Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

08.09.2019, 07:29 Uhr

Es ist und bleibt die beste Lösung: das Rx-Versandverbot! (Foto: Andi Dalferth)

Es ist und bleibt die beste Lösung: das Rx-Versandverbot! (Foto: Andi Dalferth)


5. September 2019 

Spahn bekommt mächtig Gegenwind zu spüren. Nein, nicht von der ABDA, mein liebes Tagebuch,  sondern vom Justizministerium und von der EU-Kommission, die europarechtliche Bedenken anmelden gegen das Rx-Boni-Verbot, das aus dem Arzneimittelgesetz ins Sozialgesetzbuch verschoben werden soll. Und Gegenwind gibt’s auch aus den Ländern, die an der Durchsetzbarkeit des Boni-Verbots zweifeln. Und vor allem daran, dass mit diesem Schachzug die Gleichpreisigkeit hergestellt werden kann. Bayern hat ja bereits Widerstand angekündigt und erklärt, dass Gleichpreisigkeit nur mit dem Rx-Versandverbot zu erreichen sei. Auch Baden-Württemberg will nun Widerspruch gegen die Apothekenreform einlegen: Man befürchtet, dass dadurch u. a. eine Ungleichbehandlung zwischen Versandapotheken im Inland und solchen in anderen Mitgliedstaaten entsteht. Außerdem sieht der baden-württembergische Sozialminister Lucha eine Ungleichbehandlung zwischen GKV- und PKV-Versicherten. Lucha bewertet übrigens  auch die vorgesehene Möglichkeit, dass Versandapotheken Arzneimittel-Automaten betreiben dürfen, mehr als kritisch: Eine Art Arzneimittel-Ausgabestation wie damals in Hüffenhardt wolle man vermeiden. Baden-Württemberg hat darüber hinaus noch eine andere gute Idee, mein liebes Tagebuch: Das Land möchte weitere Honorarverbesserungen für Apotheken, nämlich ein Honorar für die Befüllung von Schmerzpumpen. Spahn sollte auf die Länderkammer hören!

 

Es geschehen noch Zeichen und Wunder, mein liebes Tagebuch. Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates hat sich mehrheitlich für ein Rx-Versandverbot ausgesprochen – und protestiert damit gegen die von Spahn geplante Apothekenreform. Das Rx-Versandverbot sei die einzige verfassungs- und europarechtlich konforme Lösung. Erstaunlich, welche Bewegung in dieses Thema nun doch noch kommt. Das Bemerkenswerte dabei ist auch, dass die Gesundheitsexperten der Ländern eine umfassende Begründung vorgelegt haben, mit der sie das Rx-Versandverbot herleiten. Und sie stellen z. B. auch fest, dass mit dem Verschieben des Rx-Boni-Verbot vom AMG ins Sozialgesetzbuch die Europarechtswidrigkeit nicht beseitigt wird. Es gibt einfach keine „anderen Mittel“ außer dem Rx-Versandverbot, mit denen man die „enorm“ bedeutsame Gleichpreisigkeit erhalten kann. Mannomann, mein liebes Tagebuch, das sind deutliche Worte. Kommt ein Gesundheitsminister an einer solchen Argumentation überhaupt noch vorbei? Leider ja. Denn zuerst müsste das Plenum des Bundesrats diesem Wunsche des Gesundheitsausschusses folgen. Und selbst wenn der Bundesrat sich einig wäre: Sein Veto könnte im Bundestag überstimmt werden. Hinzu kommt: Spahn will absolut kein Versandverbot und die ABDA hat sich de facto auch schon davon verabschiedet. Mein liebes Tagebuch, da fragt man sich doch auch: Hat sich die ABDA zu früh vom Rx-Versandverbot verabschiedet?

 

Immerhin, Spahn kommt zum Deutschen Apothekertag nach Düsseldorf. Er will auch in diesem Jahr mit uns Apothekers diskutieren. Wie schön, mein liebes Tagebuch, dass er da nicht kneift. Dann kann er selbst nochmal erklären, warum er das Rx-Versandverbot nicht mag und für aussichtslos hält – und die ABDA darf in seinen Kanon mit einstimmen. Ob’s dafür Applaus aus den Reihen der Delegierten gibt? Wir werden sehen. Ja, mein liebes Tagebuch, das war’s dann auch schon mit den politischen Runden auf dem Apothekertag. Denn außer Spahn werden keine Gesundheitspolitiker nach Düsseldorf kommen: Die gesundheitspolitischen Vertreter der  Bundestagsfraktionen haben die Einladung der ABDA abgesagt, Begründung: gut gefüllte Sitzungswoche in Berlin. Dumm gelaufen.



