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12. Juli 2022
Der Tenor unserer Berufsvertretung ABDA zum Entwurf eines GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes ist klar: So ein massiver Eingriff in die Honorierung der Leistungen der öffentlichen Apotheken ist … in keinster Weise nachvollziehbar und schwächt das Arzneimittelversorgungssystem“, heißt es in der offiziellen Stellungnahme aus dem Berliner Apothekerhaus. Herausgestellt wird auch: Apotheken seien in den vergangenen Jahren keinesfalls als Kostentreiber aufgefallen. Ihr Anteil an den GKV-Gesamtausgaben sei sogar in den vergangenen 20 Jahren von 3,0 auf 1,9 Prozent gesunken. Ja, mein liebes Tagebuch, und nun die eiskalte Honorarkürzung. Für eine durchschnittliche Apotheke bedeutet das Spargesetz rund 6500 Euro Einbußen. Und das in Zeiten, in denen eine Apotheke jeden, aber auch jeden Cent, den sie ausgibt, zweimal umdrehen muss: Denn zur Honorarkürzung kommen noch die Inflation, steigende Ausgaben für Energie und Digitalisierung, auch die Personalkosten werden nicht weniger, im Gegenteil. Mindestlohn und der Mangel nach gutem qualifiziertem Personal lassen die Lohnkosten steigen, wie die ABDA in der Stellungnahme schreibt, denn schließlich muss man etwas bieten, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Mein liebes Tagebuch, alles richtig, aber wie können wir uns dagegen wehren? Wie können wir die Politik davon überzeugen, dass unsere Sorgen und Bedenken nicht nur Jammern sind, sondern echt an die Substanz gehen und wirklich die flächendeckende Versorgung gefährden?
Auch die Krankenkassen, deren Finanzen das Spargesetz stabilisieren soll, lassen am Gesetzentwurf kein gutes Haar. Sie fordern gleich eine Strukturreform und wollen Pharmaindustrie und Leistungserbringer noch viel stärker zur Kasse bringen. Außerdem versprechen sie sich viel von einer Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 7 Prozent. Kann man sich vorstellen, aber, mein liebes Tagebuch, das würde die Apotheken zusätzlich mit 16 Cent pro Rx-Packung belasten. Mit dem erhöhten Kassenabschlag würden die Apotheken insgesamt 38 Cent pro Rx-Packung verlieren. Das darf nicht sein. Mein liebes Tagebuch, immerhin kommt dieser fromme Kassenwunsch bisher nicht bei der Ampel an. Und dem Herrn Lindner werden Mehrwertsteuersenkungen auch nicht gefallen
Also doch: Jetzt klagt der GKV-Spitzenverband gegen den Schiedsspruch, der uns die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen brachte. Schon kurz nachdem die Schiedsstelle ihre Entscheidung kundgetan hatte, rumorte es bei den Krankenkassen, ihnen passte der Schiedsspruch nicht. Und mit Ablauf der Klagefrist zieht nun der GKV-Spitzenverband vor das Landgericht Berlin-Brandenburg. Mein liebes Tagebuch, was genau diesem Verband nicht passt, ließ er noch nicht raus. Vermutlich sind es die Leistungsbeschreibung für das Blutdruckmessen und die Preise für alle Leistungen – das alles wurde nämlich nicht im Konsens beschlossen. Ja, und jetzt? Finger weg von den Dienstleistungen? Keineswegs, bis das Gericht entscheidet, dauert es. Und falls doch noch ein Eilantrag vom Spitzenverband gestellt wird, könnte schlimmstenfalls der Schiedsspruch ausgesetzt werden. Was man auch wissen sollte: Das Gericht kann nur sehr eingeschränkt prüfen, es trifft keine inhaltlichen Entscheidungen. Denkbar wäre dass die Schiedsstelle den Preis von Dienstleistungen anpassen müsste, evtl. auch rückwirkend. Aber auch ein Vergleich ist möglich, bei dem Apotheken nicht rückwirkend belastet werden. Also, lasst den Spitzenverband klagen, es ist sein gutes Recht… Und wir Apothekers machen unser Ding.
2 Kommentare
KV Hessen
von Dr.Diefenbach am 18.07.2022 um 10:21 Uhr
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70/42
von Ulrich Ströh am 17.07.2022 um 8:59 Uhr
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