Deutscher Ärztetag

BÄK-Präsident Reinhardt: Dispensierrecht wichtiger als impfende Apotheker

Bremen - 31.05.2022, 10:44 Uhr

Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, auf dem 126. Deutschen Ärztetag. (Foto: IMAGO / Karsten Klama)

Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, auf dem 126. Deutschen Ärztetag. (Foto: IMAGO / Karsten Klama)


Umstrittene Entscheidung: Homöpathie wird aus der Musterweiterbildungsordnung gestrichen

Im Verlauf der mehrtägigen Beratungen hat der DÄT seine Forderung bekräftigt, in die aktuellen Beratungen über ein sogenanntes Triagegesetz im Gesundheitswesen eingebunden zu werden. In der Debatte über eine gesetzliche Regelung müsse berücksichtigt werden, dass sich die behandelnden Ärztinnen und Ärzte im Fall einer pandemiebedingten Triage in einer extremen Entscheidungssituation befinden, hieß es im Beschluss der Delegierten. 

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Die Forderungen der Ärzteschaft

Hintergrund ist, dass das Bundesverfassungsgericht im Dezember 2021 ein entsprechendes Gesetz verlangt hatte. Demnach muss der Bundestag „unverzüglich“ Vorkehrungen zum Schutz von Menschen mit Behinderungen im Fall einer Triage treffen. Daneben begrüßt der DÄT die von der Bundesregierung angestrebte Streichung des § 219a StGB. Dieser regelt bislang das Verbot, für Schwangerschaftsabbrüche zu werben. 

Der Ärztetag teilt die Auffassung von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), wonach der momentane Rechtszustand für Ärztinnen und Ärzte unhaltbar sei. Der Paragraf 219a StGB habe in der Vergangenheit dazu beigetragen, dass betroffenen Frauen der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch trotz bescheinigter Indikation nach § 218 StGB erschwert wurde.

Mehr Studienplätze

Zudem hat der DÄT mehr Studienplätze in der Humanmedizin an staatlichen Universitäten gefordert. Bund und Länder müssten künftig eine ärztliche Ausbildung sicherstellen, die wissenschaftlich und didaktisch hochwertig ist. „Wissenschaftlichkeit muss Prämisse jeglicher medizinischen Ausbildung in Deutschland sein“, betonten die Abgeordneten, die auch Druck bei der Novellierung der Approbationsordnung machen wollen. 

Die Delegierten forderten das Bundesministerium für Gesundheit zur Wiederaufnahme des entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens auf. „Das Medizinstudium muss endlich an die aktuellen Herausforderungen der medizinischen Versorgung angepasst werden“, heißt es in dem Beschluss des Ärzteparlaments. Nur so könnten Ärztinnen und Ärzte nach dem aktuellen Kenntnisstand ausgebildet und die Qualität des Studiums gewährleistet werden. Die Abgeordneten kritisierten, dass auch fünf Jahre nach der Verabschiedung des Masterplans Medizinstudium 2020 noch kein entsprechender Gesetzesentwurf vorliege. Da auch der Bundesrat über die neue Approbationsordnung entscheide und die Universitäten die neuen Strukturen einführen müssten, sei ihr geplantes Inkrafttreten im Jahr 2025 in Gefahr.

Auch in Sachen Weiterbildung gibt es eine Änderung: Die Zusatzbezeichnung Homöopathie wird aus der Musterweiterbildungsordnung gestrichen. Zur Begründung im entsprechenden Antrag hieß es, es fehlten wissenschaftliche Studien, die einen evidenzbasierten Einsatz der Homöopathie belegen. Damit fehlten auch die Grundsätze, nach denen in einem kollegialen Gespräch der Wissenserwerb in der Weiterbildung überprüft werden kann. Die Entscheidung des DÄT ist allerdings nicht unumstritten. Denn der Bedarf an homöopathischen Angeboten sei bei den Patienten vorhanden. Es bestehe nun die Gefahr, dass diese Patienten vermehrt zu Heilpraktikern gingen.



Anja Köhler, Freie Journalistin
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Dispensierrecht / Homöopathie

von C.Barth am 31.05.2022 um 20:27 Uhr

Mit Ausgrenzung der apothekenpflichtigen AM aus der Erstattung durch die KK haben sich die Grenzen zwischen AM-Abgabe und Diagnose bereits verwischt zum Nachteil für Patienten, von denen sich ein Arzt keine vollständige Anamnese mehr herleiten kann. Ein weiteres Aufweichen einer so alt bewährten Regelung bringt für beide Seiten nicht nur Rattenschwänze an Aufwand mit, die man nicht so einfach abschneiden kann, wenn sie einem zu viel werden, sie zerstören auch die Ordnung und den Frieden zwischen den Berufen. Das sind nicht zu unterschätzende Faktoren für das ganze System.
Was die Homöopathie betrifft, versucht man bildlich gesprochen die Prüfkriterien des Luftfahrtbundesamtes für Düsenjets auf Fahrräder anzuwenden mit der Schlußfolgerung, dass ein Fahrrad in unserer Gesellschaft nutzlos ist. Dass für den Weg zum Bäcker aber ein Düsenjet denkbar ungeeignet ist, wird übersehen.
Wer seine Hausaufgaben in Naturwissenschaften gemacht hat kann dieses Verfahren nicht für unsinnig erklären. Mit der Entscheidung diese Ausbildung nicht mehr zu unterstützen wird die Medizin noch ärmer als sie inzwischen geworden ist.
Für das Auswendiglernen von Leitlinien ohne sie anzupassen braucht man keine10 Jahre Ausbildung.
Der umfangreiche, wertvolle Erfahrungsschatz mit detailiert überprüften und gesammelten homöopathischen Arzneimittelbildern geht immer mehr verloren. Den Zusammenhang von z. B. Hüsteln und Räuspern mit Wurmbefall wird man in Zukunft wohl kaum in einem MVZ vermittelt bekommen, die Folge wird dann ein MRT sein, das immerhin für Kostensicherung sorgt.

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Nix gelernt

von Stefan Haydn am 31.05.2022 um 19:07 Uhr

Da hätten die Ärzte beim Thema Impfen sich mal für die Gesundheit und die Patienten einsetzen können (Europa macht es vor). Statt dessen war ihnen ihr eigenes Salär näher gelegen.
Ist beim Dispensierrecht noch offensichtlicher, daß nicht der Patient im Vordergrund steht.

Shame on you!

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Dispensierrecht

von Dr. Radman am 31.05.2022 um 11:10 Uhr

... wir wissen schon, warum Ärzte Dispensierrecht fordern. Wir sind ja nicht doof!. Die Politik auch nicht.

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