Peter Ditzel (diz), Apotheker
Herausgeber DAZ / AZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Klempner in weißen Kitteln ... same procedure as every year ...

von Christian Timme am 09.09.2019 um 7:37 Uhr

Nicht nur in Berlin werkeln nur noch Klempner des Standes und Politiker so vor sich hin ... und der Rest kommentiert noch nicht mal seinen Untergang auf dem kommenden DAT. Beliebigkeit wird zum Klebstoff der Zukunft erhoben um das zu erhalten was schon lange bröckelt. Die deutsche Apothekerschaft hat offenkundig die Fähigkeit verloren, überzeugende Mehrheiten mit echtem Gestaltungswillen hervorzubringen. Das ist wieder die beunruhigende Botschaft, die sich seit Jahren zeigt und auch dieses Jahr in Düsseldorf fortsetzt ... der Abgrund wartet und wartet ... und die Apothekers ???

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Botendienst erleichtern ?

von gabriela aures am 08.09.2019 um 10:18 Uhr

Da wird die ABDA aber massiv Einspruch erheben und voller Elan dagegen angehen.
Haben sich nicht kürzlich die Pharmazieräte unter dem Vorsitz von Herrn Bauer schon dagegen ausgesprochen ?

Oder Botendienst nur mit 5fach Formular ....

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Guten Morgen ,meine Lieben,

von gabriela aures am 08.09.2019 um 10:02 Uhr

an mancher Stelle bin ich nicht sicher, ob ich von einer neuen grotesken Volte beim Brexit oder doch beim RX-VV lese.
Beides seit 3 Jahren bestehende Baustellen, an denen nichts vorwärts geht, bei denen die Politik aber immer wieder mit „ich hätte da jetzt auch noch eine neue Variante“ eine Lösung weiter verzögert.

Soso, jetzt erkennen die Länder WIEDER mal, daß sie das Rx-VV möchten. Kann man ja WIEDER völlig gefahrlos fordern, da -wie oben geschrieben - diese Ländermeinung kein politisches Gewicht hat.
Bequeme Situation: die Landespolitiker können ihren Schäfchen zeigen, wie sie gekämpft haben, müssen sich aber vor der Gesamtbevölkerung und den Medien nicht als Ewigestrige, Digitalisierungsfeinde und rückständige Bremser verantworten.
„Wasch‘ mich, aber mach‘ mich nicht naß“.

Und wie der Pawlow‘sche Hund springt die Apothekerschaft wieder drauf an, wittert Morgenluft ....
Das RX-VV ist totototot und wir alle täten besser daran, nicht alles stehen und liegen zu lassen, sobald mal wieder ein/Politiker/in verkündet, daß er/sie immer noch und unverbrüchlich zum Versandverbot und zur Apotheke-vor-Ort steht.
Dieses Geschwafel (sorry) vom Heilberuf - Leute, ohne Zusatzverkäufe wären wir doch auf Hartz-IV-Niveau und die Dienstleistungen reissen uns ein weiteres TIEFES Loch in die ohnehin leere Tasche. Die Analyse von Dr. Herzog in einer der letzten DAZ sollten sich auch die Hardcore-Heilsbringer als Pflichtlektüre verordnen.

Wobei ich bei einem weiteren Punkt wäre: NEU DENKEN
Aber alleine mit dieser im eigenen Saft schmorenden Truppe in Berlin ist das nicht möglich - es braucht Fachwissen, unvoreingenommenes Anerkennen des Status Quo und ebenso unvoreingenommene Lösungsansätze.

Seit fast 3 Jahren wird rumgeeiert - seit mindestens 18 Monaten wurde fahrlässigerweise nicht ernsthaft nach Alternativen gesucht, dafür hat Spahn mit dem Zauberwort „Pharmazeutische Dienstleistungen“ geradezu hypnotisiert.


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von Anita Peter am 08.09.2019 um 8:13 Uhr

"Nun, mein liebes Tagebuch, unsere Standesführung konnte sich bei Jens Spahn nicht mit dem Rx-Versandverbot durchsetzen, da war nichts zu machen, Spahn wollte einfach nicht."

Woher hat unser Tagebuch diese exklusive Information? Spahn hat gesagt, er setzt das RXVV um, hat dann aber keine Kraft für andere Dinge wie Honorarerhöhung etc.

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