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15. Juni 2022
Ein Meilenstein, ein Quantensprung, ein historischer Tag, Begeisterung – unsere ABDA-Präsidentin ist im Freudentaumel und kann nicht genug der überschäumenden Worte finden für das, was sich da für uns Apothekers mit der Veröffentlichung des Schiedsspruchs am 10. Juni an Möglichkeiten und Chancen aufgetan hat. Und ja, mein liebes Tagebuch, es ist ja in der Tat etwas Besonderes in unserem Pharmazeutenleben, was uns da nun offensteht: Wir dürfen bestimmte Leistungen zulasten der Krankenkassen auslösen – das war so noch nie da gewesen. Es sind Leistungen, die unseren Patientinnen und Patienten Mehrwerte und Lebensqualität bringen können. Aber nun mal genug des Freudentaumels. Denn wo Licht ist, ist auch Schatten – und der kann hier recht dunkel sein. Um solche Dienstleistungen anbieten zu können, braucht’s in der Regel erstmal ein paar Schulungen und vor allem: Personal! Personal, das Zeit hat diese Leistungen zu erbringen. Und dann haben wir den großen Schatten auf der Honorierung, die, nun ja, gedeckelt ist: Mehr als 150 Mio. Euro für all die schönen Leistungspäckchen sind nicht drin im Topf. Und wenn’s nicht reicht und recht viele Apotheken recht fleißig diese Leistungen erbringen, dann gibt’s halt weniger als das vorgesehene Honorar für die pharmazeutischen Anstrengungen oder auch schon mal nix. Da hilft es auch nicht weiter, dass 1000 Euro als Leistungsentgelt für die höherwertigen Leistungen garantiert sein sollen. Und ob das Geld im Topf ausreicht oder nicht, weiß man natürlich frühestens erst hinterher, nach einem Quartal, wenn abgerechnet wird. Aber so ist das eben bei solchen Kassenhonoraren. Mein liebes Tagebuch, Apotheken, die sich voller Freude und Enthusiasmus auf die Dienstleistungen stürzen wollen – und das sind laut einer DAZ.online-Umfrage nicht wenige, mögen sich von solchen Schattenseiten nicht beeinflussen lassen. Einfach mal machen, dann sieht man weiter. Und vielleicht reicht das Geld ja aus…
Was man auf dem Schirm haben sollte, bei aller Meilenstein-Quantensprung-Vorfreude: Die Kassen sind nicht wirklich „amused“ darüber, dass Apotheken eigenmächtig Dienstleistungen auslösen können und die Kassen dafür bezahlen sollen. Vor allem, so lässt Carola Reimann, Chefin des AOK-Bundesverbands wissen, seien die Honorare für die Dienstleistungen viel zu hoch angesetzt und stünden in keinem Verhältnis zur Vergütung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Ui ui ui, mein liebes Tagebuch, da macht aber jemand kräftig Rabatz gegen die pharmazeutischen Dienstleistungen. Und sie setzt noch eins drauf: „Angesichts der dramatischen Finanzlage der GKV gibt es aktuell keinen Spielraum für finanzielle Wohltaten, weder in Richtung der Apotheken noch in Richtung der Arztpraxen“. So, so, unsere pharmazeutischen Dienstleistungen sind also finanzielle Wohltaten? Das hört sich ja gerade so an, als ob wir da etwas fürs Nichtstun geschenkt bekommen. Unglaublich, oder? Vielleicht sollten wir mal in einem Jahr die AOK-Versicherten fragen, wie gut ihnen die Dienstleistungen getan haben, welchen Mehrwert und wie viel an Lebensqualität sie dadurch bekommen haben.
4 Kommentare
Wer macht so was ?
von ratatosk am 20.06.2022 um 14:56 Uhr
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Abrechnungs-Mechanismus
von Tobias Kast am 20.06.2022 um 8:35 Uhr
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AW: Abrechnungs-Mechanismus
von Reinhard Rodiger am 20.06.2022 um 10:51 Uhr
Kluger Verteilmechanismus!??
von Reinhard Herzog am 19.06.2022 um 10:20 Uhr
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