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14. Juni 2022
Jetzt sind auch die offiziellen ABDA-Antworten auf das Prozedere rund um die pharmazeutischen Dienstleistungen da, z. B. unter welchen Voraussetzungen Apotheken solche Dienstleistungen anbieten können, welcher Versicherte sie beanspruchen kann und wie Abrechnung und Vergütung erfolgen. Apothekerinnen und Apotheker finden diese Antworten im geschlossenen Mitgliederbereich des ABDA-Portals. DAZ-Wirtschaftsredakteur Dr. Thomas Müller-Bohn hat sich derweil schon mal angeschaut, wie die Dienstleistungen tatsächlich honoriert werden. Immerhin ist der Topf, aus dem die Dienstleistungen bezahlt werden, gedeckelt: 150 Mio. sind drin, mehr gibt’s nicht. Sollten mehr Dienstleistungen erbracht werden, reicht’s nicht mehr – dann greift ein komplexer Anpassungsmechanismus, der doch für eine beachtliche Planungssicherheit sorgen soll. Mein liebes Tagebuch, der Beitrag von Müller-Bohn ist lesenswert. Darin wird auch erklärt, was es mit der 1000-Euro-Grenze auf sich hat: Bis zu diesem Wert können Apotheken pro Quartal Dienstleistungen erbringen, ohne Abschläge fürchten zu müssen. Und was ist, wenn mehr Dienstleistungen abgerechnet werden? Dann orientieren sich die verschiedenen Leistungen an Prioritäten, wobei ein Anreiz dafür gesetzt werden soll, höher priorisierte Leistungen zu erbringen. So kann es sein, dass z. B. fürs Blutdruckmessen eher weniger Geld zur Verfügung stehen wird. Und ja, es wird dann Kürzungen geben und manche Prioritätsstufen können auch leer ausgehen, d.h., man erbringt die Dienstleistung ohne Honorar. Mein liebes Tagebuch, wie diese Mechanismen dann tatsächlich greifen und was für ganz fleißige Apotheken letztlich im Quartal herauskommen wird, werden die ersten Abrechnungen zeigen. Und sollten tatsächlich sehr viele Apotheken sehr viele hochwertige Dienstleistungen erbringen, relativieren sich die vereinbarten Honorare sehr schnell, sprich, 1000 Euro plus X im Quartal – fragt sich nur wie groß X ist. Ob die Apotheken dann ihr Leistungsangebot an die Patientinnen und Patienten wieder zurückfahren?
Obwohl die Ergebnisse der von einer Unternehmensberatung analysierten ABDA-Struktur bisher nicht öffentlich kommuniziert wurden, sind sie doch den Kammern und Verbänden bekannt. Und die Diskussionen darüber laufen auf Hochtouren. Was bisher öffentlich wurde, lässt sich wohl unter dem Label zusammenfassen: Die ABDA soll professioneller und schlanker werden, mit kleineren Gremien auf weniger Ebenen. Kammern und Verbänden befürchten bereits, dass sie an Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten verlieren könnten. Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer des Saarlands, hat bereits „erheblichen Widerstand gegen solche Reformvorschläge angekündigt. Jetzt meldet sich Danny Neidel, Geschäftsführer der Apothekerkammer Thüringen, zu Wort. Er sieht in der ABDA-Strukturreform „die falsche Richtung“. Er berichtet, dass zukünftig Beschlüsse der rund 400 Delegierten des Deutschen Apothekertags nicht mehr bindend für die Arbeit der ABDA sein sollen. Die durch die Hauptversammlung der Apothekerschaft getroffenen Entscheidungen müssten dann erst noch die Zustimmung der ABDA-Mitgliederversammlung finden. Neidel fürchtet, dass aus dem „lebendigen berufspolitischen Diskurs“ ein „verzichtbares Theaterstück ohne Wert“ werden könnte. Mein liebes Tagebuch, da könnten mir sogar noch andere Wörter für „Theaterstück“ einfallen. Nein, das wäre dann wirklich das Ende des demokratischen Willensprozesses beim Apotag. Neidel hat noch eine ganze Reihe weitere Kritikpunkte, z. B. die angedachte Auflösung der Kombination aus einem Hauptamt und einem Ehrenamt, also Hauptgeschäftsführer(in) und ABDA-Präsident(in). Er bringt es auf den Punkt: „Der Gedanke von ‚Denen da oben‘ wird es leichter haben um sich zu greifen“. Mein liebes Tagebuch, bei aller Liebe zur Verschlankung und zu kleinen Gremien: So sollte es in der Tat nicht laufen, dass alle Macht auf nur ganz wenige konzentriert wird. Über die Strukturanalyse wird wohl noch länger, ausführlicher und öffentlicher diskutiert werden müssen.
Arzneimittellieferdienste wie Mayd, Kurando und Co können sich noch lange nicht sicher sein, dass ihr Geschäftsmodell rechtlich wirklich hieb- und stichfest ist. In der Kritik stehen dabei vor allem die provisionsbasierten Preismodelle dieser Kurierdienste, also Vereinbarungen, die sich am Umsatz oder Gewinn der Apotheke orientieren. Ein Verfahren dazu ist bereits im Gange, angestoßen von der Apothekerkammer Nordrhein. Auch das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSO), in Berlin zuständig für die Apothekenaufsicht hat Bedenken, ob die Kooperationsverträge zwischen Arzneimittellieferdiensten und Apotheken mit geltendem Apothekenrecht vereinbar sind. Ein Verwaltungsverfahren dazu läuft an. Mein liebes Tagebuch, wir werden sehen, wie der juristische Streit ausgehen wird.
4 Kommentare
Wer macht so was ?
von ratatosk am 20.06.2022 um 14:56 Uhr
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Abrechnungs-Mechanismus
von Tobias Kast am 20.06.2022 um 8:35 Uhr
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AW: Abrechnungs-Mechanismus
von Reinhard Rodiger am 20.06.2022 um 10:51 Uhr
Kluger Verteilmechanismus!??
von Reinhard Herzog am 19.06.2022 um 10:20 Uhr
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