Deutscher Apothekertag 2024

Alltagsarbeit und wenig Potenzial für Debatten

Stuttgart - 04.10.2024, 07:00 Uhr

Welche Anträge erwarten die DAT-Delegierten 2024? (Foto: DAZ/Alex Schelbert)

Welche Anträge erwarten die DAT-Delegierten 2024? (Foto: DAZ/Alex Schelbert)


In den Anträgen zum Deutschen Apothekertag 2024 geht es vor allem um bekannte berufspolitische Forderungen, Reaktionen auf die Pläne zur Apotheken-Reform und Konsequenzen aus Alltagsproblemen der Apotheken. Visionen sind kaum zu erkennen, aber einige Anträge könnten zum Anlass für konstruktive Grundsatzdebatten werden. Welcher Antrag zum Deutschen Apothekertag 2024 hat dafür Potenzial?

Keine „Apotheken ohne Apotheker“

Das Antragsheft beginnt mit der „Sicherstellung der Versorgung“. Die ersten Anträge sind als Reaktionen auf die geplante Apotheken-Reform zu verstehen. Der Geschäftsführende ABDA-Vorstand möchte den Gesetzgeber auffordern, die Resilienz der Vor-Ort-Apotheken zu erhöhen und damit die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten. Ein Leitantrag richtet sich gegen „Apotheken ohne Apotheker“. Ein Antrag des Apothekerverbandes Nordrhein geht weiter und fordert, auf ein strukturveränderndes Apotheken-Reformgesetz zu verzichten. Die Apothekerkammer Berlin fasst das Thema noch weiter. Sie möchte, dass die Bundesregierung politische Rahmenbedingungen schafft, die alle freien Berufe schützen und fördern.

Doch es soll auch um inhaltliche Angebote der Apotheken an die Politik gehen. Die Landesapothekerkammer Hessen beantragt, „basierend auf dem Perspektivpapier 2030 ein Strategiepapier 2040 zu entwickeln, um dem demografischen Wandel zu begegnen“. Darin sollen Vorschläge zu dieser gesamtgesellschaftlichen Herausforderung dargelegt werden. Wer sich an die Entwicklung des Perspektivpapiers 2030 erinnert, wird den erheblichen Aufwand für ein solches Projekt ermessen. Doch die inhaltlichen Fragen werden sich auf jeden Fall stellen.

Rolle der Apotheken bei der Versorgung

Die Apothekerkammer Nordrhein fordert vor dem Hintergrund der geplanten Reform der Notfallversorgung, diese nur mit einer verantwortlichen Rolle der Apothekerschaft weiterzuentwickeln. Demnach soll die rechtliche Verantwortung der Apotheken und der Apothekerkammern gewahrt und in den neuen integrierten Notfallzentren ggf. erweitert werden. Damit wendet sich der Antrag dagegen, die Arzneimittelversorgung im Notfall an Organisationen außerhalb der Apothekerschaft zu übertragen.

Für die Versorgung im Alltag fordern die Berliner Mitgliedsorganisationen, mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung geeignete Maßnahmen abzustimmen, „um Apotheken als zusätzliche Säule der Erstversorgung bzw. Ersteinschätzung von leichteren akuten Erkrankungen fest im Gesundheitswesen zu etablieren“, wie beispielsweise in Großbritannien und in der Schweiz. Etwas allgemeiner ist ein Antrag mehrerer Mitgliedsorganisationen formuliert, die Apotheken als Anlaufstelle für den Symptom-Check zu nennen. Wenn die vorgenannten Anträge gemeinsam betrachtet werden, könnten sie eine konstruktive Debatte zur Rolle der Apotheken in der Versorgung, insbesondere in Not- oder Akutfällen, anregen. Bei isolierter Betrachtung droht dieser Zusammenhang verloren zu gehen.

