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16. Juni 2022
Dass es so etwas noch gibt: Der Präsident einer Ärztekammer möchte die Zukunft der Heilberufe miteinander gestalten, nicht gegeneinander. Gesagt hat’s Prof. Dr. Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein, auf der Kammerversammlung der Apothekerkammer dieses Bundeslandes. Henrik nannte beispielsweise die schroffen Reaktionen der Ärztefunktionäre auf Bundesebene zu den pharmazeutischen Dienstleistungen „Rituale aus dem vorigen Jahrtausend“. Dies sei rein emotional und nicht aus Sicht der Versorgung gedacht. Wie wahr, mein liebes Tagebuch, ein dickes Danke an Henrik für diese klaren Worte. Er sprach sich auch deutlich für das Grippeschutz- und Corona-Impfangebot in Apotheken aus: „Wir brauchen ein dauerndes Angebot, um diese Massenimpfungen niederschwellig durchzuführen.“ Nicht zuletzt begrüßte der Ärztekammerpräsident die Medikationsanalyse und pharmazeutischen Beratungen, vor allem zur Polypharmazie und Adhärenzförderung. Henrik sieht natürlich auch Grenzen und rote Linien, z. B. bei seltenen Impfungen oder wenn Apotheken Therapieumstellungen vornehmen würden. Mein liebes Tagebuch, vollkommen richtig, die Trennung von Arzt- und Apothekerberuf muss erhalten bleiben. Was Henrik noch ergänzt: Ärzte und Apotheker sollten besser gemeinsame Lösungen anbieten – da könne er sich mehr Zusammenarbeit vorstellen. Mein liebes Tagebuch, es wäre ein großer Durchbruch für den Patienten, wenn sich diese Denke auch in den Funktionärsreihen auf Bundesebene durchsetzen würde.
Der Fachkräftemangel ist für Apotheken nach wie vor eines der drängendsten Probleme, auch bei den Brandenburger Apothekers. Deren Kammerpräsident, Jens Dobbert, ließ in der Kammerversammlung keinen Zweifel aufkommen, dass ihm die Sorge um den pharmazeutischen Nachwuchs schon seit langem unter den Nägeln brennt. Vor diesem Hintergrund sind auch seine bereits mehrjährigen Bemühungen verständlich, einen Studiengang Pharmazie in Brandenburg zum Leben zu erwecken – bisher vergeblich. Und vorerst wird’s denn auch kein Pharmazeutisches Institut in diesem Bundesland geben – diesen Zahn hat ihm Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) gezogen. Sie lobte zwar die Apotheken und ihre Leistungen, aber einen Scheck für eine Pharmazie-Fakultät habe sie nicht in der Tasche. Den Fachkräftemangel nimmt sie zwar ernst, wie sie wissen ließ, aber da stünden die Apotheken nicht alleine und fügte hinzu: „Alle konkurrieren massiv um die knappe Ressource junge Menschen“. Sieht eher nach Schulterzucken aus als wie eine wirkliche Suche nach Lösungen.
Zum Thema pharmazeutische Dienstleistungen machte Dobbert klar: Da ist für jeden was dabei, aber finanziell ist das nur ein Add-on, kein zweites Standbein. Um eine dringend nötige Anpassung des Apothekenhonorars kommt man nicht herum – stimmt, mein liebes Tagebuch. Und wie sieht’s mit dem Thema Grippeschutzimpfungen in Brandenburg aus? Wir erinnern uns: Dort waren Ärzte- und Apothekerkammer überhaupt nicht vom Impfen in Apotheken angetan. Die beiden fassten sogar eine gemeinsame Resolution, dass Apotheken nicht impfen werden und Ärzte kein Dispensierrecht einfordern. Nun, das dürfte durch das Pflegebonusgesetz wohl endlich überholt sein, mein liebes Tagebuch: Grippeimpfung ist für alle Apotheken bundesweit eine Regelleistung, da können sich die Brandenburger nicht ausklammern. Dennoch, Dobberts hält an seiner Meinung: fest „Impfen ist keine originäre Aufgabe der Apotheke.“ Richtig, keine originäre, aber eine neue.
4 Kommentare
Wer macht so was ?
von ratatosk am 20.06.2022 um 14:56 Uhr
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Abrechnungs-Mechanismus
von Tobias Kast am 20.06.2022 um 8:35 Uhr
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AW: Abrechnungs-Mechanismus
von Reinhard Rodiger am 20.06.2022 um 10:51 Uhr
Kluger Verteilmechanismus!??
von Reinhard Herzog am 19.06.2022 um 10:20 Uhr
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