Wochenschau

Selbstverwaltung in der Krise

Stuttgart - 21.05.2016, 08:00 Uhr

Nichts geht mehr? (Foto: Kara / Fotolia)

Nichts geht mehr? (Foto: Kara / Fotolia)


Vielleicht sollten Apotheker sich freuen, dass sie derzeit nicht zum engsten Kreis der Selbstverwaltung gehören. Denn für die KBV könnte dies die erst einmal letzte Woche ohne Staatskommissar gewesen sein. DAZ.online-Redakteur Hinnerk Feldwisch-Drentrup blickt in seiner Wochenschau auf eine Geschichte zurück, die selbst der Patientenbeauftragte der Bundesregierung nur als „Stück aus dem Tollhaus“ bezeichnen konnte.

Der Umgang mit den Skandalen bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wird zum Lackmustest für die Selbstverwaltung. Doch in dieser Woche fand die Geschichte ihren bisherigen Höhepunkt. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe droht den Kassenärzten inzwischen mit Notfallvollmacht und Staatskommissar. Dennoch zeigte KBV-Chef Andreas Gassen sich in einer Videobotschaft am Mittwoch unbesorgt.

Auch wenn die Kassenärzte am Montag im eigenen Haus streng durchgreifen, werden sie wohl noch einige Zeit benötigen, um die stürmischen Zeiten hinter sich zu lassen. Schon Ende letzten Jahres forderte SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach angesichts der Skandale, die KBV sogar ganz aufzulösen. Und im April bezeichnete der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, die Krise bei der KBV als „Stück aus dem Tollhaus“.

DAZ.online-Redakteur Hinnerk Feldwisch-Drentrup

Verschärfte Kontrolle „nachvollziehbar“

Am späten Donnerstagabend wurde dann bekannt, dass Gröhe  – nicht nur die KBV – grundsätzlich strenger überwachen will. Der gleichfalls betroffene Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen bezeichnete den Schritt am Freitag als „nachvollziehbar“.

In diesen Tagen wird wohl so mancher Apothekerfunktionär erleichtert sein, dass es im ABDA-Haus – derzeit zumindest – vergleichsweise ruhig zugeht und die Apothekerverbände nicht wie der GKV-Spitzenverband oder die KBV unter der Rechtsaufsicht des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) stehen. Zwar sind sie gleichfalls Partner in der Selbstverwaltung, doch sind sie weder Körperschaft öffentlichen Rechts noch stehen sie unter der Kontrolle des BMG. Auf der einen Seite dürfen die Pharmazeuten daher nicht im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mitentscheiden. Auf der anderen Seite drohen in Krisenzeiten weder Bußgeldkatalog noch Wirtschaftsprüfer.

Doch auch wenn die Apotheker sich jetzt zurücklehnen können und dabei zuschauen können, wie das BMG die Axt kreisen lässt, haben auch sie in Sachen Selbstverwaltung in den vergangenen Jahren nicht immer den ersten Schritt hin zu einer Lösung gemacht. Schiedsgerichte, strikte Fristen, Ersatzvornahmen und eigene Gesetzes-Paragrafen sind bei Themen wie Nullretaxationen oder dem Kassenabschlag regelmäßig nötig gewesen, um bei der gegenseitigen Blockadehaltung die nötigen Veränderungen durchzusetzen.

Bleibt Stillstand weiterhin Standard? 

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt ist an Reformen der Selbstverwaltung durchaus interessiert – insbesondere wenn es um den Interessensausgleich zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern geht. Dieser sei angesichts all der Schiedsstellenlösungen praktisch unmöglich, wie er auf dem letzten Apothekertag feststellte. „Wenn diese Entwicklung sich so fortsetzt, verliert die Selbstverwaltung der Heilberufe ihren Sinn“, sagte Schmidt im Oktober. Die Gesundheitspolitiker sollten diese Entwicklungen schleunigst korrigieren, erklärte er damals.

Auch wenn diese Fragen wohl höchstens mittelfristig angegangen werden, stehen bei den Kassenärzten schon am nächsten Montag weitreichende Entscheidungen an: Entweder die Vertreterversammlung regelt den Umgang mit den überhöhten Ruhegehältern, umstrittenen Immobiliengeschäften und Vorstandsquerelen – oder Gröhe übernimmt das Ruder. 


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