Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

01.05.2022, 07:15 Uhr

Bin schon gespannt auf die fliegenden pharmazeutischen Dienstleistungen.... (Foto: Alex Schelbert)

Bin schon gespannt auf die fliegenden pharmazeutischen Dienstleistungen.... (Foto: Alex Schelbert)


Nüchterne Zahlen vom Apotheken-Wirtschaftsbericht: 2021 war zwar ein gutes Jahr, aber nur pandemiebedingt. Die Zukunft sieht wenig rosig aus, die Apotheken werden deutliche Einbußen verkraften müssen. Außerdem droht ein Spargesetz. Die sagenumwobenen pharmazeutischen Dienstleistungen werden uns da nicht weiterhelfen, auch wenn sie bald „zum Fliegen kommen“ werden, wie unsere ABDA-Präsidentin verriet. Hoffen wir, dass sie uns dann nicht um die Ohren fliegen. Immerhin will uns die Politik die Grippeschutzimpfungen für immer ermöglichen. Dass ein paar Ärztefunktionäre dagegen poltern – so what. Auch sie werden merken, dass sich Zeiten ändern.

25. April 2022

Ja sicher,  Mehrwertsteuer auf Arzneimittel runter, das forderten wir Apothekers in früheren Jahren schon lange. Einer tibetanischen Gebetsmühle gleich wurden die Anträge dazu Jahr für Jahr auf den Apothekertagen gestellt, passiert ist, wie zu erwarten war, bisher nichts. Jetzt will das Bundesgesundheitsministerium selbst initiativ werden und die Kassen entlasten: Es fordert 7 statt 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Arzneimittel. Und da wird’s ernst und wir Apothekers haben mal nachgerechnet: Moment mal, weniger Mehrwertsteuer auf Arzneimittel bedeutet auch eine Senkung der Mehrwertsteuer beim Kassenabschlag, der brutto derzeit bei 1,77 Euro liegt. Rechnet man die Mehrwertsteuer raus, beträgt der Nettobetrag des Kassenabschlags 1,49 Euro. Bei einer Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf 7 Prozent wären es dagegen 1,65 Euro netto. Die Apotheken würden dann bei jedem Rx-Arzneimittel 16 Cent Rohertrag einbüßen, während Kassen und Patienten von der Mehrwertsteuersenkung profitieren würden. Die Apotheken wären die Gekniffenen, sie legen drauf – aber wie erklärt man das der Öffentlichkeit? DAZ-Wirtschaftsredakteur Dr. Müller-Bohn hat einen Vorschlag: Der Kassenabschlag sollte in § 130 Abs. 1 SGB V künftig als Nettobetrag festgeschrieben werden. Mein liebes Tagebuch, da können wir uns seiner Idee nur anschließen: „Das ist einfach zu formulieren und hat einen Riesen-Vorteil: Es wäre eine zukunftssichere Regelung… Mehrwertsteuereffekte des Kassenabschlags würden künftig die treffen, die vom Abschlag profitieren, die Krankenkassen und nicht die Apotheken, die ihn zahlen müssen. Das wäre fair und die Apotheken würden nicht zusätzlich belastet. Mein liebes Tagebuch, da muss der Apothekerverband ran, dringend!

 

Eine andere Baustelle für den Deutschen Apothekerverband sind die Kostenerstattungen für Komponenten und Anwendungen der Telematik-Infrastruktur (TI). Die Kassenärztliche Bundesvereinigung war da bereits erfolgreich. Sie verlangte für ihre Kassenärzte, dass die Krankenkassen mehr bezahlen für die Erstausstattung mit Konnektoren und Kartenterminals sowie für den laufenden Betrieb, es sollten marktgerechte Kostenerstattungen sein. Nachdem sich der GKV-Spitzenverband zunächst quer gestellt hat, entschied nun das Bundesschiedsamt, dass die Pauschalen für Kartenterminals, für KIM-Dienste und weitere TI-Anwendungen angehoben werden. Mehr Geld (Betriebskostenpauschalen) für die Ärzte gibt es auch fürs Notfalldatenmanagement (5,25 Euro pro Quartal), für E-Medikationsplan (7,50 Euro je Quartal) und E-Patientenakte (23,25 Euro je Quartal). Mein liebes Tagebuch, da tut sich was! Und bei uns Apothekers? Zu hören war, dass auch der Deutsche Apothekerverband Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband zu diesem Thema führt. Da auch diese Verhandlungen vermutlich zäh laufen, ist nicht ausgeschlossen, dass ebenfalls eine Schiedsstelle entscheiden muss. Mein liebes Tagebuch, wie auch immer, auch wir Apothekers brauchen hier eine marktgerechte Kostenerstattung.

 

„Das Corona-Chaos. Ein Apotheker packt aus“, so heißt der Titel des Buches, das Apotheker Dr. Simon Krivec, Inhaber der Adler Apotheke in Moers, verfasst hat. Er hat sich die Mühe gemacht, das Handeln der Bundesregierung während der Coronakrise zu durchleuchten und aufzuzeigen, welche Folgen dieses Ordnungsdilemma für die Apotheken hatte. Sein Fazit: Auch nach zwei Jahren  Pandemiegeschehen vermisst er einen roten Faden und eine bundesweit abgestimmte Pandemiestrategie. Krivec im DAZ.online-Interview: „Zielorientiertes und vorausschauendes Handeln steht zumeist immer noch hinter parteipolitischem und föderalistischem Hickhack an. Unser Land hat sich zu einem Flickenteppich an Regelungen, Maßnahmen und Gegenmaßnahmen entwickelt.“ Die Rolle und der Wert der Apotheke seien über Jahre nicht beachtet worden, ist der Apotheker überzeugt. Und er sagt auch: „Wenn jemand in der Pandemie gezeigt hat, dass seine Rolle und sein Wert in der Gesellschaft bisher völlig unterschätzt worden sind, dann ist das die deutsche Apotheke vor Ort.“ Mein liebes Tagebuch, ich bin überzeugt, dass viele Apothekers mit ihm übereinstimmen. Prädikat: Sehr lesenswert!



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche 

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

1 Kommentar

Fliegen in. Turbulenzen !

von Ulrich Ströh am 01.05.2022 um 9:25 Uhr

Die pharmazeutischen Dienstleistungen werden Mitte des Jahres zum Fliegen kommen,
aber dann in Turbulenzen geraten .

..und leider flächendeckend abstürzen, weil Mitarbeiter und Zeitkorridore für diese Zusatzaufgaben in vielen Offizinapotheken fehlen werden..

Ohne mehr Mitarbeiter in Apotheken funktioniert das schöne Zukunftsprojekt nicht.
Und diese Mitarbeiter sind aktuell nicht verfügbar.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.