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Neuerungen in der Therapie von Asthma bronchiale und Mukoviszidose

gg | Mit Asthma, COPD und Mukoviszidose standen drei chronische Erkrankungen im Mittelpunkt des Pharmacon, die den Betroffenen Beschwerden wie Atemnot oder Husten bereiten. Trotz der teil­weise überlappenden Symptome unterscheiden sie sich grundlegend in ihren Auslösern und erfordern daher auch unterschiedliche Therapieansätze. Bei Asthma und Mukoviszidose hat es in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte in der Therapie gegeben.
Foto: DAZ/gg

Prof. Dr. Gerd Bendas

Was bei der Therapie von Asthma bronchiale nicht vergessen werden darf, erklärte Prof. Dr. Gerd Bendas von der Universität Bonn, ist die Heterogenität im der Erkrankung zugrunde liegenden Entzündungs­geschehen. So kann der Phänotyp durch hohe IgE-Spiegel, hohe TH2-Zellaktivität oder aber eine

hohe Eosinophilen-Zahl gekennzeichnet sein.

Bei schwerem Asthma den passenden Antikörper wählen

Zwar können Patientinnen und Patienten mit leichtem oder mittelschwerem Asthma unabhängig vom Phänotyp mit inhalativen Glucocorticoiden und Broncho­dilatatoren gut therapiert werden, etwa 20% der Patienten leiden jedoch unter schwerem, steroid­refraktärem Asthma. Für dieses sieht die Leitlinie eine additive Behandlung mit einem Biologikum vor, bei dessen Auswahl der dominante Entzündungsmarker zu berücksichtigen ist. Bei Asthmaformen mit hohen IgE-Spiegeln kann mit Omalizumab therapiert werden, einem humanisierten Antikörper gegen den Fc-Teil des humanen IgE. Dominiert hingegen eine hohe TH2-Zellaktivität das Entzündungsgeschehen, werden Antikörper gegen die von den TH2-Zellen sezernierten Interleukine 4 und 13 eingesetzt. Der humane Antikörper Dupilumab richtet sich etwa gegen die alpha-Einheiten der IL-4- und -13-Rezeptoren. Bei Asthma mit einer hohen Zahl an Eosinophilen richtet sich die Therapie gegen IL-5, welches die Eosinophilen stimuliert. Hier stehen etwa Mepolizumab und Reslizumab zur Verfügung, die sich direkt gegen IL-5 richten, sowie Benralizumab, das den IL-5-Rezeptor als Target hat. Für alle Phänotypen geeignet sind hingegen Antikörper, die sich gegen das Zytokin Thymic Stromal Lymphopoietin (TSLP) richten. Grund hierfür ist, dass dieses von den pulmonalen Epithelzellen sezernierte Zytokin weit oben in der Entzündungskaskade steht. Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte diesem Antikörper zwar kürzlich keinen Zusatznutzen attestiert. Dies liegt aber daran, dass Tezepelumab in den vorgelegten Studien nicht gegen eine andere als die zweckmäßige Vergleichstherapie geprüft worden sei und nicht an der Wirksamkeit des Präparates, begründet Bendas. Im Gegenteil: in klinischen Studien konnte der 2022 zugelassen Antikörper die Exazerbationsrate um 70% senken.

Antikörper richtig lagern

Professor Bendas erinnerte an die allgemeinen Hinweise, die beim praktischen Umgang mit Antikörpern zu beachten sind. Die Konformation dieser Pro­te­ine mit komplexen dreidimen­sionalen Strukturen kann durch physikalische Effekte beeinflusst werden. Hierzu gehört die Einhaltung der richtigen Lagerungstemperatur (2 bis 8 °C), da bei zu warmer Lagerung die Entfaltung des Proteins, beim Einfrieren jedoch Schäden an der Proteinstruktur durch Eiskristallbildung drohen. Weiterhin kann es unter dem Einfluss von UV-Strahlung zur Photo­oxidation kommen, weshalb das Arzneimittel stets im Umkarton auf­zubewahren ist. Und die Antikörper sind vor mechanischen Einflüssen zu schützen. Für die Praxis bedeutet das: „Nicht schütteln“.

Bei Mukoviszidose an CYP-Interaktionen denken

Foto: DAZ/gg

Prof. Dr. Martin Hug

„Inhalieren bis zum Umfallen“, dazu Physiotherapie, Arzneimitteleinnahmen mehrmals täglich, häufige Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte – anschaulich beschrieb Prof. Dr. Martin Hug von der Universität Freiburg, dass die Therapie der Mukoviszidose lange Zeit eine „tagesfüllende Angelegenheit“ war. Auch heute ist sie noch aufwendig, die Innovationen in der Arzneimitteltherapie der letzten Jahre haben jedoch einen großen Zugewinn an Lebensqualität mit sich gebracht. Konkret handelt es sich hierbei um Wirkstoffe wie Ivacaftor, die den durch Mutationen schlechter funktionierenden Anionenkanal CFTR in der Zellmembran aktivieren (sogenannte Potentiatoren) oder aber um Wirkstoffe wie Lumacaftor, Elexacaftor oder Tezacaftor, die den Einbau des defekten Ionenkanals in die Zellmembran erst ermöglichen (sogenannte Korrektoren). In der Regel werden Potentiatoren und Korrektoren kombiniert angewandt, wodurch jedoch auch mehr Wechselwirkungen zu beachten sind. Ivacaftor ist ein schwacher Inhibitor des Enzyms CYP3A4, durch welches dieser Wirkstoff selbst metabolisiert wird. Bei einer gleichzeitigen Anwendung von Inhibitoren des Enzyms steigen daher die Plasmaspiegel stark, bei Voriconazol etwa um das 8,5-Fache. Induktoren von CYP3A4 führen hingegen zu niedrigen Spiegeln. Ein solcher Induktor stellt auch Lumacaftor dar, sodass bei gemeinsamer Anwendung die Dosis entsprechend aus­gewählt werden muss. Auch auf die Wirkspiegel anderer gleichzeitig angewandter Arzneimittel hat Lumacaftor einen Einfluss – beispielsweise Glucocorticoide oder auch orale Kontrazeptiva werden so in ihrer Wirkung deutlich eingeschränkt.

Für die Zukunft hofft Professor Hug auf weitere Innovationen im Bereich der Mukoviszidosetherapie – noch nicht für alle bekannten und unbekannten Mutationen stellen die bisher verfügbaren Arzneimittel zufriedenstellende Therapiemöglichkeiten dar. Im Bereich der Gentherapie werden aktuell mehrere Wirkstoffkandidaten getestet, darunter Ansätze die auf mRNA, cDNA und antisense Oligo­nukleotiden beruhen. Die zugehörigen (prä-)klinischen Studien liefern teilweise vielversprechende Ergeb­nisse. |

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