Telepharmazie mit den richtigen Inhalten füllen

Im zweiten Abschnitt des Antragsheftes geht es um die „Rahmenbedingungen der Berufsausübung“. Ein Antrag des Apothekerverbandes Nordrhein fasst viele bekannte ABDA-Forderungen zur Stärkung der öffentlichen Apotheken zusammen. Die geforderte Honorarerhöhung wird dabei allerdings nicht quantifiziert. Die Apothekerkammern Nordrhein und Bayern möchten den Gesetzgeber auffordern, die Rahmenbedingungen für die Telepharmazie unter Wahrung der Arzneimitteltherapiesicherheit festzulegen. Dabei sollen unter Telepharmazie alle patientenindividuellen Kommunikationswege im Rahmen pharmazeutischer Leistungen verstanden werden. Neben der Kommunikation mit den Patienten soll dies auch die inter- und intraprofessionelle Kommunikation sein. Hintergrund für diesen Antrag dürfte insbesondere der Versuch des Bundesgesundheitsministeriums sein, die Telepharmazie in der geplanten Apotheken-Reform anders als in der bisherigen Fachsprache zu definieren und damit den Weg für „Apotheken ohne Apotheker“ zu bahnen. Außerdem soll die Telepharmazie mit Inhalt gefüllt werden. Die Apothekerkammer Hamburg spricht sich für die „assistierte Telemedizin“ in Apotheken in Not- und Akutsituationen und die dazugehörige Honorierung aus. Die Apothekerkammer Nordrhein fordert, „Konzepte für den intelligenten Einsatz des pharmazeutischen Personals zu entwickeln“. Dies betrifft die apothekerliche Kompetenz und Verantwortung, aber auch die Herausforderungen durch den Fachkräftemangel. Der Antrag ist vermutlich bewusst „weich“ formuliert, berührt aber die fundamentale Frage, wo die Apothekerschaft die Grenze zwischen hilfreicher technischer Unterstützung der Ver­sorgung einerseits und Bedrohung der heilberuflichen Tätigkeit und Verantwortung anderseits sieht. Idealerweise ergibt sich dazu eine konstruktive Debatte, die den Weg zu den im Antrag genannten Konzepten weist.

Wie umgehen mit Honorarforderung?

Der Geschäftsführende ABDA-Vorstand bringt die bekannten ABDA-Forderungen an die Politik nicht erneut als Antrag ein, denn das Votum des Deutschen Apothekertages 2023 gilt weiterhin. Die Honorierung macht die ABDA allerdings wieder zum Thema und fordert eine deutliche Erhöhung des Festzuschlags auf Rx-Arzneimittel, eine jährliche angemessene Dynamisierung und Erhöhungen für die Sonderentgelte. Anders als 2023 wird keine dieser Forderungen quantifiziert. Hier ist zu fragen, ob dies eine Abkehr von den bisher geforderten Beträgen sein soll ‒ oder eine pragmatische Abstufung für eine Berufspolitik, die realisiert, dass die Forderungen nicht sofort in vollem Umfang durchsetzbar sind.

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Mehr Geld bei Einzelhonoraren gefordert

Es folgen Anträge der Mitgliedsorganisationen zu einzelnen Honorarkomponenten, teilweise mit Zahlen. So soll die Notdienstgebühr auf 4,20 Euro plus Umsatzsteuer erhöht und damit verdoppelt werden. Außerdem soll von 0 bis 6 Uhr ein zusätzlicher Zuschlag von weiteren 4,20 Euro plus Umsatzsteuer erhoben werden. In weiteren Anträgen wird gefordert, die Botendienstpauschale auf 5 Euro plus Umsatzsteuer anzuheben, ein Honorar zugunsten der Apotheken für das Inkasso der GKV-Zuzahlungen einzuführen und Maßnahmen zu ergreifen, welche die Durchsetzung des einheitlichen Abgabepreises sicherstellen. Letzteres wird dadurch begründet, dass die Paritätische Stelle zur Überwachung der Preisbindung wegen der drohenden Haftungsrisiken handlungsunfähig sei.

Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg möchte Effizienzreserven in der GKV heben. Der Landesapothekerverband Niedersachsen fordert, die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 auf 7 Prozent zu senken, um mit den frei werdenden Finanzmitteln das Apothekenhonorar zu erhöhen. Außerdem solle die Mehrwertsteuer auf den Kassenabschlag gestrichen werden. Wenn dies wörtlich genommen würde, wäre es allerdings eine Belastung der Apotheken, weil sich dann der Staat nicht mehr am Kassenabschlag beteiligen würde. Außerdem erscheint eine Abrechnung des Kassenabschlags ohne Mehrwertsteuer steuerrechtlich unmöglich, weil der Abschlag ein Teil des Rechnungsbetrags für Arzneimittel ist, der für einzelne Produkte nicht aufgespalten werden kann. Vermutlich ist mit diesem Antrag gemeint, dass der Kassenabschlag als Netto-Betrag festgesetzt werden soll, wie es in den bekannten ABDA-Forderungen formuliert ist. Die saarländischen Mitgliedsorganisationen fordern, Retaxationen aufgrund von Verstößen Dritter gegen die Verschreibungsregeln gesetzlich auszuschließen. Für alle anderen Fälle soll eine Untergrenze von 50 Euro für jeden Einzelfall gelten. Außerdem sollen Apotheken formale Fehler heilen können.

Neue Aufgaben für Apotheken

Die nächsten Anträge lassen sich grob unter der Idee zusammenfassen, den Apotheken zusätzliche Aufgaben zu geben oder bereits bestehende neuere Aufgaben praktikabel zu machen. Die westfälisch-lippischen Mitgliedsorganisationen fordern, die Empfehlungen des Bundesgesundheitsministeriums im Hitzeschutzplan um den „Arzneimittelbezug während Hitzewellen“ zu erweitern und eine Empfehlung zur Nutzung des Botendienstes aufzunehmen. Die Apothekerkammer Berlin möchte weitere Ausnahmen für Apothekenbetriebsräume außerhalb der Raumeinheit der Apotheke zulassen, beispielsweise für die Telepharmazie, die Prävention und Impfungen.

Die bayerischen Mitgliedsorganisationen sprechen sich zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit dafür aus, die Ausweitung von Testungen insbesondere in der Pharmakogenetik zu prüfen. Die Impfberechtigung soll auf weitere Totimpfungen und auf Impfungen durch das weitere pharmazeutische Personal ausgedehnt werden. In einem Leit­antrag wird gefordert, das gemeinsame ärztliche und apothekerliche Medikationsmanagement als honorierte GKV-­Regelleistung einzuführen und auch für Privatversicherte anzubieten. Außerdem sollen die Apotheken im Präventionsgesetz als tragende Säule der Prävention verankert und bei der Fortentwicklung der Prävention einbezogen werden. Zugleich sollen die Grundlagen für die Honorierung dieser Dienstleistungen geschaffen werden.

Belastungen des Apothekenbetriebs abbauen

In weiteren Anträgen geht es darum, eingetretene oder absehbare Belastungen des Apothekenbetriebs abzubauen bzw. zu verhindern. Gemäß einem Antrag des Geschäftsführenden ABDA-Vorstands sollen bei der Novellierung des europäischen Arzneimittelrechts zusätzliche Belastungen für Apotheken verhindert werden. Die Defekturherstellung dürfe nicht eingeschränkt werden und die elektronischen Packungsbeilagen dürften nicht zu zusätzlichem Aufwand führen. Außerdem positioniert sich der Antrag gegen überbordende Meldepflichten, gegen eine Ausweitung des SecurPharm-Systems auf OTC-Arzneimittel und für die Regulierung von Influencer-Werbung für Arzneimittel.

