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Kongresse
Beratung bei oraler Tumortherapie ist kein Hexenwerk
Nur richtig angewendet sind orale Tumortherapeutika ein Gewinn
„Die orale Antitumortherapie wird immer wichtiger“, so eröffnete Prof. Dr. Ulrich Jaehde seinen Vortrag auf dem Pharmacon. Das liege daran, dass eine zunehmend große Zahl oraler Zytostatika zur Verfügung steht, aber auch an der demografischen Entwicklung Deutschlands – denn Tumorerkrankungen sind (überwiegend) eine Alterserkrankung, ergänzte Dr. Annette Freidank in ihrem Seminar. Entsprechend wichtiger wird auch die pharmazeutische Betreuung der Patientinnen und Patienten, da angesichts der hochpotenten Wirkstoffe selbst kleine Fehler schwere gesundheitliche Konsequenzen nach sich ziehen könnten.
Für eine gute pharmazeutische Betreuung müssten Apothekerinnen und Apotheker hierzu aber weder komplexe Therapieschemata noch die pharmazeutischen Profile aller verfügbaren oralen Tumortherapeutika im Kopf haben. Wichtiger ist es, die richtigen Informationsquellen zu kennen und zu nutzen. Auch sei es nicht Aufgabe oder Ziel, die „gesamte Medikation umzuschmeißen“ merkte Jaehde an, oft kann bereits über kleine Stellschrauben viel erreicht werden. Besondere Aufmerksamkeit bei der Beratung verdienen die folgenden Aspekte:
In einigen Indikationen kann eine jahrelange, tägliche Einnahme der oralen Tumortherapeutika erforderlich sein. Eine regelmäßige Nachschulung und Adhärenzförderung seitens der Apothekerschaft hilft, die Patientinnen und Patienten vor subtherapeutischen Wirkspiegeln zu schützen.
Besprochen werden sollte auch der Einnahmezeitpunkt des Arzneimittels, da für viele orale Tumortherapeutika ein „Food-Effekt“ besteht, die Wirkspiegel also bei der Einnahme zur Mahlzeit relevant verringert oder erhöht werden können. Diese Information kann in der Fachinformation nachgeschlagen werden.
Auch an eine mögliche QT-Zeit-Verlängerung durch Tumortherapeutika sollte gedacht werden, insbesondere wenn bereits andere die QT-Zeit verlängernden Wirkstoffe eingenommen werden oder aber relevante Vorerkrankungen bestehen. Auskünfte hierüber gibt die Website crediblemeds.org. Im Zweifelsfall kann ein EKG sinnvoll sein.
Bei der Identifizierung relevanter Interaktionen sollten nicht nur Inhibitoren und Induktoren von CYP-Enzymen betrachtet werden, im Fall der häufig verordneten Tyrosinkinase-Inhibitoren spielt auch der pH-Wert des Magens eine entscheidende Rolle. Bei den Tyrosinkinase-Inhibitoren handelt es sich um schwache Basen, die bei zu hohem pH-Wert ausfallen können, erklärte Jaehde. Eine Komedikation mit einem Protonenpumpen-Inhibitor ist daher unglücklich. Nach Möglichkeit sollte dieser abgesetzt oder durch Antazida bzw. H2-Antagonisten ersetzt werden. Wird ein Antacidum gewählt, muss der Tyrosinkinase-Inhibitor zwei Stunden davor oder vier Stunden danach eingenommen werden. Bei einem H2-Antagonisten wird der Tyrosinkinase-Inhibitor zwei Stunden vorher oder zehn Stunden danach eingenommen.
Die apothekerliche Beratung kann auch dazu beitragen, Nebenwirkungen zu vermeiden oder zu mildern. Beispielsweise kann es unter EGFR-Inhibitoren zu Hautreaktionen kommen, merkte Dr. Annette Freidank an und lieferte die passende Merkhilfe direkt mit: In dem mit „E“ abgekürzten „epidermal“ ist das Wort Haut bereits enthalten. Hier sollte aktiv zur regelmäßigen Hautpflege ermuntert werden. Patientinnen und Patienten, die mit VEGF-Inhibitoren behandelt werden, sollten hingegen ihren Blutdruck im Auge behalten und regelmäßig messen. Somit gebe es „keinen Grund nicht anzufangen“ mit der pharmazeutischen Betreuung von Patientinnen und Patienten mit oralen onkologischen Therapien, schloss Jaehde seinen Vortrag, und auch Freidank fasste zusammen: das ist „kein Hexenwerk“. |
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