Antibiotika, Spravato, Zolgensma und Co.

Welche neuen Arzneimittel bringt 2020?

Stuttgart - 17.01.2020, 10:14 Uhr

Der vfa erwartet bis zu 30 neue Arzneimittel im Jahr 2020. Mit dabei: neue Antibiotika, Gentherapien – wie Novartis' Zolgensma bei Spinaler Muskelatrophie –, das Esketamin-Nasenspray (Spravato) bei schweren Depressionen und der Osteoporose-Antikörper Romosozumab (Evenity). (b/Illustration: liravega / stock.adobe.com)

Der vfa erwartet bis zu 30 neue Arzneimittel im Jahr 2020. Mit dabei: neue Antibiotika, Gentherapien – wie Novartis' Zolgensma bei Spinaler Muskelatrophie –, das Esketamin-Nasenspray (Spravato) bei schweren Depressionen und der Osteoporose-Antikörper Romosozumab (Evenity). (b/Illustration: liravega / stock.adobe.com)


Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) rechnet mit mindestens 30 neuen Arzneimitteln 2020. Ein Viertel der innovativen Wirkstoffe fällt Tumortherapien zu. Doch auch neue Antibiotika, Gentherapien – unter anderem Zolgensma bei Spinaler Muskelatrophie –, ein Esketamin-Nasenspray (Spravato) bei therapieresistenten Depressionen und der Osteoporose-Antikörper Romosozumab (Evenity) dürften Patienten bald neue Behandlungsmöglichkeiten eröffnen.

Manche Arzneimittel hängen noch im Zulassungsverfahren der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA, andere haben das „Go“ der Europäischen Kommission bereits erhalten und der Marktzugang wird in Kürze erwartet – so zumindest die Hoffnung. Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) rechnet mit mehr als 30 neuen Medikamenten im Jahr 2020. Darunter von manchen Patienten sicherlich sehnlich erwartete – wie Novartis‘ Gentherapeutikum Zolgensma® (Onasemnogen Aberparvovec-xioi) bei Spinaler Muskelatrophie (SMA).

Das als teuerstes Arzneimittel der Welt gehandelte Präparat (zwei Millionen US-Dollar) könnte bei erfolgreicher Therapie – eine einmalige Gabe genügt – Kinder mit der schwersten Form der SMA (infantile SMA) heilen, indem es das bei SMA defekte Gen (SMN 1), das für das Survival Motoneuron codiert, ersetzt. Unbehandelt sterben die Babys meist im ersten Lebensjahr.

Jüngst wurde heftig diskutiert, da Novartis 50 Dosen Zolgensma® im Rahmen eines Härtefallprogramms in Aussicht gestellt hatte, was den Krankenkassen jedoch nicht genug war. Derzeit wird die EU-Zulassung erwartet. Dass die Verzögerung des Marktzuganges in Europa der im letzten Jahr entlarvten Datenmanipulation bei Onasemnogen Aberparvovec geschuldet ist, hat Novartis bislang dementiert.

Eine weitere Gentherapie wird bei Beta-Thalassämie erwartet: Zynteglo® (autologe CD34+-Zellen enkodierendes βA-T87Q-Globin-Gen) ist bereits EU-zugelassen.

Spravato: Esketamin-Nasenspray bei Depressionen

Eine neue Behandlungsoption könnte sich auch für Patienten auftun, die an behandlungsresistenten schweren Depressionen leiden. Die Europäische Kommission hat im Dezember 2019 Spravato® (Esketamin-Nasenspray) in der EU zugelassen, und zwar in Kombination mit SSRI oder SNRI, wenn zuvor zwei Behandlungsmethoden nicht angesprochen hatten.

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Osteoporose-Antikörper Romosozumab

Für Frauen mit schwerer postemenopausaler Osteoporose dürfte Romosozumab in absehbarer Zeit eine Behandlungsmöglichkeit bieten. Der CHMP empfahl im Oktober 2019 die Zulassung des Sclerostin-Antikörpers in Evenitiy®. Zuvor hatten die Studiendaten von UCB Pharma die EMA nicht überzeugt, zweimal hatte der CHMP die „Positive Opinion“ verweigert. Zweifel hatte sie bei der kardiovaskulären Sicherheit von Romosozumab.

„Booster“ zur Cholesterinsenkung

Bempedoinsäure gilt als Hoffnungsträger zur Senkung erhöhter Lipidspiegel. Nicht immer gelingt es mit Statinen, die Cholesterinwerte in ihre Zielwerte zu befördern. Hochdosistherapien gehen mit Nebenwirkungen, insbesondere muskelbezogenen (Rhabdomyolyse) einher. Bempedoinsäure (Zulassung beantragt bei der EMA und FDA) hemmt die endogene Cholesterinsynthese in früheren Schritten als Statine. Zudem wirkt Bempe­doinsäure selektiv in der Leber – nicht jedoch im Skelettmuskel. Das Risiko für muskelbezogene Nebenwirkungen soll so reduziert werden.

Antibiotika in der Pipeline

Auch antibiotisch dürfte sich im aktuellen Jahr etwas tun. Kurz vor Weihnachten 2019 hat die Europäische Kommission einem neuen Fluorchinolon, Delafloxacin (Quofenix®), die Zulassung erteilt. Delafloxacin wird als intravenöse Infusion und als perorale Tablette verfügbar sein und ist als Reserve-Antibiotikum indiziert bei akuten bakteriellen Haut- und Weichteilinfektionen. Das Fluorchinolon wirkt auch bei Problemkeimen wie Klebsiella pneumoniae, MRSA und Pseudomonas aeruginosa.

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Neue Antibiotika-Hoffnung bei gramnegativen Bakterien

Zwei weitere Antibiotika haben bereits die EU-Zulassung, auch wenn der Marktzugang laut vfa noch nicht erfolgt ist: Das Tetracyclin Eravacyclin (Xerava®), das – oral oder intravenös – bei komplizierten intraabdominellen Infektionen eingesetzt wird und auch gegen multiresistente gramnegative Enterobakterien wirkt; und die Kombination Meropenem plus Vaborbactam (Vabomere®) zur Behandlung komplizierter Harnwegsinfekte, intraabdomineller Infektionen und nosokomialer Pneumonie.

Neue Tumortherapien

Ein Viertel der erwarteten Präparate zielen auf die Indikation Tumor, hier liegt der Fokus vor allem auf seltenen Krebsarten wie akute myeloische Leukämie (AML), Myelofibrose, Multiples Myelom, tenosynoviale Riesenzelltumore oder blastische plasmazytoide Neoplasien dendritischer Zellen. Daneben rechnet der vfa damit, dass nach Larotrectinib (Vitrakvi®) 2019 zum zweiten Mal ein Arzneimittel bei Krebserkrankungen eine Zulassung erhalten könnte, die histologieunabhängig ist. Das bedeutet organübergreifend für jeglichen Tumor, der eine bestimmte Genmutation aufweist. Entrectinib (Rozlytrek®) ist der vielversprechende Kandidat, der Einsatz finden könnte zur Behandlung solider Tumoren mit NTRK-Fusion (sowie bei ROS1-Fusionen bei nichtkleinzelligem Lungenkrebs). Die Zulassung ist beantragt, die „Positive Opinion“ des CHMP steht noch aus.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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