Die Apothekerkammer Berlin fordert für die Apotheken Informationsmaterial über neue Rechte und Pflichten im Umgang mit Gesundheitsdaten. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe möchte in § 11 Apothekengesetz (ApoG) klarstellen lassen, dass kein Verstoß gegen das Zuweisungsverbot vorliegt, wenn ein autonom gebildeter Patientenwille an einer für die Heilbehandlung sinnvollen Zusammenarbeit eines Arztes mit einer Apotheke besteht. Außerdem sollen § 11 Absätze 2 und 2a ApoG zu einer Ausnahmevorschrift umgestaltet und durch einen beispielhaften Katalog von Ausnahmen ergänzt werden.

Bei der Trennung von Arzt und Apotheker geht es um die wesentliche Säule der Berufsausübung, sodass bei Umformulierungen Vorsicht vor missbräuchlicher Nutzung geboten ist, aber die Antragsteller verweisen auf Gerichtsentscheidungen, bei denen weder der Patientenwille noch die Versorgungswirklichkeit angemessen berücksichtigt wurden. Insbesondere geht es dabei um die Kommunikation zwischen Heilberuflern mittels KIM. 

Ein spezieller Aspekt dieses Problems wird in einem Leitantrag aufgegriffen. Dieser fordert, der Gesetzgeber möge die Fragen klären, die sich bei der Übermittlung von E-Rezepten für Heimpatienten ergeben. Dies betrifft die rechtliche Beziehung zwischen § 11 ApoG und dem Heimversorgungsvertrag gemäß § 12a ApoG. Gemäß der Begründung sieht der Heimversorgungsvertrag vor, dass das Heimpersonal die Verordnungen übermitteln soll, aber viele Heime sind noch nicht an KIM angeschlossen. Die praktisch naheliegende Übermittlung durch den Arzt wurde jedoch von der Gematik aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Während der Leitantrag keine konkrete Lösung vorschlägt, regt einer der zugrunde liegenden Anträge eine spezielle Ausnahme in einem neuen Absatz 2b in § 11 Apothekengesetz an. Dies alles geht jedoch nicht so weit wie der vorherige Antrag aus Westfalen-Lippe.

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Analyse zur Zukunftsfähigkeit

Welche Strukturreform die ABDA jetzt braucht

Die saarländischen Mitgliedsorganisationen fordern umfassenden Bürokratieabbau und machen dazu in der Antragsbegründung viele, teilweise detaillierte Vorschläge. Obwohl der Antragstext auf das Gebot für den Bürokratieabbau in § 220 SGB V Bezug nimmt, gehen die Vorschläge weit über das Sozialrecht hinaus und beziehen sich beispielsweise auch auf das Arzneimittelgesetz, die Apothekenbetriebs­ordnung, das Gefahrstoffrecht und die Belegpflicht gemäß Abgabenordnung.

Nur ein Antrag zur internen Arbeitsweise

Ein Antrag der Apothekerkammer Berlin betrifft den Umgang mit den Anträgen, die beim Deutschen Apothekertag in einen Ausschuss verwiesen werden. Die diesbezüglichen Ausschussberatungen sollen allen interessierten Delegierten in hybrider Form zugänglich gemacht werden. Weitere Anträge oder gar einen eigenen Abschnitt des Antragsheftes zur Arbeitsweise der ABDA gibt es diesmal nicht. Vermutlich liegt das an der laufenden Strukturreform, die dazu führen wird, dass ab 2025 die Macht der Hauptversammlung weiter abnimmt. Sie wird künftig kein Organ der ­ABDA mehr sein. Frühere Bestrebungen, die Hauptversammlung aufzuwerten und sie die Präsidentin bzw. den Präsidenten der ABDA wählen zu lassen, haben sich damit erübrigt.

