Zyto-Skandal

Trotz Berufsverbot klagt Bottroper Apotheker gegen Approbations-Entzug

Berlin - 20.10.2020, 15:15 Uhr

Der wegen Unterdosierungen tausender Krebsmittel sowie wegen Abrechnungsbetrugs rechtskräftig verurteilte Apotheker Peter Stadtmann klagt nach Information von DAZ.online dagegen, dass er seine Approbationsurkunde verliert. (m / Foto: hfd / daz.online)

Der wegen Unterdosierungen tausender Krebsmittel sowie wegen Abrechnungsbetrugs rechtskräftig verurteilte Apotheker Peter Stadtmann klagt nach Information von DAZ.online dagegen, dass er seine Approbationsurkunde verliert. (m / Foto: hfd / daz.online)


Apotheker muss Garant für eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sein

Für das Ruhen der Approbation müsse kein Schaden durch Unterdosierungen festgestellt werden, argumentierte die Bezirksregierung – dies sei der strafrechtlichen Beurteilung vorbehalten. Ob die jeweiligen Therapien keinen Erfolg versprächen, sei unerheblich. Ein Apotheker habe als Garant für eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung zu dienen, erklärte die Behörde – er habe den Rezeptierungen Folge zu leisten. Dies habe Stadtmann nicht nur ignoriert, sondern vorsätzlich missachtet: Dies sei berufsrechtlich besonders verwerflich und begründe seine Berufsunwürdigkeit. So sei die Rückgabe der Approbationsurkunde gerechtfertigt, da verhindert werden müsse, dass Stadtmann den Anschein erwecke, berechtigt zu sein, den Beruf als Apotheker auszuüben.

Stadtmann klagte gegen den Bescheid der Bezirksregierung – es fehlten konkrete Ermittlungsergebnisse, die strafrechtlich vollendete Tatbestände gegen das Leben oder die Gesundheit von Patienten belegten, behauptete er. Die Bezirksregierung verteidigte ihr Vorgehen – es sei in diesem Ausnahmefall nicht hinnehmbar, dass auch nur die geringste Möglichkeit bestünde, dass der Kläger in absehbarer Zeit erneut seinen Beruf ausübe. Es bestehe die Gefahr wiederholter Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz, da aufgrund der finanziellen Motivation seines Handelns eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine erneute missbräuchliche Tätigkeit bestehe, um unrechtmäßige finanzielle Vorteile zu erlangen – auch da Stadtmann sich eine frühere Strafanzeige gegen ihn nicht zur Warnung habe gereichen lassen, sondern sein Fehlverhalten „unbeeindruckt davon und mit gesteigerter krimineller Energie“ fortgesetzt habe. Die damalige Untersuchungshaft hätte kurzfristig aufgehoben werden können und eine erneute Berufstätigkeit zunächst unbemerkt bleiben. 

„Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit für die Ausübung des Berufs“

Nachdem das Landgericht Essen Stadtmann im Juli 2018 zu zwölf Jahren Haft verurteilt und ein lebenslanges Berufsverbot sowie eine Einziehung von 17 Millionen Euro angeordnet hatten, sahen die Richter des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen seine Klage gegen die Bezirksregierung als unbegründet an – auch wenn das Strafverfahren damals noch nicht rechtskräftig entschieden war, da Stadtmann wie auch Nebenkläger Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt hatten. „Im Streitfall liegt eine hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit des Klägers vor“, schrieben die Richter. „Aus den zahlreichen Straftaten, die der noch nicht rechtskräftigen Verurteilung des Klägers zugrunde liegen, folgen seine Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit für die Ausübung des Berufs als Apotheker.“ Die Ruhensanordnung könne auch gerade bei noch nicht abgeschlossenen Strafverfahren erfolgen. 

Schon der Betrug bei 59 monatlichen Abrechnungen stelle schwere Straftaten dar. „Eine korrekte Abrechnung pharmazeutischer Leistungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen gehört zu den selbstverständlichen Berufspflichten des Apothekers“, schreiben die Richter in ihrem Urteil. Von hohem Gewicht sei auch die Verurteilung wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz in 
14.537 Fällen – auch da die unterdosierten Zytostatika individuell verordnet und dann auch großteils verabreicht worden waren. „Ein Apotheker, der mit einer Betriebserlaubnis für die Zytostatikaherstellung, speziell von ihm zubereitete Arzneimittel, die Maßgaben der ärztlichen Verordnung massiv und wiederholt in mehreren tausend Fällen nicht einhält, verletzt seine Berufspflichten in äußerst hohem Maße.“



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Strafe zu mild

von Torben Licht am 21.10.2020 um 2:29 Uhr

Woher hat Peter Stadtmann das Geld für so unsinnige Berufungen? Aus seiner Beute von €30 Millionen? Er sollte mindestens 30 Jahre absitzen müssen ohne die Möglichkeit auf einen Straferlaß! Sehr gut recherchierter ausführlicher Artikel.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Rechtsschutzversicherung??

von Holger am 22.10.2020 um 12:43 Uhr

Der wird ja wohl versichert gewesen sein?!

Das persönliche Bedürfnis nach Rache kann ich ja verstehen. Aber wir sind unter anderem deswegen ein Rechtsstaat, weil dieses Rachebedürfnis durch ein Strafgesetzbuch und neutrale Gerichte eingehegt wird. Er ist verurteilt, er sitzt - so weit gut. Dass er persönlich alle Rechtsmittel dagegen aufzubringen versucht - geschenkt, würde jeder von uns genauso machen.
Dass er mit DER Vorgeschichte jemals auch nur einen Fuß wieder von hinten in irgendeine Apotheke setzten darf, glaubt doch wohl keiner von uns?? Wenn jemals jemand in Deutschlands des Apothekerberufs unwürdig war, dann ja wohl dieser Typ. Und das wird jedes Gericht genau so bestätigen, da habe ich keine Sorge.

Aber wenn selbst lebenslange Haft wegen Mordes nach 15 abgesessenen Jahren zur erneuten Freiheit führt, macht es keinerlei Sinn, hier mehr als das zu fordern, was die Gerichte für gerecht erachtet haben. Da müssen wir einfach unsere Justiz wertschätzen.

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