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Referentenentwurf Digitalagentur
Mehr Verantwortung: Gematik soll zukünftig Bußgelder verhängen können
Die Gematik soll zukünftig eine Digitalagentur sein und handlungsfähiger werden. Dazu gehört unter anderem, dass sie auch Bußgelder verhängen soll. Das geht aus dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Schaffung einer Digitalagentur für Gesundheit (GDAG) hervor.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat in den kommenden Wochen noch einiges vor. Derzeit sind 16 Gesetzesinitiativen in Planung, für die es heißt „ggf. Kabinett noch vor der Sommerpause“. Diesen Mittwoch hat das Krankenhausreformgesetz diese Hürde genommen. Auch das Apotheken-Reformgesetz steht auf der Liste, von diesem ist aber bislang noch nicht einmal der Referentenentwurf bekannt.
Öffentlich wurden nun aber die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für die Umgestaltung der Gematik: Sie soll zu einer „Digitalagentur Gesundheit“ ausgebaut und ihre „Handlungsfähigkeit“ insgesamt gestärkt werden. So steht es im 51-seitigen Referentenentwurf für das Gesetz zur Schaffung einer Digitalagentur für Gesundheit (Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz – GDAG).
Konkret heißt es zur Stärkung der Handlungsfähigkeit: „Dies betrifft zum einen die Schaffung und Etablierung eines effektiven Steuerungsmodells für die Telematikinfrastruktur und zum anderen die Festlegung von klaren prozessbezogenen Verantwortlichkeiten.“ Gewährleistet werden soll „effiziente und beschleunigte Weiterentwicklung der Digitalisierung im Gesundheitswesen“.
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Zentrale Aufgabe der Digitalagentur Gesundheit bleibe „die Steuerung der Entwicklung und Bereitstellung digitaler Anwendungen“. In ihrer Verantwortung können Komponenten und Dienste, die zentral und nur einmalig vorhanden sein können, entwickelt und betrieben werden. Zudem werden von ihr Anwendungen mit einer Vielfalt von Angeboten und der Möglichkeit von Wettbewerb spezifiziert, aber „in unterschiedlichen Abstufungen vom Markt entwickelt“. Die Komponenten, Dienste und Anwendungen „können in einem kontrollierten Marktmodell über Ausschreibungsverfahren von der Digitalagentur Gesundheit beschafft und bereitgestellt werden“.
Anweisungen nicht befolgt
Ganz offensichtlich werden mit dem Entwurf die Konsequenzen aus der teilweisen Unzufriedenheit mit der Einführung des E-Rezepts gezogen. Der zukünftigen Digitalagentur soll demnach nun auch die Möglichkeit gegeben werden, gegen Anbieter von Komponenten oder Diensten in der Telematikinfrastruktur Bußgelder zu verhängen. So heißt es in dem Entwurf, dass die Anbieter in der Vergangenheit „die verbindlichen Anweisungen“ zur „Beseitigung oder Vermeidung von Störungen“ der Telematikinfrastruktur nicht immer befolgt hätten.
„Da die Digitalagentur Gesundheit keine Möglichkeit hatte, Anweisungen zwangsweise durchzusetzen, konnten Ausfälle von Komponenten und Diensten und Sicherheitsrisiken nicht so zeitnah behoben werden, wie dies erforderlich ist, um die Sicherheit und Funktionsfähigkeit der Telematikinfrastruktur zu gewährleisten.“ Dies soll sich durch die Möglichkeit Bußgelder zu verhängen ändern.
Stärkung der Praxen gegenüber PVS-Herstellern
Folgen hat das neue Gesetz auch für die Hersteller der Praxisverwaltungssysteme (PVS). Die Systeme seien zwar sowohl für die Digitalisierung der Arztpraxen als auch die elektronische Patientenakte „ein wesentlicher Erfolgsfaktor“, nicht alle würden aber „den gesetzlichen Interoperabilitätsanforderungen oder den Anforderungen der Leistungserbringer gerecht“. Die Hersteller sollen „verstärkt in die Pflicht genommen“ werden. „Es wird ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen den Rechten und Pflichten der verschiedenen Akteure im Bereich informationstechnischer Systeme geschaffen.“
Das heißt unter anderem, dass durch das GDAG der Wechsel für die Praxen erheblich erleichtert werden soll und der alte Hersteller dabei zum Mitwirken verpflichtet wird. Sollte er dem nicht nachkommen und beim Leistungserbringer ein Schaden entstehen, so hätte dieser „das Recht auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens“.
Angst vor Gesellschaftern
Wie „Tagesspiegel Background“ betont, sind die Pläne, aus der Gematik eine Anstalt öffentlichen Rechts zu machen, verworfen worden. Das BMG wollte damit seine Befugnisse erweitern, es habe sich aber der Eindruck durchgesetzt, dass dadurch die Gesellschafter mehr Blockademöglichkeiten erhalten hätten. Unter anderem sei das Bundesjustizministerium den Empfehlungen der Gematik gefolgt und ein vorheriger Entwurf musste vom BMG umgearbeitet werden.
Es bleibt also dabei, dass das BMG mit 51 Prozent Mehrheitsgesellschafter der Gematik ist. Die übrigen Gesellschafter sind die Krankenkassen und die Leistungserbringer, unter anderem der Deutsche Apothekerverband (mit einem Anteil von 3,92 Prozent).
KBV fordert Einbindung der Niedergelassenen
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht „durchaus positive Ansätze“ in dem Referentenentwurf. Vorstandsmitglied Sibylle Steiner sagte laut einer Pressemitteilung von diesem Mittwoch, man begrüße, „dass die Digitalagentur in die Lage versetzt werden soll, Maßnahmen umzusetzen mit dem Ziel, die Stabilität der Telematikinfrastruktur zu erhöhen“. Das sei dringend notwendig, „da es immer noch viel zu viele Ausfälle und Störungen zu verzeichnen gibt“.
Positiv bewertet wird auch, dass die neue Digitalagentur qualitative und quantitative Anforderungen an die PVS definieren soll. Das fordere der KBV seit längerem, nun sei es im Entwurf aufgegriffen worden.
Kritisch sieht die Bundesvereinigung allerdings, welche Rolle die ärztliche und psychotherapeutische Selbstverwaltung spielen wird. Sie fordert eine stärkere Einbindung der Niedergelassenen. Die wüssten am besten, „welche Erfordernisse entscheidend sind, damit digitale Prozesse die Arbeit in den Praxen wirklich erleichtern“.
TK: Entwicklung von Anwendungen „dem Markt“ überlassen
Die Techniker Krankenkasse (TK) begrüßte hingegen, dass die Digitalagentur „den Fokus auf die Nutzerfreundlichkeit legen soll“. Es könne nicht sein, „dass Ärztinnen und Ärzte im hektischen Praxisalltag minutenlang warten müssen, bis sich Dokumente mit den Patientendaten öffnen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Jens Baas laut einer Pressemitteilung von diesem Dienstag.
Allerdings sei wichtig, dass sie nicht wie beim E-Rezept selbst digitale Anwendungen entwickelt. Das sollte sie „dem Markt“ überlassen.
1 Kommentar
Gewagter Ansatz
von ratatosk am 17.05.2024 um 8:34 Uhr
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