)


26. November 2021

Apotheken, die neben ihrer Offizintätigkeit auch Sterilherstellung, Heimversorgung oder Versandhandel betreiben, wünschen sich SMC-B-Karten mit unterschiedlichen Telematik-IDs, da sie so die Zuordnung ihrer Geschäftsfelder besser organisieren können. Außerdem hilft es, mindestens noch eine weitere Telematik-ID zu haben, wenn beispielsweise technische Defekte auftreten und eine SMC-B-Karte ausfällt. Warum auch nicht, mehr SMC-B-Karten schaffen mehr Nutzerfreundlichkeit. Die Gematik hat da nichts dagegen, im Gegenteil, sie spricht sich dafür aus, dass Apotheken SMC-B-Karten mit bis zu acht unterschiedlichen Telematik-IDs einsetzen können und hat dies in einer Pressemitteilung kundgetan. Ja, mein liebes Tagebuch, und jetzt ist die Bundesapothekerkammer beleidigt. Die Gematik habe die Ausgabe mehrerer SMC-B-Karten für eine Apotheke im Vorfeld nicht mit den Apothekerkammern, die die SMC-B-Karten ausgeben, abgestimmt. Na so was. Und die BAK schiebt hinterher, dass mehrere SMC-B-Karten einfach so möglicherweise dem Kammerrecht widersprächen. Ups, mein liebes Tagebuch, da trifft altes Zunftrecht auf digitalen Fortschritt – ob da die Gematik schon zittert? Eher nicht. Worum geht’s der BAK eigentlich? Macht es zu viel Arbeit, die Karten auszugeben? Vielleicht. Vielleicht sorgt sich die Kammer aber auch darum, dass Versandapotheken die Nutznießer sein können, wenn sie im Besitz von mehreren SMC-B-Karten mit unterschiedlichen Domains im Netz unterwegs sein können. So können sie dann nicht unter dem gegebenenfalls anderslautenden Namen gefunden werden. Mein liebes Tagebuch, wenn man das verhindern will, sollte man sich vielleicht eine andere Lösung überlegen. Aber deswegen die Apotheken am Einsatz von mehreren Telematik-IDs zu hindern, kann’s wirklich nicht sein.

 

Das Thema geht nicht weg, zu recht: Covid-19-Impfungen in Apotheken. Lothar Wieler, Chef des Robert Koch-Instituts, bekräftigt erneut seine Forderung, alle Kräfte im Kampf gegen die Corona-Pandemie zu mobilisieren. Dazu gehört auch, das Impfangebot deutlich auszuweiten, sprich: Impfungen gegen Covid-19 auch in Apotheken. Standesrechtliche Beschränkungen, wie sie zum Beispiel für Apotheken gelten, dürfen diesem Kraftakt aus seiner Sicht nicht entgegenstehen. Er riet dazu, solche Hindernisse beim Impfen temporär „einfach aufzuheben“. Mein liebes Tagebuch, warum hört die Politik nicht auf Wieler! ABDA-Präsidentin Overwiening nimmt den Ball auf: „Wenn der Gesetzgeber das will und Verstärkung an der Front der Impfenden gefordert ist, könnten wir Auffrischungsimpfungen in Apotheken ermöglichen“, lässt sie in einer Pressemitteilung verbreiten. Etwa 2600 Apothekerinnen und Apotheker haben bereits im Rahmen der Modellprojekte zur Grippeschutzimpfung eine Impfschulung absolviert. Mein liebes Tagebuch, selbst wenn nicht alle derzeitigen Impfapotheken mitmachen können oder wollen – es gibt genug, die dabei wären. Oder wie Overwiening es sagte: „In Summe bin ich aber sicher, dass wir einen nennenswerten Beitrag leisten könnten.“ Auf alle Fälle!

