Digitalisierung des Gesundheitswesens

Große DAZ-Umfrage: So lief der E-Rezept-Start

Berlin - 17.01.2024, 07:00 Uhr

Wie zufrieden waren die Apothekenteams mit dem verpflichtenden E-Rezept-Start? (Foto: ABDA)

Wie zufrieden waren die Apothekenteams mit dem verpflichtenden E-Rezept-Start? (Foto: ABDA)


Viel wurde in den sozialen Medien geklagt über das E-Rezept – von Apotheker- und Ärzteschaft und natürlich den Patientinnen und Patienten. Aber wie ist es denn nun in den Apotheken gelaufen? Die DAZ hakte mit einer Umfrage nach, 1.281 Personen beteiligten sich – und einige Antworten sind mehr als ernüchternd.

Die Werbekampagnen laufen. Die ABDA lässt seit geraumer Zeit „Ferdinand“ erklären, wie das mit dem E-Rezept läuft. Die Onlineversender wollen dem in nichts nachstehen. DocMorris schickt die Familie „Gesundberg“ ins Rennen. Das E-Rezept ist ganz offensichtlich angekommen, der Kampf darum ist entbrannt.

Viele Beschwerden hat es seit Beginn des Jahres gegeben. Die Telematikinfrastruktur zeigte Mucken, die Barmer verschob darauf hin sogar die Anbindung ihrer Versicherten-App. Und natürlich klagten die Ärzte. Und dann auch der Deutscher Apothekerverband – und zwar über die Ärzte.

Keine Probleme? Sagen nur 6,4 Prozent

Auch die DAZ wollte eine erste Bilanz nach der ersten Woche und machte eine Online-Umfrage. Vom 8. Januar bis zum 15. Januar beteiligten sich 1.281 Personen daran – das ist eine ansehnliche Menge, mit der man arbeiten kann. Und es stellt sich heraus: Etwa die Hälfte der Befragten sagt, dass es entweder problemlos lief (6,4 Prozent) oder aber die auftretenden Schwierigkeiten überschaubar blieben (45,75). Etwa ein Drittel gab an, dass es auch größere Probleme gab und 13,82 Prozent sagen: Es war ein großes Chaos.

Aber wie sicher fühlen sich Apothekerinnen und Apotheker nun mit dem E-Rezept? Über die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sagt, dass sie sich nur teilweise sicher fühlen – kein Wunder bei dem ganzen Hin und Her. Etwas mehr als ein Viertel sagt, sie fühlen sich sicher. Ein Fünftel räumte ein, dass es noch Unsicherheiten gibt.

Deutlicher Mehraufwand

Da verwundert es auch nicht, dass für 54,41 Prozent die höhere Anzahl von E-Rezepten mit einem deutlichen Mehraufwand in der Apotheke einherging. 12,96 Prozent sagten hingegen, dass es so rund lief, dass es nicht mit mehr Aufwand verbunden war. Etwas weniger als ein Drittel sagte, dass das nur teilweise der Fall war. Und: Unter den 1.281 Befragten waren tatsächlich vier dabei (also 0,31 Prozent), die noch kein E-Rezept eingelöst haben.

Hauptursachen für Probleme

Überwiegend werden die Ursachen für die Probleme bei fehlerhaft ausgestellten E-Rezepten gesehen. Fast die Hälfte gab an, dass die der Hauptgrund sei. 16,39 Prozent hingegen sagten, es gebe Schwierigkeiten mit der Telematikinfrastruktur. Die eigene Software machten 8,12 Prozent der Befragten für die Probleme verantwortlich und 8,67 Prozent sagten, sie seien mit den Abläufen einfach noch nicht vertraut. 

In einem Freifeld zu „anderen Gründen“ war auch immer wieder zu lesen, dass alle drei Probleme zusammenkamen. Ansonsten klagten die Befragten vor allem darüber, dass die Patientinnen und Patienten mit noch nicht signierten E-Rezepten in die Apotheken kamen – und deswegen dann unzufrieden oder ungeduldig wurden. Aber es gab auch Probleme beim Austausch oder der Chargenübertragung.

Abstimmung mit Ärzten funktioniert mäßig

Die Abstimmung mit den Ärztinnen und Ärzten funktionierte dann für die meisten Apotheken nur teilweise. Das gaben 62,14 Prozent an. Allerdings sagte auch fast ein Viertel, dass die Abstimmung funktioniert habe, nur 10 Prozent sagten, das sei nicht der Fall gewesen.

In drei Monaten läuft alles rund?

Ernüchternd wird es jedoch, wenn man sich die Antworten auf die letzte Frage ansieht. Hier wollten wir wissen, ob die Teilnehmerinnen und Teilnehmer glauben, dass der Umgang mit dem E-Rezept in drei Monaten so eingespielt sein wird, dass er den Arbeitsalltag erleichtern wird – nicht einmal ein Fünftel der Befragten (18,74 Prozent) glaubt das. 44,11 Prozent hingegen sagen, dass sie keine Erleichterung und 30,13, dass sie das teilweise erwarten.

