Arzneimittelsicherheit

AMK warnt vor Einnahmefehlern bei Paxlovid

Stuttgart - 18.01.2023, 10:45 Uhr

Drei Tabletten morgens, drei Tabletten abends. Das ungewöhnliche Dosierschema und die englische Beschriftung der Paxlovid-Verpackung können für Verwirrung sorgen. (s / Foto: Stuart Monk / Adobe Stock) 

Drei Tabletten morgens, drei Tabletten abends. Das ungewöhnliche Dosierschema und die englische Beschriftung der Paxlovid-Verpackung können für Verwirrung sorgen. (s / Foto: Stuart Monk / Adobe Stock) 


Verlängerte Haltbarkeit, englischsprachige Aufmachung, Wechselwirkungen über CYP3A – bei Paxlovid gibt es gleich mehrere Fallstricke, die zu Medikationsfehlern führen können. Wichtig ist auch, dass Patient:innen trotz der ungewöhnlichen Aufmachung des Blisters zu den Einnahmezeitpunkten die komplette Dosis – bestehend aus drei Tabletten – einnehmen, wie die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker an einem realen Fallbeispiel illustriert.

Paxlovid® ist zur Behandlung einer COVID-19-Infektion zugelassen – bei Erwachsenen, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren Krankheitsverlauf zu entwickeln. Hierzu sollen über einen Zeitraum von fünf Tagen morgens und abends jeweils 300 mg Nirmatrelvir und 100 mg Ritonavir eingenommen werden. Klingt einfach? Das ist es in der Praxis nicht immer: Eine fehlerhafte Dosierungsangabe auf einer Verordnung hätte beinahe zu einem Medikationsfehler geführt, wie die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) am 17. Januar 2023 berichtete.

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Was gibt es Neues zu Paxlovid?

Um zu verstehen, wie es dazu kam, lohnt sich ein genauerer Blick auf Verpackung und Aufmachung des Corona-Medikamentes: Eine Faltschachtel enthält insgesamt fünf Blister, einen für jeden Behandlungstag. Der Blister ist farblich in zwei Teile gegliedert. Unter einer goldenen Deckfolie verbergen sich die Tabletten für die morgendliche Einnahme, die Dosis für den Abend ist unter einer blauen Deckfolie zu finden. Jede Dosis besteht, anders als man vielleicht annehmen würde, nicht aus einer einzigen, sondern aus insgesamt drei Tabletten: zwei rosafarbene Tabletten mit je 150 mg Nirmatrelvir und eine weiße Tablette mit 100 mg Ritonavir. Dies ermöglicht zwar eine Anpassbarkeit der Medikation beispielsweise an eine Niereninsuffizienz (mit einer eGFR ≥ 30 bis < 60 ml/min, in diesem Fall ist nur eine der beiden rosa Nirmatrelvir pro Einnahmezeitpunkt nötig), kann aber auch zu Verwirrung bei medizinischem Fachpersonal und Patient:innen führen. 

So hatte ein Hausarzt einem 43-jährigen Patienten das Medikament mit der Dosierungsangabe 1-0-1 verordnet. Kurz darauf wurde der Patient in einem Krankenhaus aufgenommen. In der Krankenhausapotheke fiel der Fehler noch vor der Einnahme auf und die Dosis konnte in Rücksprache mit dem Arzt auf 3-0-3 korrigiert werden.

Hilfestellungen für das Beratungsgespräch rund um Paxlovid

Apothekenpersonal, welches Paxlovid® an Patient:innen abgibt, tut also gut daran, die verordnete Dosierung zu prüfen und auch abzuklären, ob die Patient:innen diese verstanden haben. 

Weiterhin ist bei der Abgabe von Paxlovid® zu beachten, dass dieses sowohl an Patient:innen, als auch an Hausärzte als Sprechstundenbedarf abgegeben werden darf. Grund hierfür ist, dass das hausärztliche Dispensierverbot in diesem Fall aufgehoben wurde, um einen möglichst raschen Therapiebeginn zu ermöglichen. Mit mehr als fünf Packungen darf sich ein Hausarzt/eine Hausärztin jedoch nicht bevorraten. 

Da Paxlovid® in englischsprachiger Aufmachung in Deutschland im Handel ist, haben Apotheken bei der Abgabe den deutschsprachigen Beipackzettel auszudrucken und mit auszuhändigen.

Weiterhin wurde nach neuen Stabilitätsstudien für Paxlovid®-Packungen mit einem aufgedruckten Verfalldatum zwischen 11/2022 bis 05/2023 die Haltbarkeit um sechs Monate verlängert, solange die Packung nicht über 25 °C oder im Kühlschrank/Tiefkühlschrank gelagert wurde. Auf die Abgabe einer nur vermeintlich abgelaufenen Packung sollten Kund:innen ebenfalls hingewiesen werden, um spätere Beschwerden zu vermeiden.