Digitalisierung: praktische Umsetzung …

Im Abschnitt zur „Digitalisierung“ geht es zunächst darum, die absehbaren nächsten Schritte der Digitalisierung so zu gestalten, dass sie den Patienten nutzen und in den Apotheken umgesetzt werden können. Der Geschäftsführende ABDA-Vorstand wünscht, dass der Gesetzgeber verstärkt Maßnahmen ergreift, um die Qualität der Daten in der elektronischen Patientenakte (ePA) und im darin enthaltenen elektronischen Medikationsplan (eMP) zu sichern. Denn um diese Daten nutzen können, müssten sie nach einem einheitlichen Konzept strukturiert vorliegen. Derzeit würden jedoch verschiedene Kodierungen verwendet, die erst übersetzt werden müssten. Die geforderte Datenqualität sei auch nötig, damit die Apotheken ab 2025 ihrem Auftrag zur Aktualisierung der Medikationsdaten effizient nachkommen könnten.

Die Apothekerkammer Berlin fordert, eine standeseigene einheitliche Lösung zur Erfüllung der Aufgaben der Apotheken im Zusammenhang mit der ePA zu entwickeln, und begründet dies mit den Erfahrungen bei der Einführung des E-Rezepts in Softwaresystemen, die ursprünglich für einen anderen Zweck ‒ die Warenwirtschaft ‒ erstellt wurden. Die Apothekerkammer Berlin fordert auch, die Kommunikation in der Telematikinfrastruktur so weiterzuentwickeln, dass Patienten die Inhalte künftig an andere Akteure im Gesundheitswesen weiterleiten können. Außerdem sollen Daten, die bei pharmazeutischen Dienstleistungen entstehen, strukturiert und interoperabel, z. B. als Medizinische Informationsobjekte, verfügbar gemacht werden, um sie zwischen den Akteuren austauschen zu können. So könnte ein standardisierter Apothekenbrief entstehen.

… und rechtlicher Rahmen

Die Landesapothekerkammer Hessen fordert, der Gesetzgeber solle die Telematikinfrastruktur durch redundante Systeme so absichern, dass ein Ausfall möglichst ausgeschlossen ist. In den weiteren Anträgen geht es überwiegend um die Konsequenzen bereits bestehender rechtlicher Vorgaben zur Digitalisierung für die praktische Arbeit in den Apotheken. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik soll Informationsmaterial zur Verfügung stellen, das die Umsetzung der geforderten Maßnahmen zur Cybersicherheit gezielt für Apotheken beschreibt. Außerdem sollten die diesbezüglichen gesetzlichen Pflichten der Apotheken auf das Notwendigste beschränkt werden. Das Bundesgesundheitsministerium soll die selbst formulierten Vorgaben zur Digitalisierung in den eigenen Verordnungen berücksichtigen. Die Arzneimittelverschreibungsverordnung soll daher an das E-Rezept angepasst werden. Hintergrund für den Antrag sind offenbar Retaxationen wegen fehlender Berufsbezeichnungen der Verordner in E-Rezepten, die inkonsequent sind, weil diese ohnehin nur mit einem elektronischen Heilberufeausweis signiert werden können.

Außerdem wird gefordert, Apotheken bei der Implementierung digitaler strukturierter Behandlungsprogramme gemäß § 137f Absatz 9 SGB V zu berücksichtigten, um ihre Schnittstellenfunktion in der Arzneimittelversorgung zu nutzen. Gemäß der Begründung geht die Datennutzung in strukturierten Behandlungsprogrammen bei Diabetes mellitus an den parallelen Aufträgen an Apotheken, z. B. beim Medikationsmanagement, vorbei. Ein weiterer Antrag betrifft die Hilfsmittelversorgung und soll verhindern, dass dabei die Digitalisierung zu Lasten der Apotheken gestaltet wird. Gemäß dem Antrag soll der Gesetzgeber die GKV verpflichten, eine einheitliche offene Schnittstelle für die Genehmigung von Hilfsmitteln zu definieren, die plattformübergreifend nutzbar sein soll. Den Krankenkassen soll untersagt werden, die Bearbeitung von Anträgen zur Hilfsmittelversorgung auf kostenpflichtige Portale zu beschränken.