Da ist also noch ganz offensichtlich Luft nach oben. Man darf gespannt sein, wie Bundesgesundheitsministerium und Gematik in den kommenden Wochen versuchen, das verlorene Vertrauen wieder etwas aufzubauen.


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Wutrede

von Dr. House am 17.01.2024 um 13:46 Uhr

Ich muss gestehen, dass ich in punkto E-Rezept ratlos bin. Retaxationen lassen sich nie vollständig vermeiden, aber man konnte die Risiken bisher zumindest abschätzen.
Nun kommen hier die ersten Entlass-E-Rezepte der Kliniken an. Da das E-Rezept kein fertiges Produkt ist, nichtmal würdig als alpha - oder beta-Phase bezeichnet werden zu können, ist das was man uns und den Ärzten jetzt aufbürdet an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Wenn ein Computerspiel halbfertig auf den Markt kommt, und sich dann unter monatelangem Unmut der Kundschaft durch zahlreiche Updates "fertigpatcht", dann mag das inzwischen Mode sein. Bei einer versorgungsrelevanten Digital-"lösung" des Gesundheitssystems hingegen zu erwarten, dass die versorgenden Frontschweine die Fehler "on the go" und vor allem unter hohem finantiellen Risken selber lösen, geht gar nicht. Eine solche Lösung mag für Gematik und andere beteiligte Sesselfurzer die angenehmere und billigere Lösung sein. Aus Patienten- und Versorgersicht ist dies ein Skandal. Ich schwöre, wenn ich auch nur einem dieser "Profis" (und ich meine nicht die Programmierer, sondern die, die den Programmieren das Konzept auf den Tisch legen!) begegne und der mir dann noch mitteilt, welch in voller Erfolg das E-Rezept doch ist, dann wird meine Lunte sehr kurz sein. Ich weiß schlicht nicht, ob ich die Patienten versorgen kann. Die stehen Freitags bei mir in der Apotheke mit dringend benötigten Arzneimitteln aus dem Krankenhaus und meine Software zeigt mir "nicht abrechenbar". Anrufe in den Kliniken bringen nix, weil da meist nur ein Arzt nen HBA und dort auch keiner nen blassen Schimmer hat. Außerdem interessiert es irgendeinen Assistenzarzt nicht, ob ich in meiner Apotheke die Medikamente bezahlt bekomme. Eigentlich müssten wir jetzt wirklich geschlossen die ganzen Patienten unversorgt oder selbst zahlen lassen, denn dann erst taucht das Thema in der Laienpresse auf. Eigentlich müssten wir. Aber wielange haben wir uns um unsere Stammkundschaft bemüht, versteht denn niemand, wie unbeliebt wir uns machen, in welcher Zwickmühle wir sind? Und jetzt lese ich der Verband verhandelt seit Tagen und es wird ein Retaxverzicht gefordert. Was gibt es da zu verhandeln? ES MUSS VERDAMMT NOCH MAL EIN ULTIMATUM GESTELLT WERDEN! Wenn der Patient versorgt ist, wird das Medikament bezahlt! Punkt. Alles andere ist nicht hinnehmbar. Ich erwarte, dass der Verhandlungsführer wer auch immer das ist alle Register zieht, laut wird, notfalls der GKV auf den Tisch kackt. Das kann absolut nicht sein, wir Geisel eines stimperhaften Digitalprojektes sind, was jeder Informatik-Lehrling im Alleingang besser hinbekommt, wenn er die Expertise auch nur eines x-beliebigen Wald und Wiesen Apothekers aus einer x-beliebigen Apotheke eingeholt hätte. Ich will mir gar nicht vorstellen, was die Köche, die an dem "Brei" beteiligt waren alle im Monat verdienen, was für Gelder geflossen sind, wieviel Prestige die auf unseren Schultern ernten, weil die Deutschland ja so super digital gemacht haben. Herr Dieken weiß schon, warum er gegangen ist. Weil wir digital nun mal nicht können. Überhaupt können oder wollen wir keine Aufgabe in diesem Land mehr zuende denken. Wir sind vielleicht alle verblödet. Eine lächerlich schwache Generation, zulange verwöhnt, zur hart gepudert, whatever. Doch so viel Anstand muss man dann doch besitzen und schnell reagieren wenn es solche Probleme gibt. Ich erwarte, dass die ganze Misere UMGEHEND auf Eis gelegt wird oder, dass zumindest ein REATAXVERBOT zustandekommt. Was gibt es da tagelang zu verhandeln? Was geht in solchen Leuten vor?

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