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E-Rezepte über Plattformanbieter
BMG: Diskriminierungsfrei bedeutet auch kostenlos
E-Rezepte und ihre Token dürfen nur innerhalb der Telematikinfrastruktur übermittelt werden. Ausnahmen bestätigen diese Regel: So dürfen unter bestimmten Voraussetzungen auch Plattformen vermitteln – insbesondere muss dies diskriminierungsfrei geschehen. Doch was bedeutet das? Das BMG bekräftigt nun, dass die freie Apothekenwahl schon dann eingeschränkt sei, wenn die Apotheke den App-Anbieter für die Anbindung bezahle.
Mit dem Digitalgesetz, das Ende März in Kraft getreten ist, wurde das bereits zuvor im Apothekengesetz verankerte Makelverbot für (E-)Rezepte (§ 11 Abs. 1a ApoG) nochmals im Sozialrecht bekräftigt: E-Rezepte dürfen – ebenso wie die elektronischen Zugangsdaten hierzu (Token) – nur innerhalb der Telematikinfrastruktur (TI) übermittelt werden. Das stellt § 360 Abs. 16 Satz 1 SGB V klar. Sodann führt die Norm allerdings vier Ausnahmen auf. Zwei davon betreffen „informationstechnische Systeme“, über die Versicherte ihre Token übermitteln – in der Praxis handelt es sich dabei im Regelfall um Apps, die entweder von einzelnen Apotheken betrieben oder von Drittanbietern bereitgestellt werden.
Einzel-Apps und Plattformen
Dass eine einzelne Apotheke solche Apps anbietet – verbunden mit einem eigenen CardLink-Verfahren – ist nicht der Regelfall. Die großen EU-Versender haben hierfür die finanziellen Ressourcen und nutzen die Möglichkeit bereits – nicht zuletzt, um überhaupt endlich an die heiß begehrten Rx-Verordnungen zu kommen. Doch die deutsche Apotheke vor Ort wird sich eher einem Anbieter anschließen wollen, der die Technik für sie bereithält. Und es macht sich auch eine Reihe von Dienstleistern dafür bereit, etwa gesund.de, apotheken.de und die Gedisa. Doch noch ist etwas Geduld gefragt. Zudem: Dass das zusätzliche Angebot die Apotheken auch etwas kosten wird, haben die Anbieter bereits angekündigt. Sie müssen sich nicht nur um die CardLink-Zulassung kümmern, über die E-Rezepte direkt in die Apotheken übermittelt werden. Nach § 360 Abs. 16 Nr. 4 SGB V müssen sie auch dafür Sorge tragen, dass den Datenschutzanforderungen Rechnung getragen wird. Und: Bei all dem dürfen keine Apotheken oder Gruppen von Apotheken bevorzugt werden. Vielmehr ist der Apotheken-Verzeichnisdienst der Gematik „für die diskriminierungsfreie Anbindung zu nutzen“.
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Der Weg des E-Rezepts in die Apotheke – was ist erlaubt?
Einige der Begrifflichkeiten der neuen Norm sind nicht ganz klar – und so hatte Jochen Brüggemann, Geschäftsführer von Red Medical, einige Fragen, die er an Sebastian Zilch richtete, den für die Gematik und TI zuständigen Unterabteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium.
Was bedeutet diskriminierungsfrei?
Brüggemann wollte wissen, was es mit der diskriminierungsfreien Anbindung und dem Bevorzugungsverbot auf sich hat: Bedeutet dies, dass die Listung der Apotheken in den Apps kostenlos erfolgen muss – oder müssen nur für alle Apotheken die gleichen Bedingungen in Bezug auf die Listung gelten? Sofern die Plattformbetreiber ihre Dienste kostenlos anbieten sollten, sieht er nämlich schwarz: Wie könnten sie ihre App wirtschaftlich betreiben? Wenn ihnen das nicht möglich wäre, bliebe das Feld den großen Versendern mit eigenen Apps überlassen – und das habe man mit dem Gesetz doch sicher nicht bezweckt.
Dazu stellt das BMG klar:
„Die Anforderungen ‚keine Bevorzugung‘ und ‚diskriminierungsfreie Anbindung‘ bedeuten, dass die freie Apothekenwahl gewährleistet und daher eine Zuweisung an jede Apotheke möglich sein muss. Es soll sichergestellt werden, dass das Makelverbot beachtet und eine freie Apothekenwahl gewährleistet wird. Die freie Apothekenwahl wird beispielsweise eingeschränkt, wenn eine Einlösung bei der Apotheke mittels App nur möglich ist, wenn diese den Anbieter der App dafür bezahlt hat. Durch die gesetzliche Ausnahme werden Anwendungen ermöglicht, welche eine Einlösung durch einen Versicherten diskriminierungsfrei bei allen Apotheken ermöglichen. Die vor dem gesetzlichen Hintergrund gegebenen Möglichkeiten zur Monetarisierung des Angebots liegen in der Zuständigkeit des Anbieters.“
Diese Antwort wirkt sehr deutlich – und macht all jenen Plattformen, die sich die Bereitstellung von CardLink vergüten lassen wollen, einen Strich durch die Rechnung.
„Standard-App“ als zulässiger Ausweg?
Doch es gibt offenbar einen möglichen Ausweg. Brüggemann fragte mit Blick auf die Ausnahmeregelung für „informationstechnische Systeme“, die eine Apotheke selbst betreibt, um die Token von Versicherten direkt entgegenzunehmen, ob es wirklich nötig ist, dass jede Apotheke ihre eigene App hat. Oder darf es auch eine von einem Dienstleister angebotene „Standard-App“ geben, die auf verschiedene Apotheken ausgelegt ist, bei dem sich die Patienten aber nach dem Setup für eine Apotheke entscheiden müssen?
Damit hat das BMG offenbar kein Problem:
„Die Nutzung einer Standard-App als App für eine individuelle Apotheke ist möglich. Durch die Ausnahme werden Anwendungen einzelner Apotheken zur Einlösung von E-Rezepten durch einen Versicherten bei der jeweiligen Apotheke ermöglicht. Die App darf daher nur die Einlösung für die eine Apotheke ermöglichen. Der Betrieb der App muss durch die Apotheke erfolgen oder von dieser beauftragt werden.“
Die Plattformbetreiber stehen damit noch vor einigen Herausforderungen, wenn sie künftig E-Rezept-Token an Apotheken übermitteln wollen. Ein kostenfreies Angebot gibt es bereits: die Gematik-App. Wie sich diese und der gesamte Markt entwickeln wird, bleibt also äußerst spannend.
Auch sonst muss sich noch zeigen, wie der neue § 360 Abs. 16 SGB V in der Praxis ausgelegt wird. Er zieht seinem Wortlaut nach auch einen klaren Schlussstrich unter die Möglichkeit, dass Versicherte einfach den ausgedruckten E-Rezept-Token fotografieren und über einen Drittanbieter zur Einlösung verschicken. Dass dabei die TI verlassen wird, steht außer Frage.
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