Management

Filiale im Fokus

Teil 12: Reden wir über Geld

Die Leitung einer Filiale sollte angemessen entlohnt werden. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit des Filialleiters sich deutlich von der eines „normalen“ angestellten Approbierten unterscheidet. Von Iris Borrmann

Wer als Inhaber ein angemessenes Gehalt zahlen und wer als Filialleiter ein angemessenes Gehalt erzielen will, muss rechnen können und über ein paar diesbezügliche Brancheninformationen verfügen.

Tarif als Basis

Auch wenn dieser Satz schon unzählige Male gesagt und geschrieben worden ist: Tarifverträge regeln Mindestarbeitsbedingungen. In Tarifkommissionen sitzen Arbeitgeber, die zum Teil Inhaber kleiner, nicht optimal laufender Apotheken sind. Dementsprechend werden kleine Maßstäbe zugrunde gelegt. Einmal im Jahr veröffentlicht die ABDA die Zahlen zur betriebswirtschaftlichen Lage der Apotheken. Für den (angehenden) Filialleiter lohnt es sich auf jeden Fall, sich hier zu informieren, welchen Umsatz und Gewinn eine Durchschnittsapotheke erzielt und welche Spannbreite die Umsätze der Apotheken aufweisen. Anschließend kann er ein wenig einschätzen, wo denn der „eigene Apothekeninhaber“ mit seiner/seinen Apotheken steht und inwieweit man die eigene Filiale als über- oder unterdurchschnittlich einordnen kann.

Bei unterdurchschnittlichen Apotheken ist es nicht falsch, den Tarif als Basis für das Filialleitergehalt anzusetzen. Zusätzlich sollte aber eine Filialzulage von 20 bis 35% gezahlt werden. Darüber hinaus ist eine Einigung über die Notdienstpauschale erforderlich.

Zwar orientieren sich viele Filialleiterverträge am Gehaltstarifvertrag und loben lediglich eine übertarifliche Bezahlung von 2 bis 40% aus, jedoch wird inzwischen von zahlreichen Inhabern registriert, dass eine der wichtigen Motivationen, eine Apotheke nicht nur gut, sondern auch lukrativ zu führen, eine Erfolgsbeteiligung des Verantwortlichen ist. Natürlich ist es dazu wichtig, das Gehalt genau ausrechnen zu können und vorab die Chancen der Apotheke einzuschätzen.

Filialapothekerzulage

Wird in einem Vertrag eine tarifliche Entlohnung plus eine übertarifliche Zulage von X% vereinbart, so honoriert diese Zulage zunächst einmal die Tätigkeit als Filialleitung und hat nichts mit dem Erfolg der Apotheke zu tun. Vorsicht ist geboten bei der Formulierung.

Eine ganz klare Regelung, die meist von beiden Vertragsparteien richtig verstanden wird, lautet: „Für seine Tätigkeit erhält der ­Filialleiter ein Monatsgehalt gemäß dem jeweils gültigen Tarifvertrag plus einer Filialleiterzu­lage von 35%.“

Eine rechtlich unsichere Formulierung, die leider auch verwendet, wird lautet: „Die Entlohnung beträgt Y Euro, dies entspricht der Vergütung nach Tarifvertrag plus einer übertariflichen Zulage von X%. Bei einer Erhöhung des Gehaltstarifvertrags hat der Filial­leiter keinen Anspruch auf An­hebung seines Gehalts.“

Bei dieser Klausel kommt es zu einer Anrechnung des übertariflichen Bestandteils im Falle einer Tariferhöhung. Das bedeutet konkret, dass das Gehalt auf der Abrechnung gleich bleibt und der übertarifliche Teil gleichsam so weit verringert wird, wie der Tariflohnbestandteil ansteigt. Inwieweit eine solche Regelung der gerichtlichen Überprüfung standhält, ist zweifelhaft, da sie nicht gegen die Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB) oder das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) verstoßen darf.

Ob ein solcher Passus für eine Filialleiterzulage überhaupt rechtlich möglich ist, hängt davon ab, ob Filialleiter und Inhaber die übertarifliche Leistung als selbstständigen Lohnbestandteil vereinbaren wollten. Selbstständige Lohnbestandteile stehen dem Filialleiter in der Regel „anrechnungsfest“ – also unabhängig von der Anhebung des Grundgehalts – zu. Bei einer (rechtlichen) Vertragsauslegung müsste der Filialleiter nur beweisen, dass er die Zulage für einen bestimmten, nicht vom Tarifgehalt erfassten Sonderzweck erhält. Diese besondere Betätigung liegt bei der Leitung einer Apothekenfiliale auf der Hand.

Foto: efired - stock.adobe.com
Ein Stück vom Kuchen ... oder mehr? Wie viele „Stücke“ der Filialleiter einer Apotheke als Erfolgsbeteiligung ­erhalten soll, muss mit eindeutigen Formulierungen schriftlich geregelt werden.