Interaktionschecker, Beratungs- und Dokumentationsleitfaden für Paxlovid

Zu guter Letzt darf auch der Hinweis auf das umfangreiche Interaktionspotenzial des CYP3A-inhibitors Ritonavir nicht fehlen. Interaktionschecker speziell für Paxlovid® bieten beispielsweise die National Institutes of Health und die University of Liverpool. Ein temporäres Absetzen oder eine vorübergehende Dosisreduktion von Komedikation kann bei der Anwendung von Paxlovid® erforderlich werden.

Das Beratungsgespräch rund um das Thema Paxlovid® kann also durchaus ein wenig Zeit in Anspruch nehmen. Wer sicherstellen möchte, dass hierbei kein Aspekt vergessen wird, kann den Beratungs- und Dokumentationsleitfaden Paxlovid® der AMK verwenden, auf den diese in ihrer letzten Meldung nochmals explizit hinweist.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Genau dafür haben wir doch die brilliante DJ Regelung

von Dr. House am 18.01.2023 um 15:36 Uhr

Deswegen gilt ja für Ärzte: Bei Unsicherheiten stets mit "Dj" verordnen. Was wiederum bedeutet: Dosierungsanweisung ja. And by the way... Welch literarischer Geniestreich sich eine solche Abkürzung auszudenken. Ich bitte darum zu erforschen, wer sich unbekannter Weise vom Olymp herabgelassen hat, um uns die göttliche Wortkombination "Dosierungsanweisung: ja" zu überbringen. Es kann eigentlich nur ein Germanistikprofessor dahinterstecken. Selbst auf Goethes Grab blühten vor Scham rote Rosen, als das berühmte "Dj" erstmalig verlesen wurde und seinen Weg auf ein Muster 16 Rezept fand. Nicht mal Goethe konnte solch eine Meisterleistung vollbringen.
Doch wenden wir uns der genauen Bedeutung zu: Dj kann vielschichtig sein, daher wird beim Verordner auch höchste Konzentration erwartet, bevor das niedergeschriebene oder gedruckte Dj seine amtliche Erfüllung finden kann.
Die Bedeutung kann hier wie gesagt mannigfaltig sein.
Nicht wie bei billigen Alternativwortfetzen wie "Dosierungsanweisung liegt vor, Dosierung bekannt", usw. nur ein niederer Bürokrat würde mit soetwas sein schönes urkundliches Muster-16-Rezept verhunzen lassen. Es wäre zu einfach, zu klar und prägnant formuliert. Stattdessen birgt "Dosierungsanweisung ja" einen Strauß voller Geheimnisse. Denn das "ja" kann auch bedeuten: Ja, es wäre schön, wenn die Dosierung bekannt wäre. Oder: Dosierungsanweisung? Ja muss ich noch machen, oder ja, muss noch drauf. Oder auch: Dosierungsanweisung? Ja, was ist denn das? Oder Ja, wo finde ich denn sowas? Der Vollständigkeit halber ein Beispiel für den Fall, dass die D und j nicht unmittelbar kausal zusammenhängen: Dosierungsanweisung? Jedenfalls... Ja, ich will dich heiraten."
Wie man sieht, grenzenlose Möglichkeiten in 2 Buchstaben von einem Meister der Sprache dechiffriert. Ein Korintenkacker würde vielleicht bemerken: "Dosierungsanweisung ja soll eine juristisch tragfähige Abkürzung sein, die darüber entscheidet ob eine Verordnung gültig ist oder nicht? Haben die Verantwortlichen Lack gesoffen?
Zum Glück gibt es solch ignorante Kulturbanausen nicht bei uns im Land der Dichter und Denker.
Oder? Man munkelt es soll sie doch geben diese Banausen, zB in den Apotheken, dort wo die Geldgier regiert - so wollen die dort doch tatsächlich das Geld, was sie für die Medikamente der Patienten bezahlt haben von der Krankenkasse wiederhaben.... welch Pöbel. Wenn sie kein Brot kaufen können, sollen diese Kleingeister doch Citalopram fressen!
Also, nur für den Fall, dass die Apotheke nerven sollte, böte sich auch das "Dn" an und wenn Sie eingen ganz dicken Clown gefrühstückt haben und wollen, dass sowohl in den Apotheken, den Rechenzentren als auch in den Krankenkassen die Server abstürzen, dann drucken Sie "Dn" drauf mit drei Ausrufezeichen und schreiben zusätzlich die korrekte Dosierung danneben.

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