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28. April 2022
Das war sie, die Wirtschaftskonferenz des Deutschen Apothekerverbands, auch in diesem Jahr online, kurz und knackig, ohne Diskussion. Die Botschaft, die Hans-Peter Hubmann (Vize-Chef des Deutschen Apothekerverbands), Claudia Korf (Geschäftsführerin Ökonomie der ABDA) und Eckart Bauer (Abteilungsleiter Wirtschaft und Soziales bei der ABDA) der Öffentlichkeit darstellen mussten, war eine mittlere Herausforderung: Wie sagt man, dass einerseits Umsatz- und Gewinn-entwicklung der Apotheken äußerst positiv waren, andererseits das positive Spektakel vor allem auf pandemiebedingten Einmaleffekten beruhte. Ja, 2021 war ein zum Teil supergutes Jahr für Apotheken, und ja, das wird sich so nicht wiederholen, die Zukunft sieht nicht so rosig aus. Hubmann räumte „die durch die Pandemie durchaus erheblichen Zusatzvergütungen“ ein, z. B. die Erstellung der Impfzertifikate, Versorgung der Praxen mit Covid-19-Impfstoffen, Durchführung von Bürgertests. „Sondereffekte sind Sondereffekte“, so Hubmann, „und keine nachhaltige Entwicklung“ – ja, leider. Aber wie bringt man das in die Köpfe der Politik? Wie schwer das ist, zeigt der Referentenentwurf eines GKV-Spargesetzes aus dem Bundesgesundheitsministerium, der den Apotheken-Kassenabschlag anheben und gleichzeitig die Mehrwertsteuer absenken will – die Apotheken wäre dadurch gleich doppelt belastet, so Hubmann. Mein liebes Tagebuch, leider erfuhr man nicht, wie sich der DAV einsetzen wird, um das drohende GKV-Spargesetz für Apotheken abzuwenden.
Auch Korf warnte davor, aus dem Apothekenwirtschaftsbericht 2021 voreilige Schlüsse für die nahe Zukunft zu ziehen. Das Spargesetz und die Auswirkungen auf die Apotheken nannte sie zu Recht eine „verkappte Kappung des Fixums“. Dabei betrage der Anteil des Apothekenhonorars an den GKV-Ausgaben für Arzneimittel nur zwei Prozent: „Wir sind nicht das Problem!“, so Korf. Und wie geht’s 2022 weiter? Eine Reihe von Einflussfaktoren auf die Apothekenbetriebswirtschaft hält Bauer für gut prognostizierbar. Am Apothekenhonorar, seit 2013 unverändert, werde sich auch im nächsten Jahr nichts ändern, der Rx-Markt werde stagnieren, ebenso der OTC-Absatz, hinzukommt die Unsicherheit, wie sich der Versandhandel entwickeln wird. Auch die Höhe der Notdienstpauschale wird bleiben, die Einkaufskonditionen werden „klar schlechter“ ausfallen, so Bauers Prognose, bei der er mögliche negative Auswirkungen durch das kommende E-Rezept noch gar nicht berücksichtigt hatte. Außerdem: Honorare aus pharmazeutischen Dienstleistungen (noch kennen wir sie nicht, mein liebes Tagebuch), werden 2022 nur eine geringe Umsatz-, Kosten und Gewinnbedeutung erlangen. Und ja, die steigenden Lohnkosten werden für die durchschnittliche Apotheke zu einer Mehrbelastung von 17.000 Euro führen. Und das ist die ernüchternde Prognose: Die durchschnittliche Apotheke wird in diesem Jahr einen Gewinnrückgang in Höhe von 70.000 Euro verkraften müssen. Mein liebes Tagebuch, das werden wohl einige Apotheken nicht aushalten. Kommt eine Welle der Schließungen? Ende 2021 gab’s noch 18.461 Betriebsstätten (Hauptapotheken und Filialen), Ende 2023 könnten es nur noch 17.870 Apotheken sein. Oder vielleicht noch weniger?
Na, mein liebes Tagebuch, die Arzneimittel-Schnelllieferdienste sind immer für Überraschungen gut. DasLiefer-Start-up Mayd mit Sitz in Berlin, das bereits mehr als 40 Mio. Euro von Investoren eingesammelt hat und in mehreren Städten aktiv ist, sucht „Apotheker (m/w/x)“. Wie bitte? Sollen sich die Apothekers aufs Rad schwingen und Arzneipäckchen ausliefern? Oder will Mayd eine eigene pharmazeutische Beratung aufbauen oder vielleicht sogar ein eigenes Arzneimittellager und Arzneimittel abgeben? Nein, sagt das Unternehmen, man wisse wohl, dass das rechtlich nicht ginge, also die Beratung und die Arzneimittelabgabe. Bei den gesuchten Apothekers ginge es lediglich darum, die Bewerbungen an die Partnerapotheken weiterzuleiten. Ach ja, und dann beschäftige man selbst Apotheker, die mit ihrem Fachwissen an der Optimierung des Mayd-Angebots mitarbeiteten. Also, laut dem Unternehmenssprecher gebe es keine Ambitionen, selbst apothekerliche Aufgaben zu übernehmen. Mein liebes Tagebuch, schaut man sich die Stellenausschreibung von Mayd an, mit der „flexible Arbeitszeiten“ angekündigt werden, dann versteht das Start-up darunter Abendschicht, Feiertagsarbeit, Montag bis Freitag, Nachtschicht, Spätschicht, Tagschicht und mögliche Wochenendarbeit. Musst du „flexibel“ sein, mein liebes Tagebuch. Aber dafür winkt das Unternehmen mit einer großzügigen Vergütung – was es darunter versteht, war nicht zu erfahren. Apotheker (m/w/x) bei Mayd, ein Traumjob?
1 Kommentar
Fliegen in. Turbulenzen !
von Ulrich Ströh am 01.05.2022 um 9:25 Uhr
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