Zeitpunkt der Vereinbarung

Es ist wichtig, zu Beginn des ­Arbeitsverhältnisses auch die ­wesentlichen finanziellen Vereinbarungen zu fixieren. Dazu ge­hören auf jeden Fall das Grundgehalt plus Notdienstvergütung und die Filialleiterzulage. Für eine spezielle Gewinnbeteiligungs-, Umsatzbeteiligungs- oder Bonusregelung sollte man im Vertrag einen bestimmten Zeitpunkt für weitere Verhandlungen festlegen. Tritt ein Filialleiter eine neue Stelle an, kann er nicht sofort übersehen, welches Potenzial in der Apotheke steckt bzw. welche Vereinbarung angemessen ist.

Erfolgsbeteiligungen für Fortgeschrittene

Bei diesen weiteren Verhandlungen ist dann auch an eventuelle Sonderleistungen des Filialleiters zu denken. Wie etwa wird es vergütet, wenn der Filialleiter einen Heimversorgungsvertrag akquiriert oder sich bei dem ansässigen Hautarzt über dessen Schwerpunkte erkundigt, um diesbezüglich das Sortiment zu ergänzen? Solche Erfolge sollte der Filialleiter sammeln, sodass er sie bei künftigen Verhandlungen anführen kann.

Die Vereinbarungen über Erfolgsbeteiligungen sind so vielfältig wie die Apotheken. Einig ist man sich, dass alle Systeme den Sinn und Zweck erfüllen sollten, einen „attraktiven Anreiz“ für den „Kopf“ der Apotheke, den Filialleiter, zu bieten, sich für den ­wirtschaftlichen Erfolg der Filiale zu interessieren.

Gleich ist bei den meisten Vereinbarungen auch, dass es sich selten um monatliche Ausschüttungen handelt, sondern um Gelder, die einmal im Jahr – teilweise zum Jahresende, teilweise erst mit dem Märzgehalt – fließen und zunächst auf das laufende Jahr begrenzt sind. Arbeitsvertraglich werden sie meistens als befristete Zulagen für das jeweilige Geschäftsjahr formuliert. Es ist sinnvoll, eine solche Vereinbarung als „Anlage zum Arbeitsvertrag“ zu führen, damit man den Grundvertrag nicht jährlich ändern muss.

Umsatzabhängiger Bonus

Die Beteiligung am Nettoumsatz ist eine der einfachsten Lösungen. Allerdings ist dies für den Inhaber ungünstig, da durch äußere, meist politisch gelenkte Vorgaben zwar der Umsatz, jedoch nicht unbedingt in gleichem Maß der Roh­gewinn steigt.

Sinnvoller ist, den Fililalleiter für das Erreichen bestimmter Ziele zu belohnen. Dabei gilt grundsätzlich, dass die Bezugsgrößen erreichbar sein müssen und dass der Filialleiter mit den entsprechenden Kompetenzen ausgestattet ist, um auf die Apotheke einen entsprechenden Einfluss zu nehmen.

Notwendig dafür ist eine konkrete Zielvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die (meist) schriftlich geschlossen wird. Dabei können vielfältige Ziele vereinbart werden, jedoch wird in der Regel die Orientierung an der Umsatzentwicklung der Apotheke gewählt. So ist zum Beispiel die Beteiligung des Filialleiters an einem Zielumsatz denkbar.

Bei der Beteiligung an einer prozentualen Umsatzsteigerung wird die Umsatzsteigerung im Vergleich zum Vorjahr ins Visier genommen. Zunächst errechnet man den prozentualen Steigerungssatz, z. B.: Wächst der Umsatz von 2,0 Mio. Euro auf 2,2 Mio. Euro, entspricht dies einer 10%igen Steigerung. Soll der Filialleiter in gleichem Maße daran beteiligt werden, wären auf 200.000 Euro ebenfalls 10% anzusetzen. Eine Ausschüttung von 20.000 Euro wäre die Folge.

Diese Rechnung lässt sich auch mit anderer Zahlen durchführen – eine nur z. B. 5%ige Beteiligung bei gleicher Umsatzsteigerung bedeutet eine Ausschüttung von 10.000 Euro.

Sollte in diesen Fällen eine tarifliche Bezahlung als Basisgehalt vereinbart sein, so ist es nicht verboten, diese Ausschüttung auf die Sonderzahlung anzurechnen.

Fixer Bonus

Bei einem fixen Bonus wird ebenfalls zunächst ein Fixum als Grundgehalt vereinbart, zum Beispiel 4500 Euro. Dieses Gehalt erhält der Filialleiter automatisch so lange, bis z. B. eine 3%ige Umsatzsteigerung überschritten ist. Ist diese Grenze erreicht, so setzt man einen gewissen feststehenden Bonus für eine bestimmte Steigerungsspanne an.