 

Neues Angebot für Apotheken (und Arztpraxen) aus dem Hause Spahn bzw. dem Bundesgesundheitsministerium: Wenn sie PoC-PCR-Tests in Kooperation mit medizinischen Laboren durchführen, erhalten sie künftig eine Vergütung von 30 Euro, so ein Referentenentwurf zur Änderung der Coronavirus-Testverordnung. Mein liebes Tagebuch, klingt zunächst nicht schlecht. Das Honorar ist zwar etwas geringer als das für die Labore, die 43,56 Euro erhalten, aber es entfallen für Apotheken und Arztpraxen die Versand- und Transportkosten. Mein liebes Tagebuch, ob sich das für die Apotheke lohnt, muss man individuell entscheiden – die PCR-Testgeräte sind keine Schnäppchen und das Verbrauchsmaterial kommt noch hinzu. Und ja, wer weiß wie lang die Spahnsche Zusage mit den 30 Euro hält? Vielleicht ist das nur eine Anschubfinanzierung und in Kürze gibt’s dann nur noch 15 Euro.

 

Im heutigen Morning-Briefing von Spiegel-Redakteur Sebastian Fischer auf Spiegel online: „Warum handeln wir nicht? Weil wir eine Gesellschaft ohne Mut sind, ohne Resilienz auch. Ohne die Bereitschaft, politische Risiken einzugehen, etwas mal ganz anderes zu machen. Wir bauen keine Luftfilter in Kitas, weil die Kleinen einen Stromschlag bekommen könnten. Wir lassen Apotheker nicht impfen, weil die keine Ärzte sind. Wir prüfen die (Kinder-)Impfstoffe unverdrossen, obwohl andere sie längst zugelassen haben und die Welle über uns zu brechen droht. Unsere Trägheit wirkt als Brandbeschleuniger.“ Mein liebes Tagebuch, besser kann man die derzeitige Lage nicht beschreiben.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Helfen?

von Ulrich Ströh am 28.11.2021 um 9:03 Uhr

-Fast 3000 Apotheker*Innen haben die Impfschulung erfolgreich und stehen bereit .…
-In Schleswig-Holstein bringt derzeit ein pharmazeutischer Großhändler zusammen mit 20 Apotheken ein Modellprojekt
zur Grippeimpfung auf die Straße …

Und in Deutschland steigen täglich ungebremst die Inzidenzzahlen.

Zeit zum schnellen Umdenken beim Impfen in der Apotheke?

Wie würden wir als Apotheken öffentlich wahrgenommen,
wenn wir beim Impfen jetzt tatkräftig helfen würden?

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Helfen

von Hermann Eiken am 28.11.2021 um 12:57 Uhr

Sie haben recht, Herr Ströh! Sind Apotheker und Apothekerinnen Heilberufler? Dann müssen sie gerade jetzt ihre Aufgabe in der Prävention erfüllen und mit impfen! Die Politik muss umgehend den Weg frei machen, auch gegen den Widerstand der Ärztevertreter. Deren Alleinvertretungsanspruch ist anmaßend und nur von eigenem unangebrachten Geltungsbedürfnis geprägt. Es ist offensichtlich, es geht nur um Macht und Geld.

AW: Helfen

von Reinhard Rodiger am 28.11.2021 um 20:19 Uhr

Wir haben in der Tat die Chance,als Nothelfer einen öffentlichkeitswirksamen Job zu machen.
Es ist offensichtlich unklug,das nicht zu nutzen.
Nur ist es gleichzeitig evident,dass über solche wirtschaftlich unübersichtlichen Projekte gerne die
Grundlage aus dem Fokus gerät.Die „neuen Chancen“ gründen auf Abbau der Basis.
Jedenfalls in der Fläche.Geht es nicht eigentlich um eine angemessene Balance zwischen Alltag und Zusatzaufgaben? Fokussierung auf exklusive Nothilfeoptionen darf nicht zur politisch gewünschten
Vernachlässigung der Grundlage führen.Und genau das deute sich an.

.

von Anita Peter am 28.11.2021 um 8:21 Uhr

Also wir fassen zusammen: Das erezept verschlingt Unmengen an Geld, stiftet nichts als Chaos und am Ende erhält der Patient statt eines rosa Zettels einen weissen Zettel mit QR Code.

Wenn es denn wenigstens in ein neues Euphemismus Gesetz gegossen worden wäre: Das "Gute Versender Gesetz". Denn nur deswegen kommt das erezept. Spahn kann jetzt in Ruhe sein gewünschtes Kind adpotieren, denn politisch kann man nur sagen : Mission completed!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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