LAV BRANDENBURG

Steht der Apothekerberuf an einem Scheideweg?

Berlin - 01.10.2018, 11:30 Uhr

Ist der Berufsstand für die Zukunft gerüstet? Von Rechtsprechung, Kommunikation bis Digitalisierung frischten die Mitglieder des LAV Brandenburg vergangenen Freitag auf Schloss Neuhardenberg ihre Kenntnisse auf. (m / Foto: LAV Brandenburg)

Ist der Berufsstand für die Zukunft gerüstet? Von Rechtsprechung, Kommunikation bis Digitalisierung frischten die Mitglieder des LAV Brandenburg vergangenen Freitag auf Schloss Neuhardenberg ihre Kenntnisse auf. (m / Foto: LAV Brandenburg)


Placeboeffekt: Mehr Sein als Schein

Im Vortrag des Psychologen Banson konnten die Apotheker lernen, dass der Placeboeffekt mehr als nur Einbildung ist. Der Psychologe stellte mehrere Studien vor, bei denen die erwünschten Placebo- aber auch unerwünschte Nocebowirkungen in Hirnscans sichtbar gemacht wurden. Diese neurobiologischen Auswirkungen von Scheinmedikamenten wurden unter anderem bei Schmerzen, Reizdarmsyndrom aber auch bei einer Arthroskopie-Scheinintervention gezeigt. In einer Migränestudie ließen sich Placebowirkungen sogar bei denjenigen Probanden nachweisen, die darüber informiert wurden, dass sie ein Scheinmedikament erhielten.

Banson stellte klar heraus, welchen Einfluss die Empathie der Studienärzte auf den messbaren „Erfolg“ der Scheinmedikamente hatte. Diese Erkenntnisse lassen sich problemlos auf den Apothekerberuf übertragen. Denn im positiven Falle wirkt der Placeboeffekt additiv auf den reinen pharmakologischen Effekt eines Arzneimittels. Apotheker können diesen verstärken, indem sie in der Beratung den Fokus auf den Nutzen von und mögliche Behandlungserfolge durch das Arzneimittel legen, aufmerksam und empathisch zuhören sowie offene Fragen stellen.

Die Macht der Sprache

Stellt man im Beratungsgespräch offene Fragen, kommt es auf das „Wie“ an, verdeutlichte Marie-Luise Dierks, die zu Patientenorientierung und Gesundheitsbildung forscht, in ihrem Vortrag über Gesundheitskompetenz. So klingt die Formulierung „welche Fragen haben Sie?“ einladender, tatsächlich Fragen zu stellen, als „haben Sie noch Fragen“. Empathie und eine klare einfache Sprache kann Brücken bauen und das Vertrauen stärken. Denn viele Kunden scheuen sich, ihren Arzt oder Apotheker zu fragen, wie ihre Medikamente anzuwenden sind. Dabei hilft auch der Beipackzettel nicht immer weiter, denn etwa ein Viertel der deutschen Bevölkerung kann nur langsam oder fehlerhaft lesen und schreiben.


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Die Sprache bei der Apothekenberatung sollte sich an der Gesundheitskompetenz des Kunden orientieren, findet Marie-Luise Dierks.

Der Apotheke als niedrigschwellige Anlaufstelle in Gesundheitsfragen kommt dabei eine verantwortungsvolle Aufgabe zu. Denn ein mangelndes Wissen über die eigene Erkrankung kann Medikationsfehler und dadurch eine schlechte Prognose und mehr Krankenhausaufenthalte zur Folge haben. Schätzungen zufolge entfallen auf das deutsche Gesundheitssystem etwa 9 bis 15 Millionen Euro Kosten, die auf eine unzureichende Gesundheitskompetenz zurückzuführen sind.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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