Eine solche Vereinbarung könnte folgendermaßen aussehen: „Bei Erreichen einer Umsatzsteigerung von 3% erhält der Filialapotheker einen Jahresbonus von 5000 Euro; bei Erreichen von 5% beträgt der Bonus 7000 Euro und bei Erreichen einer Steigerung von 8% beträgt die Auszahlung 10.000 Euro.“

Diese Methode koppelt sich allerdings weit von der tatsächlichen wirtschaftlichen Stärke der Apotheke ab und gibt Gewinne nur pauschal weiter. Immerhin bietet das Modell eine verlässliche Größe für Filialen mit niedrigem Jahresumsatz, da die Parameter individuell gesetzt werden können.

Streitigkeiten entstehen, wenn der Inhaber den Filialleiter nicht genau über die Umsatzsituation unterrichtet und entsprechende Unterlagen des Steuerberaters nicht vorlegt. Auch gibt es Schwierigkeiten, wenn die Umsatzsteigerungsspanne nur knapp unter- bzw. überschritten wird.

Qualitative Ziele

Es können aber nicht nur quantitative Ziele wie eine Umsatzsteigerung vereinbart werden, es ist auch möglich, qualitative Ziele zu fördern. Beispielhaft kann die Kontaktaufnahme und -pflege mit Ärzten, die Durchführung von Aktionen oder die durch regelmäßige Besprechungen geförderte Teambildung der Mitarbeiter honoriert werden. Auch die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems (QMS) und die Erlangung einer bestimmten Anzahl neuer Kundenkarten sind als Kriterium für eine finanzielle Beteiligung üblich. In einigen Apotheken hat der Inhaber spezielle individuelle Listen für die zu erreichenden ­Ziele erstellt.

Fehlerhafte Zielvereinbarung

In vielen Fällen vereinbaren die Vertragspartner zwar eine Provision oder Beteiligung, es werden aber keine hinreichend konkreten Ziele definiert, wann die entsprechende Vergütung fällig wird.

Wenn Zusatzvereinbarungen nicht schriftlich festgehalten werden, kommt es häufig zu Streitigkeiten darüber, ob und in welchem Umfang der Filialleiter die Ziele erreicht hat. Dabei stellt sich die Frage, welche Bonuszahlung der Filialleiter erhalten soll, wenn im Arbeitsvertrag zwar eine Bonuszahlung und der jährliche Abschluss einer Zielvereinbarung in Aussicht gestellt wurden, es aber nicht zur Unterzeichnung einer Zielvereinbarung kam. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Parteien haben sich nicht einigen können, eine konkrete Vereinbarung ist schlichtweg vergessen worden oder die Vereinbarung wurde nicht unterzeichnet.

Unbestritten ist, dass die Fehlerhaftigkeit einer Zielvereinbarung nicht dazu führen kann, dass der Anspruch auf diesen variablen Vergütungsbestandteil entfällt. Die Vergütungshöhe ist dann zu schätzen bzw. kann als Schadensersatz zugesprochen werden.

Es obliegt regelmäßig dem Inhaber als Arbeitgeber die Initiativlast dafür, einen Vorschlag für den Abschluss einer Zielvereinbarung zu unterbreiten.

Mindestinhalt einer Beteiligungsvereinbarung

Um eine Vereinbarung rechtssicher und effektiv zu gestalten, sind folgende Kriterien zu erfüllen:

1. Die Vereinbarung muss genau formuliert werden, denn nur dann können Filialleiter die Erwartungen des Inhabers erfüllen. „Bis zum 31.06.2018 wollen wir die Retaxationen um 30% senken. Bei Erreichung des ­Zieles wird ein Bonus von x bezogen auf y ausgeschüttet.“

2. Filialleiter müssen erfahren, ob und wann das Ziel tatsächlich erreicht worden ist. Dazu sollten unbedingt vorher Messkriterien festgelegt werden, anhand derer dies geprüft werden kann. Der Filialleiter muss dies nachvollziehen oder nachprüfen können.

3. Ferner sollte der Filialleiter ­genau wissen, warum das Ziel so wichtig ist und was er persönlich davon hat. Außerdem muss der Aufwand zur Erreichung des Ziels in einem angemessenen Verhältnis zum Bonus stehen.

4. Das Ziel soll nicht so schwierig sein, dass es nicht erreicht werden kann. Wenn der Filialleiter nicht daran glaubt, ein Ziel erreichen zu können, wird er es gar nicht erst versuchen. Der Filialleiter soll also in der Lage sein, das Ziel mit seinen Fähigkeiten, Kenntnissen und seinem Informationsstand zu erreichen.

5. Wichtig ist es zuletzt, einen Endtermin, d. h. ein konkretes Datum für die Erreichung des Ziels festzulegen.

Werden bei einer Beteiligungsvereinbarung diese Punkte beachtet, hält sie einer rechtlichen Überprüfung stand und kann die ­Erwartungen beider Beteiligten erfüllen. |

Iris Borrmann, Rechtsanwältin


Bisher sind er­schienen

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.