KI soll helfen, aber nicht mehr

Der Abschnitt „Ausbildung und pharmazeutische Kompetenz“ beginnt mit der Forderung des Geschäftsführenden ABDA-Vorstands, der Gesetzgeber solle Rechtsgrundlagen schaffen, „die sicherstellen, dass die Verwendung von durch Künstliche Intelligenz (KI) gestützten Systemen ausschließlich empfehlenden Charakter hat“. Künstliche Intelligenz solle unterstützen und der menschlichen Entscheidungsfindung dienen, aber das letzte Wort müsse bei einem Heilberufler liegen. Damit bleibe auch die Verantwortung bei der entscheidenden Person.

Ideen zur PTA- und PKA-Ausbildung und zur Weiterbildung

Zwei Anträge betreffen die PKA-Ausbildung. Der Berliner Apothekerverein möchte die PTA-Ausbildung als dualen Ausbildungsgang organisieren, zumal eine Ausbildungsvergütung gezahlt wird, welche die Ausbildung attraktiver machen sollte. Die saarländischen Mitgliedsorganisationen fordern „nur“ die Ausbildungsvergütung. Der Berliner Apothekerverein möchte die Inhalte zu Informations- und Kommunikationssystemen in der PKA-Ausbildung stärken. Die Apothekerkammer Berlin regt ein bundesweites digi­tales Portal zur Weiterbildung für die Apothekerkammern an. Dies soll die digitale Registrierung aller laufenden Weiterbildungen und die Verwaltung aller Weitergebildeten umfassen.

Viele Anträge von 2023 noch ohne Ergebnis

In der Gesamtbetrachtung gibt es also neben vielen eng begrenzten Anliegen einige Anträge, die das Potenzial für konstruktive Grundsatzdebatten bieten, sofern dies gewünscht ist. Der Erfolg von Anträgen wird allerdings an der Erreichung ihrer inhaltlichen Ziele gemessen. Die ABDA erstellt jeweils zur im Juni stattfindenden Mitgliederversammlung eine Übersicht über die Umsetzung der Anträge aus dem Vorjahr. Diese Bilanz fällt für die Anträge von 2023 besonders schwach aus. Nur bei wenigen Teilaspekten von Anträgen des Vorjahres konnte die ABDA feststellen, dass ­diese bei Neuregelungen berücksichtigt wurden, beispielsweise bei den Bemühungen gegen Lieferengpässe und bei Friedenspflichten zu Retaxationen. Zur Laienwerbung für Rx-Arzneimittel verweist die ABDA auf den neuen „Digital Services Act“ der EU, dessen Folgen zu beobachten seien.

Viele Anliegen wurden ohne nennenswerten Erfolg präsentiert, bei vielen weiteren Anträgen wartet die ABDA nach eigenen Angaben auf Gelegenheiten, das Anliegen anzubringen. Zur Rabattwerbung für OTC-Arzneimittel berichtete die ABDA über eine Antwort des Bundesgesundheitsministeriums, es sehe keinen Bedarf für eine Anpassung des Heilmittelwerbegesetzes. Die geltenden Vorschriften und die dazu ergangene Rechtsprechung würden die Rabattgewährung hinreichend begrenzen, sodass kein unzweckmäßiger Absatz gefördert werde, heiße es aus dem Ministerium. Zum Umgang mit Nachhaltigkeitszertifikaten für OTC-Arzneimittel, zur Honorierung nicht verbrauchter Impfdosen, zu den Räumen für Impfungen in Apotheken und zu weiteren Impfangeboten hatte die ABDA Ergebnisse ihrer Ausschussarbeit angekündigt, die auf der Mitgliederversammlung im Juni zur Abstimmung gestellt werden sollten. Nach dem Informationsstand, der der DAZ vorliegt, wurde dieser Tagesordnungspunkt dann jedoch auf die Mitgliederversammlung im Dezember 2024 vertagt.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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